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Hockey-Männer im WM-Finale : „Diese Mannschaft ist einfach verrückt“

  • -Aktualisiert am

Die Leidenschaft des Siegtorschützen: Niklas Wellen Bild: EPA

Die deutschen Hockey-Herren gewinnen in einem packenden WM-Halbfinale nach 0:2-Rückstand 4:3 gegen Australien. Abermals beweist das Team mentale Stärke: der Siegtreffer gelingt in letzter Minute.

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          Niklas Wellen kann seinen sich selbst erteilten Sonderauftrag noch erfüllen: als An­führer der deutschen Drama-Könige bei den Hockey-Weltmeisterschaften in Indien. Der Stürmer hatte vorige Woche in Bhubaneswar während der Halbzeit des Gruppenspiels gegen Belgien erfahren, dass er im heimischen Krefeld Vater eines gesunden Sohnes ge­worden ist. Daraus entstand sein fester Wunsch, der bei ihm schon einer klaren Überzeugung gewichen ist, dass bei Rückkehr nach Hause ein besonderes Fo­to entsteht: Beim ersten Blick auf den Neugeborenen möchte er dem Kleinen die WM-Goldmedaille umhängen.

          Vom ersten deutschen Weltmeistertitel seit 17 Jahren sind Wellen und Co nun nur noch einen Sieg entfernt. Am Freitag setzte sich die deutsche Mannschaft in einem weiteren wahren Hockey-Krimi 4:3 gegen Australien durch. An diesem Sonntag (14.30 Uhr, live auf DAZN) geht es im Endspiel um Gold. Es wäre der dritte WM-Triumph nach 2002 und 2006 für den Deutschen Hockey-Bund (DHB).

          „Was für eine mentale Stärke“

          „Verrückt, dass wir auch dieses Spiel gedreht haben. Diese Mannschaft ist einfach verrückt“, sagte Wellen, der sich in der enorm spannenden Schlussphase zum Chefdramaturg und Spielentscheider aufgeschwungen hatte. Bundestrainer André Henning sagte, als sich der Überschwang der Gefühle nach dem späten Glück gelegt hatte: „Wenn ich nicht der Coach dieser Mannschaft wä­re, dann wäre ich ab heute der größte Fan. Es beeindruckt mich, wie stark wir Hockey spielen und was für eine mentale Stärke wir mitbringen.“

          150 Sekunden vor Schluss hatte Blake Govers die Australier per Strafecke 3:2 in Führung gebracht. 150 Sekunden blieben den Deutschen somit noch ge­gen einen physisch starken und ausgebufften Weltranglistenersten. Zwei Ta­ge zuvor im Viertelfinale war es dem deutschen Team gegen England gelungen, in den letzten zwei Minuten einen Zweitorerückstand zu egalisieren und danach im Penaltyschießen zu gewinnen.

          Mit dieser englischen Erfahrung im Rücken machten sich die über die gesamte Spielzeit gesehen deutlich besseren Deutschen auf, um noch einmal zurückzuschlagen. Es sollte ihnen dank einer enormen Willens- und Energieleistung in diesen zwei Minuten und 30 Sekunden sogar noch zweimal ge­lingen. Mit einer feinen Einzelleistung holte Wellen zunächst eine Strafecke he­raus, die der Spezialist im Team, Gonzalo Peillat, eine Minute und 42 Sekunden vor Schluss verwandelte – 3:3.

          Geschick, Übersicht und Verve

          In Überzahl durch eine Zeitstrafe gegen einen Australier setzen die Deutschen zum finalen Angriff in der regu­lären Spielzeit an. Und tatsächlich er­reichte die Hereingabe von Peillat ir­gendwie Wellen, der aus der Nahdistanz zum 4:3 verwandelte – sechs Sekunden vor Schluss. Späte Doppelschläge sind bei diesem Turnier eine deutsche Do­mäne. „Nach dem Viertelfinale dachten wir eigentlich: Spannender, aufregender und knapper geht es nicht. Aber dem haben wir jetzt noch die Krone aufgesetzt“, sagte Mittelfeldspieler Moritz Trompertz.

          Im taktisch geprägten ersten Viertel waren die effizient agierenden Australier durch einen Treffer von Hayward (11.) nach Strafecke in Führung gegangen. Anschließend kam die DHB-Auswahl in Schwung, trat phasenweise so­gar dominant auf. Bei etlichen gut he­rausgespielten Kreisszenen fehlten in­des der letzte Punch und manchmal auch das Spielglück.

          Aus einem dieser vielen gefährlichen Vorstöße der starken Deutschen resultierte dann ein Konter, den Ephraums (26.) zum 0:2- Pausenstand abschloss. Auch im dritten Spielabschnitt änderte sich lange nichts an den Verhältnissen auf dem blauen Kunstrasen. Die Deutschen rannten an, kamen mit viel Geschick, Übersicht und Verve immer wieder aussichtsreich in Tornähe, ehe sie nicht mehr recht weiter wussten.

          Entscheidend dann, dass Peillat seine bei diesem Championat noch nicht recht zum Tragen gekommenen Qualitäten als vermeintlich bester Eckenschütze der Welt endlich gewinnbringend einsetzte. Der erste Streich des eingebürgerten einstigen Argen­tiniers zum Anschlusstreffer (42.) er­folgte nach einer Serie von Fehlver­suchen.

          Beim 2:2-Ausgleichstreffer hatte er Händchen und Präzision wiedergefunden (52.), beim dritten Streich (58.) kam noch eine große Portion Nervenstärke hinzu – ehe Wellen seinen großen Auftritt hatte. „Wir“, sagte der 28 Jahre junge Vater und Matchwinner, „sind hier noch nicht fertig.“

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