Zwischenfall bei Ocean Race : „Rosie ist wirklich tapfer“
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Zwischen Wind und Wellen: Rosalin Kuiper an Bord der Seaexplorer-Yacht Bild: Team Malizia
Das Finale der härtesten Etappe steht an – und das Team von Segler Boris Herrmann liegt kurz vor einer wichtigen Passage vorne. Nach einem Unfall an Bord ist die Sorge um ein Mitglied der Crew jedoch groß.
Ihren Humor hat Rosalin Kuiper schnell wiedergefunden – trotz des blauen Auges, der anhaltenden Schmerzen und des Schrecks, der dem kompletten Malizia-Team auch Stunden später noch in den Knochen sitzt. „Ich sehe jetzt aus wie Pirat Rosalin“, berichtete die 26 Jahre alte Niederländerin von der Seaexplorer-Yacht, die im Rahmen der dritten Etappe der Ocean-Race-Regatta derzeit nahe der Südspitze Südamerikas in Richtung brasilianischer Ostküste segelt.
Was war passiert? Bei widrigen Bedingungen mit starkem Wind und hohen Wellen pflügte die Seaexplorer am Sonntag mit hoher Geschwindigkeit durch das Südmeer, als die Yacht plötzlich auf eine große Welle prallte und abrupt ihre Richtung änderte. Kuiper wurde im Schlaf aus ihrer Koje geschleudert und prallte mit dem Kopf auf den Boden. Nach Angaben der Crew blieb die 26 Jahre alte Niederländerin bei Bewusstsein, blutete jedoch stark aus einer Platzwunde oberhalb der rechten Augenbraue.
„Die Bedingungen sind unglaublich hart“
Während die beiden Crew-Mitglieder Will Harris und Antoine Auriol die Verletzte unverzüglich versorgten, sicherte Nicolas Lunven das Boot ab. Skipper Boris Herrmann kontaktierte über Funk den Rennarzt, besprach mit ihm die weitere Versorgung von Kuiper und hielt ihn über die sich zeigenden Symptome auf dem Laufenden. Mithilfe dieser Ferndiagnose stellte der Rennarzt bei Kuiper eine Gehirnerschütterung fest und verordnete ihr so viel Ruhe, wie auf einer über den Ozean rasenden Rennyacht fernab jeglicher Küste eben möglich ist.
„Die Schläge im Boot sind zwar ziemlich hart und hallen in meinem Kopf, aber ich denke, ich werde wieder gesund. Ich schlafe viel, und die Jungs kümmern sich sehr gut um mich“, berichtete Kuiper und ließ ein Bild von sich in einem dicken Pullover und auf eine Art Luftkissen gebettet veröffentlichen. „Rosie ist wirklich tapfer. Wir tun, was wir können, um das Boot stabil zu halten und sicherzustellen, dass es ihr gut geht. Aber die Bedingungen sind unglaublich hart“, sagte Will Harris.
Trotz des Zwischenfalls und des Ausfalls von Kuiper hat die Malizia-Crew weiterhin gute Chancen, die Etappe am anderen Ende der Welt zu gewinnen. Nach nunmehr 29 Tagen auf dem Ozean liegt das Team um den Hamburger Herrmann kurz vor der im Segelsport sagenumwobenen Kap-Hoorn-Passage an der Südspitze Südamerikas etwa 25 Seemeilen vor dem Team Holcim aus der Schweiz und mehr als 200 Seemeilen vor dem Team Biotherm und der 11th-Hour-Racing-Crew. Das deutsch-französische Guyot-Team hatte die Etappe bereits kurz nach dem Start in Kapstadt Ende Februar aufgrund größerer Probleme abbrechen müssen.
Dass die Malizia-Crew nach etwa drei Vierteln der mit 14.600 Seemeilen (ca. 23.600 Kilometer) längsten und härtesten Etappe der Ocean-Race-Geschichte in Führung liegen würde, ist eine faustdicke Überraschung. Auch die Seaexplorer hatte auf dem beschwerlichen Weg von Kapstadt an Australien und Neuseeland vorbei und quer durch das Südpolarmeer gleich mit mehreren Problemen zu kämpfen und lag zwischenzeitlich mehr als 600 Seemeilen hinter dem führenden Boot.
Doch kämpfte sich die Malizia-Crew auf ihrer mit einem sehr runden Rumpf ausgestatteten Seaexplorer in der wilden Wasserwüste zwischen Neuseeland und Chile zurück und liefert sich seitdem ein packendes Rennen mit ihren Konkurrenten. Nahe dem Point Nemo – jenem Punkt im Südpazifik, der mit mehr als 2000 Kilometern der weiteste vom Land entfernte Ort der Welt ist – lagen die vier Teams weniger als zehn Seemeilen auseinander. „Wir wollen die Etappe unbedingt gewinnen“, hatte der 41 Jahre alte Herrmann kurz vor dem Zwischenfall an Bord noch verlauten lassen. Inwieweit die Crew auf den verbleibenden 2000 Seemeilen nun noch Vollgas geben kann, ist momentan jedoch unsicher.
Nach der Kap-Hoorn-Passage schlagen die Boote ab Dienstag dann einen nördlichen Kurs ein und werden nach etwas mehr als einer weiteren Woche auf dem Atlantik rund um Ostern Itajai an der brasilianischen Ostküste erreichen. Von dort aus geht das Ocean Race am 23. April weiter nach Newport im Nordosten der USA und im Anschluss zurück nach Europa. Die Rund-um-die-Welt-Regatta endet Ende Juni nach sieben Etappen in Genua in Italien.