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Deutschland Hockey-Weltmeister : Einfach nicht kleinzukriegen

  • -Aktualisiert am

Zum dritten Mal: Deutschland ist Hockey-Weltmeister. Bild: dpa

Überfordert von Glück und Geschick: Die deutschen Hockey-Herren gewinnen die Weltmeisterschaft nach einem wahren Herzschlagfinale – und können es selbst kaum fassen.

          3 Min.

          Mit ihrer Expertise für Herzschlagfinals haben sie es ein weiteres und letztes Mal auf die Spitze getrieben. Die deutschen Hockeyherren können es nicht lassen, jede Runde, obwohl nicht mehr für möglich gehalten, noch etwas mehr Spannung und Dramatik hinzuzufügen. In dem Moment, als sie am Sonntag in Indien Weltmeister waren, geriet ihr Jubel nur kurz stürmisch. Sie schienen nicht nur entkräftet, sondern regelrecht überfordert zu sein von ihrem späten Geschick und Glück, dass dem Deutschen Hockey-Bund den ersten WM-Titel seit 17 Jahren bescherte.

          Mit 5:4 im Penaltyschießen setzten sich die Deutschen im Endspiel gegen die favorisierten Belgier durch. Nach wendungsreichen regulären 60 Minuten Spielzeit hatte es 3:3 gestanden. Jean-Paul Danneberg avancierte wie schon im Viertelfinale zum Matchwinner. Der Ersatztorhüter, der wieder für das finale Shootout zwischen die Pfosten rückte, konnte drei der sieben Anläufe der Belgier parieren.

          Schon in den beiden Runden zuvor war das deutsche Team nach Rückständen und scheinbar aussichtslosen Ausgangspositionen zurückgekommen und vermochte einen unwiderstehlichen Sturm und Drang zu entfachen. Der dritte WM-Titel nach 2002 und 2006 ist die Belohnung für besondere Beharrlichkeit und Widerstandsgeist, kombiniert mit einer starken Mannschaftsleistung. Einzig Angreifer Niklas Wellen ragte aus dem intakten Kollektiv ein wenig heraus.

          „Jetzt sind wir an der Spitze“

          „Unglaublich! Weltmeister mit einer sehr guten Performance. Mit einem Jean Danneberg, der überragend war. Und einem Wellen, der alle rasiert hat“, sagte Kapitän Mats Grambusch. André Henning hatte draußen auf der Bank ein weiteres Mal viele bange Momente zu überstehen. „Ich bin so unglaublich glücklich für diese wahnsinnige Mannschaft. Einige haben so lange auf diesen Erfolg gewartet und sind so oft gestürzt. Jetzt sind wir an der Spitze“, sagte der Bundestrainer. „Ich habe Riesen-Respekt dafür was für ein Weltklasse-Hockey wir spielen. Dreimal in Folge in einem K.o.-Spiel ein 0:2 in einen Sieg zu drehen zeigt diesen unbändigen Willen und die herausragende mentale Stärke.“

          Die Deutschen waren während dieses Championats in den Partien gegen Japan, Südkorea und Frankreich ihrer Favoritenrolle souverän gerecht geworden; hatten im Gruppenspiel der belgischen Siegermentalität mehr als nur Paroli geboten (2:2); hatten sich im Viertelfinale über die englischen Defensivspezialisten hinweggesetzt (via Penaltyschießen) und waren im Semifinale gegen den australischen Weltranglistenersten (4:3) in Summe das deutlich bessere Team.

          In den Köpfen der Belgier

          Davon konnte im Endspiel zunächst keine Rede sein. Die zu Beginn fahrige deutsche Elf bekam zu spüren, dass diese goldene belgische Generation weder an Erfolgshunger eingebüßt hat, noch an Stocksicherheit, Cleverness und Effizienz. In der 9. Minute landete ein abgefälschter Ball bei Florent Aubel, der diesen volley weiterverarbeite zum Führungstreffer. Nur 44 Sekunden später schlug es vor 16.000 Zuschauern in Bhubaneswar abermals im deutschen Kasten ein: Tanguy Cosyns verwertete ein präzises Zuspiel aus der Nahdistanz – es stand früh 0:2 aus Sicht der DHB-Auswahl. Würde die deutsche Elf auch im dritten K.o.-Spiel in Serie die Kraft und die Klasse für eine spektakuläre Wende aufbringen?

          Per Siebenmeter bot sich die Chance auf den Anschlusstreffer. Doch Tom Grambusch scheiterte im Duell mit seinen hervorragend parierenden Teamkollegen Vanasch beim deutschen Meister Rot-Weiß Köln. Besser machte es kurz darauf Niklas Wellen, der im Anschluss an eine Strafecke technisch stark vollendete (28.). Der Treffer wirkte auf die Deutschen wie eine Zufuhr an Zuversicht.

          Gleichzeitig schienen sich Gedanken in die Köpfe der Belgier zu schleichen, dass diese Deutschen nicht kleinzukriegen sind und sich auch von Zweitorerückständen nicht beunruhigen lassen. Im dritten Viertel übernahmen sie zunehmend die Spielkontrolle, wirkten auch physisch frischer, hielten die Belgier erfolgreich vom eigenen Schusskreis fern – und belohnten sich mit dem Ausgleichstor.

          Gonzalo Peillat, einer der Weltbesten dieses Fachs, traf per Strafecke (40.). Und es kam noch besser für die nun ungemein stabilen Deutschen, die längst Maß und Mitte ihres Spiels gefunden hatten. Mats Grambusch überlistete Vanasch mit einem Rückhandschuss aus spitzem Winkel (47.). In der Schlussphase schien der WM-Titel dank einer weiter reifen Leistung nah.

          Doch die routinierten Belgier, von denen im Schnitt jeder Spieler über 200 Länderspiele absolviert hat, konnten noch zurückschlagen. Tom Boon traf die Deutschen eine Minute und 40 Sekunden vor Schluss per Strafecke empfindlich, aber nicht entscheidend. Denn zu den mehrmals gezeigten Comeback gesellten sich ausgeprägte Nehmerqualitäten.

          Die DHB-Equipe war auch nicht davon zu stoppen, dass im finalen Shootout Marco Miltkau das leere Tor verfehlte und Mats Grambusch als fünfter Schütze die Chance zum Siegtreffer verpasste. Aber Wellen brachte mit seinem zweiten Treffer im Penaltyschießen das Team wieder in Position. Ehe die Belgier, die sich im Halbfinale im Penaltyschießen gegen die Niederlande durchgesetzt hatten, Nerven zeigten. Und Ehe Danneberg, der Mann für spezielle Momente, die Mannschaft auf den Hockey-Gipfel beförderte.

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