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Sportler in Champagnerlaune : Trinken, nicht spritzen

  • -Aktualisiert am

Das ging ins Auge: Biniam Girmay hat sich selbst mit einem Sektkorken aus dem Giro geschossen Bild: AP

Sektfontänen nach einem Etappensieg, Bierduschen nach der Meisterschaft? Bitte nicht. So viel Überschwang ist unappetitlich und kann mächtig ins Auge gehen. So wie beim Giro d’Italia.

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          Wer einen echten Champagner ausbauen will – oder auch einen Winzersekt nach Méthode traditionelle –, sollte über ein gutes Händchen verfügen, profundes Wissen mitbringen und viel Geduld. Gesunde Trauben sind die Grundlage, zwei alkoholische Gärungen gehören dazu und neun Monate Lagerung auf der Hefe.

          Jede einzelne Flasche wird immer wieder um ein paar Grad gedreht. Eine schier endlose Zeremonie, die nötig ist, um den Schaumwein von der Hefe zu klären. Schon allein aus Respekt vor diesem edlen Handwerk gehört es sich deshalb nicht, das kostbare Getränk wahllos in der Gegend herumzuspritzen.

          Doch schon lange gehören Sektfontänen auf den Siegerpodien dieser Sportwelt dazu. Keine Radrundfahrt ohne Ehrung der Etappenbesten mit Küsschen von Hostessen und anschließendem Schaumwein-Gespritze. Desgleichen nach einem Formel-1-Rennen oder einer anderen Raserei. Alles in allem eine klebrige Angelegenheit. Da macht es letztlich auch keinen Unterschied, ob mit Sekt, Champagner, Cava, Crémant oder gar Prosecco gesudelt wird.

          Wer diese Form des Feierns als Ausdruck einer vermeintlich dekadenten Oberschicht versteht und es mit proletarischeren Getränken hält, verhält sich allerdings keinen Deut besser: Bierduschen sind ein besonders unappetitliches Ritual, das sich häufig in Fußballfeiern manifestiert, unabhängig von Rang und Namen der Sieger, ob nun die deutsche Meisterschaft gefeiert wird – oder der Aufstieg in die Kreisliga A.

          Natürlich, im Überschwang der Gefühle gehört es dazu, auch mal die Korken knallen zu lassen. Erfolgreiche Menschen sollen ihre Triumphe genießen. Sportler allemal. Nach all den Strapazen. Es steht ihnen zu, ihre Siege zu feiern, und ja, auch zu begießen. Aber eben in den Hals und nicht ins Publikum. Denn wo bleibt der Genuss, wenn das kostbare Gut so billig verschüttet wird?

          Blöd auch, wenn sich der jubelnde Etappensieger im Überschwang so dusselig anstellt, dass er anschließend nicht mehr an der Rundfahrt teilnehmen kann. So wie Radprofi Biniam Girmay, der sich nach der zehnten Etappe des Giro d’Italia den Korken ins Auge geschossen hatte. Zur elften konnte der unfreiwillige „Shootingstar“ nicht mehr antreten. Er musste sein Auge schonen.

          Wer eine Sektflasche richtig stilvoll öffnen will, nimmt dazu übrigens einen Säbel. Nicht auszudenken, was passiert, wenn dieser Kunstgriff auf die Siegerpodien der Sportwelt übergreift.

          Achim Dreis
          Sportredakteur.

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