US-Tennistrainer Nick Bollettieri 2014 in Wien während einer Pressekonferenz des Österreichischen Tennisbunds. Bild: dpa
Trauer um Nick Bollettieri : Der berühmteste Schleifer der Tenniswelt ist tot
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Keiner hat so viele Weltklassespieler geformt wie Nick Bollettieri. Sein Drill war gefürchtet, er selbst trotzdem geliebt. Im Alter von 91 Jahren ist der berühmteste Tennistrainer der Welt gestorben.
Es gibt eine Menge Trainer, die das Zeug haben, aus vielversprechenden Tennistalenten echte Champions zu formen. Aber nur ein Einziger hat es dauerhaft geschafft, ähnlich berühmt wie seine Musterschüler und damit selbst zu einer Weltmarke zu werden. Vom „Bollettieri-Stil“ und vom „Bollettieri-Weg“ ist seit den frühen Neunzigerjahren stets die Rede, wenn es einem Tennisprofi wieder mal gelungen war, erfolgreich die harte Schule des früheren Oberleutnants der US Army zu durchlaufen und einen großen Titel zu gewinnen.
Wer eine Zeit lang in der Tennisakademie jenes Nick Bollettieri hinter sich hatte, den konnte nichts mehr so leicht erschüttern, der war gestählt für Außergewöhnliches. „Nur wer eine Niederlage mehr hasst, als er sich über einen Sieg freut, bringt es zu etwas“, gehörte zum Credo des amerikanischen Trainers, der von vielen verehrt wurde wie ein Guru – und an diesem Sonntag im Alter von 91 Jahren gestorben ist, wie die IMG Academy nun mitgeteilt hat.
Der Bollettieri-Stil, das bedeutet vor allem: gewaltiger Aufschlag, bärenstarke Vorhand, flink auf den Beinen, mental schier unerschütterlich. Der Amerikaner Jim Courier war vor drei Jahrzehnten der Erste, der mit Bollettieris Hilfe die Spitze der Weltrangliste eroberte. Es folgten Dutzende weitere Profis, die zu den Größten ihrer Zunft gehören und massenweise Grand-Slam-Titel einheimsten: Andre Agassi, Boris Becker, Serena und Venus Williams, Maria Scharapowa, Monica Seles. Auch Tommy Haas und Sabine Lisicki, zunächst von ihren Vätern gecoacht, begaben sich unter Bollettieris Fittiche.
„Danke für deine Zeit, dein Wissen, deine Hingabe, deine Expertise, deinen Willen und dein persönliches Interesse an meiner Karriere“, schrieb Haas, inzwischen 44 Jahre alt und Turnierdirektor von Indian Wells, auf Twitter über seinen Mentor: „Du warst ein Träumer und ein Macher, ein Pionier in unserem Sport, du warst einzigartig.“ Lisicki veröffentlichte eine Foto von sich und Bollettieri mit der Botschaft: „Ruhe in Frieden, lieber Nicki“.
Der Sohn italienischer Einwanderer hatte sich 1978 eine viertel Million Dollar geliehen, damit ein Motel samt nebenan liegendem Tomatenfeld in Bradenton gekauft und dort ein damals einzigartiges Internat errichtet, in der schulische und sportliche Ausbildung im Paket angeboten wurden. Wer kein Stipendium für die Bollettieri-Academy bekam, die 1987 von IMG übernommen wurde, musste bis zu 100.000 Dollar im Jahr berappen. Dafür wurde er ordentlich geschliffen. „Blut, Schweiß, Tränen“, das gehörte laut Bollettieri, selbst Frühaufsteher und fitnessverrückt, zwingend dazu. Bekommen ist der Drill nicht jedem, Agassi bezeichnete das Camp in Florida gar als „Folterkammer“. Nun trauert die Tenniswelt um ihren berühmtesten Schleifer.