Ärger im Baseball : Prietos filmreife Flucht ist für Kuba eine Blamage
- -Aktualisiert am
César Prieto (links) setzt sich in den USA mit einer filmreifen Flucht ab. Bild: AFP
César Prieto ist eines der größten Baseballtalente in Kuba. Bei einem Wettkampf in den USA setzt er sich spektakulär ab. Das Regime in Havanna ist blamiert. Und der Verband reagiert harsch.
Die Flucht war filmreif. Kaum war der Mannschaftsbus am Hotel in West Palm Beach vorgefahren, ergriff César Prieto in voller Teammontur die Chance. Der Kubaner lief hinüber und sprang in ein wartendes Auto. Nun ist die kubanische Baseball-Nationalmannschaft eines ihrer größten Talente los. Es ist nicht das erste Mal, dass kubanische Sportlerinnen und Sportler eine Veranstaltung auf US-amerikanischem Boden zur Flucht nutzen.
In der Regel stecken dahinter Berater, die ihre Klienten in der prächtig bezahlten Major League Baseball (MLB) unterbringen wollen. Bei den „Elefantes de Cienfuegos“ auf Kuba hatte sich Prieto als Infielder und Batter einen Namen gemacht. International war er durch einen starken Auftritt bei den Panamerikanischen Spielen in Lima 2019 einem Fachpublikum und den Talentscouts aufgefallen. Dass Prietos Flucht so perfekt geplant war, spricht dafür, dass es auch einen konkreten Plan für seine Zukunft gibt.
Eigentlich hatten die MLB und der kubanische Verband 2018 eine Vereinbarung geschlossen, die Spielern ab 25 Jahren oder jungen Talenten einen legalen Wechsel in die USA gegen die Zahlung einer Ablösesumme ermöglichen sollte, um gefährliche Fluchten zu unterbinden. Tatsächlich waren bis dahin kubanische Spieler bisweilen auf abenteuerliche Weise in die USA geflohen. Doch Donald Trump kassierte im Zuge einer verschärften Sanktionspolitik das Abkommen 2019 wieder.
Thema Flucht ist aktuell wie nie
Der kubanische MLB-Star Randy Arozarena berichtete einmal über seine Erfahrungen auf der Flucht: „Wenn du auf dem Meer bist, denkst du nur daran und hoffst, sicher anzukommen.“ Es gebe Menschen, die tage- oder monatelang auf dem Meer aushalten müssen. Und andere, die es nicht schaffen und ertrinken.
Für Kuba ist die Flucht Prietos eine Blamage. Das Regime in Havanna sieht in den USA den großen ideologischen Feind, den es wegen des anhaltenden US-Embargos für die Wirtschaftsprobleme auf der Karibikinsel verantwortlich macht. US-Präsident Joe Biden hat sich noch nicht endgültig positioniert, ob er den in der Amtszeit von Barack Obama eingeleiteten, von Nachfolger Donald Trump aber wieder beendeten Prozess der diplomatischen Annäherung wieder aufnehmen soll.
Das Thema Flucht aus Kuba in die USA ist wieder so aktuell wie nie. Fast täglich greift die US-Küstenwache Bootsflüchtlinge auf, fast gleichzeitig mit der Flucht Prietos berichtete die Behörde über ein gesunkenes Boot und mindestens zwei ertrunkene kubanische Bootsflüchtlinge. An der mexikanischen Nordgrenze warten zudem Tausende kubanische Flüchtlinge auf Einlass in die USA.
Eine gelungene Flucht eines so prominenten Sportlers könnte weitere Begehrlichkeiten auf der Insel wecken. Kuba erlebt wie viele andere lateinamerikanische Länder eine schwere Wirtschaftskrise, vor allem der ausbleibende Tourismus trifft das Land schwer. Zudem rumort es in der Bevölkerung, es kommt immer wieder zu kleineren Protesten.
Kubas Mannschaft ist geschwächt
Vielleicht fiel die offizielle Reaktion auch deshalb harsch aus. Seine Entscheidung gegen die Mannschaft und sein Volk habe Ablehnung innerhalb der Delegation hervorgerufen. Prieto habe sich selbst über die Mission und sein Vaterland gestellt, schrieb der kubanische Baseball-Verband.
Tatsächlich hat Prietos Entscheidung die Chancen seiner Mannschaft geschwächt. Die restlichen 26 Spieler verloren bei dem vorolympischen Turnier jeweils knapp gegen Venezuela (5:6) und Kanada (5:6), gewannen aber deutlich gegen Kolumbien (16:3). Das reichte in Gruppe B nur zu Platz 3, zu wenig für die Endrunde. In der anderen Gruppe qualifizierten sich Gastgeber USA und die Dominikanische Republik für die Endrunde.
Nur der Turniersieger darf als Amerika-Vertreter nach Tokio reisen. Kubanische Baseballfans sind ob der Flucht gespalten. Nicht wenige haben angesichts der politischen Lage im Land Verständnis für das Verhalten Prietos, hätten sich aber gewünscht, er hätte sein Land vorher noch zu den Olympischen Spielen geführt. Dann wäre immer noch Zeit für einen Sprint in ein wartendes Auto gewesen.