Im Gespräch: Tennis-Trainer Pilic : „Novak will kein Pokerface sein“
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Tennis-Trainer Niki Pilic: Ein wichtiger Förderer des Weltranlistenersten Novak Djokovic Bild: AP
Nikola Pilic hat den wegen einer Verletzung zu einer vierwöchigen Pause gezwungenen Tennis-Star Novak Djokovic schon als Kind trainiert. Nun spricht er über die unmenschlichen Leistungen des Weltranglistenersten und sein schauspielerisches Talent.
Nikola, genannt Niki Pilic hat als Trainer viele Stars hervorgebracht. Die Grand-Slam-Turniersieger Boris Becker, Michael Stich und Goran Ivanisevic gehören dazu, und auch der überragende Profi dieser Saison ging bei dem 72 Jahre alten Kroaten in die Lehre. Mit knapp 13 Jahren kam Novak Djokovic, der nach seiner Aufgabeniederlage am vegangenen Wochenende im Davis Cup eine vierwöchige Verletzungspause antreten muss, an Pilics Tennisakademie in München und blieb viereinhalb Jahre. Im vorigen Dezember gewannen die beiden den Davis Cup für Serbien. Für Pilic war es der fünfte Erfolg als Teamchef: 1988, 1989 und 1993 hatte er mit den deutschen Herren gewonnen, 2005 mit Kroatien.
Die ganze Tenniswelt staunt über die Erfolge von Novak Djokovic. Sind auch Sie überrascht, dass er bei den US Open sein drittes Grand-Slam-Turnier in dieser Saison gewonnen hat?
Nachdem Novak zu Beginn des Jahres die Australian Open gewonnen hatte, habe ich gesagt, dass er auch bei den US Open triumphieren kann. Auf den Sandplätzen von Paris oder auf Rasen in Wimbledon, wo man immer mit Nadal oder Federer rechnen muss, habe ich ihm nicht so viele Chancen eingeräumt. Aber auf Hartplätzen wie in New York ist Novak sehr stark.
Von 66 Matches in diesem Jahr hat Djokovic nur zwei verloren und dabei zehn Turniersiege gefeiert. Umgibt ihn eine Aura des Unbezwingbaren, so wie Federer oder Nadal in ihren besten Jahren?
Seit vergangenem Dezember nur zwei Matches verloren zu haben, das ist eine historische Leistung bei dieser starken Herren-Konkurrenz. Novak hat viel verbessert, seinen Aufschlag, seine Physis und die Vorhand - er ist ein kompletter Spieler geworden. Und weil er weiß, was er in diesem Jahr alles gewonnen hat, hat er das Selbstvertrauen, dass er jeden schlagen kann, wenn er gut drauf ist. Drei, vier Jahre lang hat ja Nadal alle Gegner kaputtgemacht. Aber die Art, wie Novak in New York gegen Nadal gespielt hat, war absolut dominant. Der Spanier war im Finale immer in Zeitnot, weil Novak früh in Stellung gehen konnte, um seine Schläge rechts, links zu setzen. Im vierten Satz hat Novak mit Nadal gemacht, was er wollte. Allerdings hat er vorher im Halbfinale gegen Federer mit sehr viel Glück gewonnen.
Djokovics Erfolgsserie begann nach dem Davis-Cup-Erfolg im vergangenen Dezember. Sie waren damals Teamchef der serbischen Mannschaft. Welche Bedeutung hatte der Heimtriumph in Belgrad für ihn?
Die Atmosphäre beim Finale war großartig. Jeden Tag kamen 20.000 Zuschauer in die Halle, die Unterstützung war sehr stark. Die Stimmung und der Erfolg haben Novak Flügel verliehen.
Im New Yorker Endspiel wirkte Djokovic fitter als Nadal. Hatte es auch damit zu tun, dass er Serbe seine
Gluten-Unverträglichkeit festgestellt und er daraufhin seine Ernährung umgestellt hat?
Die Ernährung ist sicher ein Grund. Als er zu Jahresbeginn bei mir in München war, hat er mir erzählt, dass er kein Brot und keine Pizza mehr essen darf. Er hat ein paar Kilogramm verloren, sich topfit gefühlt und dann diese Siegesserie begonnen. Novak hat jetzt eine sehr gute Kondition. Eigentlich kann Nadal viel mehr laufen als er, doch Novak hat ihn bei den US Open quer über den Platz gejagt. Und was besonders wichtig war: Novak hat mit seinem Aufschlag viel Schaden angerichtet, während er null Probleme mit Nadals Service hatte. Selbst wenn dessen erster Aufschlag gut kam, antwortete Djokovic mit einem Return-Winner. Das ist für einen Gegner wie ein Stich ins Auge. Novak hat unmenschlich gespielt.
Djokovic selbst behauptet, er habe seine Schläge in den vergangenen zwei Jahren nicht groß verändert. Aber spielt er nicht viel offensiver als früher?
Was Novak sagt, stimmt nicht. Ich kann das behaupten, denn ich stand jahrelang mit ihm zusammen auf dem Tennisplatz. Er hat mittlerweile einen viel schnelleren Aufschlag und eine viel schnellere Vorhand, außerdem sind seine Bälle viel länger geworden. Sehr viele Leute verstehen nicht den Unterschied, ob ein Ball einen halben Meter hinter der Aufschlaglinie aufkommt oder dreißig Zentimeter vor der Grundlinie. Aber das sind Welten! Genau deshalb hatte Nadal ja Probleme, richtig zum Ball zu stehen.