Schwimmerin Angela Maurer : Mit allen Wassern gewaschen
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Angela Maurer in ihrem Element: Wasser in allen Varianten. Bild: dpa
Sie traf im Wettkampf schon auf kleine Haie, Krokodile und Feuerquallen. Freiwasserschwimmerin Angela Maurer schwimmt unerschrocken immer weiter. Mit 43 Jahren will sie noch mal zur WM.
Die Zehenspitzen dienen ihr als Thermometer: „Wenn ich den Fuß ins Wasser halte, kann ich bis auf ein halbes Grad abschätzen, wie kalt oder warm es ist“, sagt Angela Maurer: „Das spüre ich sofort.“ 24,25 Grad Celsius empfindet sie als ideal. Weniger als 16 Grad dürfen es laut Reglement nicht sein, mehr als 31 schon gar nicht. Alles dazwischen nimmt sie, wie es kommt.

Sportredakteur.
Wasser ist ihr Element, fast schon ihr Lebensraum. Im Laufe ihres Sportlerlebens ist die 43 Jahre alte Wiesbadenerin einmal um den Erdball geschwommen. Im übertragenen Sinne. Angela Maurer ist Freiwasserschwimmerin, eine der besten der Welt, noch immer. Sie war 2006 schon Weltmeisterin, 2009 noch einmal. Insgesamt gewann sie zwölf WM-Medaillen seit dem Jahr 2000. Bei den olympischen Spielen 2008 und 2012 belegte sie die Plätze vier und fünf. Und sie schwimmt weiterhin, auch als Mutter eines Sohnes. Gut dreitausend Kilometer krault sie pro Jahr. Für sie beginnen Wettkämpfe erst dann interessant zu werden, wenn andere längst müde sind. Fünf Kilometer, zehn Kilometer, gar 25 Kilometer sind die Distanzen, auf denen sie sich austobt.
An diesem Sonntag stürzt sich die Ausdauerathletin, die von ihrem Ehemann trainiert wird und für den SSV Undine Mainz startet, mal wieder in so einen Extremwettbewerb. Im „Lac du Causse“ wird geschwommen, einem Stausee im Südwesten Frankreichs, der als nationales Wassersportzentrum gilt. Nicht einmal, nicht zweimal, sondern zehnmal müssen Angela Maurer und ihre Konkurrentinnen jeweils zweieinhalb Kilometer lange Runden durch den See ziehen. „Gut fünfeinhalb Stunden“, so schätzt sie, wird sie beschäftigt sein. Ziel ist die Qualifikation zur Weltmeisterschaft Mitte Juli in Gwangju, Südkorea. Dort wird im „Yeosu Expo Ocean Park“ geschwommen. „Su“ bedeutet Wasser, „Yeo“ meint wunderschön. Es ist ein künstlicher See in einer künstlichen Umgebung. Angela Maurer würde ihn gerne kennenlernen.
Während eines Wettkampfs nimmt sie alle zwanzig Minuten Nahrung auf. Ansonsten versucht sie, mentale und körperliche Energie zu sparen, schwimmt im Pulk mit, hängt sich auch schon mal in den Sog anderer, jüngerer. „Bis Kilometer 15 ist es eher ruhig“, weiß sie. Bei der WM-Qualifikation wird mit einem eher kleinen Teilnehmerfeld zu rechnen sein. Das ist angenehmer, da hat jede genug Platz, kann ihren Rhythmus schwimmen. Etwa 15 Frauen sind am Start, noch mal so viele Männer, die später starten und die Frauen irgendwann einholen, überholen, auch mitziehen. Angela Maurer lässt unterwegs ihre Gedanken treiben, denkt „an alles, mein Leben, meinen Sohn, meinen Beruf.“ Erst zum Schluss geht es zur Sache, wenn um die Plätze gekämpft wird. Dann müssen die Schwimmerinnen schon mal Tritte einstecken, aber auch Ellenbogen einsetzen.
Im Lac du Causse im Département Corrèze muss sie zweitbeste Deutsche werden und in einem bestimmten Zeitlimit bleiben, dann darf sie im Sommer zum Schwimmen nach Südkorea fliegen. Maurer hofft auf kühlere Temperaturen, unter 20 Grad Wassertemperatur, dann sind Neopren-Anzüge erlaubt, unter 18 sind sie sogar vorgeschrieben. „Neopren liegt mir“, sagt sie, obwohl es sich nicht als Kaltwasserspezialistin bezeichnet, und obwohl es auch anstrengend ist für Schulter und Arme, mit dem relativ schweren Anzug zu schwimmen. „Aber besser als frieren.“