Relegation im Fed Cup : Görges macht Kerber und Deutschland glücklich
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Fünf für Deutschland: Teamchefin Barbara Rittner und die Spielerinnen präsentieren sich als glückliche Siegerinnen. Bild: dpa
Die deutschen Tennisdamen bleiben im Fed Cup in der Weltgruppe: Julia Görges tritt gegen die Ukraine als Retterin auf den Plan – und ist Angelique Kerber besonders zugeneigt.
Julia Görges war es ein Bedürfnis, ihren Triumph mit Angelique Kerber zu teilen. Kurz nachdem sie ihren ersten Matchball gegen die Ukrainerin Lesia Tsurenko verwandelt hatte, der den deutschen Tennisdamen im Fed Cup den Verbleib in der Weltgruppe sicherte, steuerte sie zur Gratulationscour auf die deutsche Bank zu. Während der Kontakt zu jedem anderen Mitglied zwar herzlich, aber relativ kurz ausfiel, nahm sie die bisherige Weltranglistenerste gleich zweimal lange in den Arm und drückte sie ganz intensiv. So lange, bis sich auch bei Angelique Kerber ein glückliches Lächeln ganz breit über das Gesicht ausdehnte.

Sportredakteur.
Julia Görges hatte das Match nicht nur für sich und Deutschland gewonnen (so hatte sie sich am Samstag etwas pathetisch nach ihrem ersten Einzelsieg über Elina Switolina ausgedrückt), sondern auch für ihre prominente Kollegin. Kerber kämpft in diesem Jahr mit sich, mit ihrer Form und dem Tennis-Leben. Seit sie nach ihren beiden Grand-Slam-Titeln 2016 die Spitzenposition im Damen-Tennis erklommen hat, hat sie ihre Leichtigkeit verloren.
Als sie am Samstag ihr erstes Einzel gegen Lesia Tsurenko überzeugend 6:1, 6:4 gewonnen hatte, schien es so, als wären nach einer Woche Teamatmosphäre und Teamarbeit die alte Lockerheit und Sicherheit zurückgekehrt. Doch am Sonntag spielte sie wie so häufig im Jahr 2017: kämpferisch, ambitioniert, aber auch mit Fehlern behaftet und mit einer negativen Ausstrahlung. „Ich habe gut gespielt, es war ein Match auf hohem Niveau, zwei, drei Bälle haben die Partie entschieden, mir fehlte auch ein bisschen das Glück“, analysierte Kerber die Auseinandersetzung.
Nicht grundsätzlich falsch, aber ein bisschen geschönt. Zwar bestätigte Switolina die Qualität des Spiels: „Im ersten Satz haben wir um jeden Ball wie zwei Hunde gestritten, ich dachte, wow, was für ein Spiel.“ Aber wäre Kerber so positiv geblieben, wie sie in der Nachbesprechung behauptete, und hätte sie ihr Niveau des ersten Satzes, den sie 4:6 verlor, gehalten, dann wäre ihr der zweite Durchgang nach 2:0-Führung nicht 2:6 entglitten.
Doch bevor ihre Niederlage größeren Schaden für das deutsche Fed-Cup-Team und Kerbers Gemütsverfassung anrichten konnte, trat Julia Görges als strahlende Retterin auf den Plan. Eine Rolle, die die 28 Jahre alte Norddeutsche, die in Regensburg lebt, in ihrer Karriere nur ganz selten ausgefüllt hat. Sie war mit einer Einzelbilanz im Fed Cup von 4:7 nach Stuttgart gereist, auf der WTA-Tour sind ihr in zwölf Profijahren nur zwei Turniersiege gelungen. Im März 2012 hatte sie als Nummer 15 ihre beste Weltranglistenposition inne, im Moment steht sie auf Platz 46. „Meine Karriere hatte gewisse Highlights und gewisse weniger große Highlights“, beschrieb Görges nach der Stuttgarter Sternstunde ihre Laufbahn. „Die Kunst ist es, daraus zu lernen.“
Der Schlüssel zu ihrer Leistung von Stuttgart: Sie habe wieder den Spaß am Sport gefunden. In beiden Sätzen gegen Tsurenko lag sie 0:3 zurück; anstatt aber am Druck zu zerbrechen, steigerte sie sich und drehte jeweils den schlechten Trend. „Ich spiele für Deutschland, das ist für mich eine große Leidenschaft. Vor 4000 Leuten anzutreten gibt mir etwas ganz Besonderes. Wenn man alles gibt, kann man hinterher immer sein Gesicht im Spiegel betrachten, egal, ob man gewinnt oder verliert.“
Ob sie so etwas Ähnliches Angelique Kerber bei den Flüstereien während der langen Umarmungen erklärte? Görges mochte es nicht verraten. „Das bleibt unter uns.“ Was Görges preisgab, war dies: „Für Angie war es heute kein einfacher Tag. Ich habe großen Respekt vor Angies Leistung und vor ihr als Person.“
Keine Wildcard für Julia Görges
Durch das 3:2 über die Ukraine (Carina Witthöft und Laura Siegemund verloren das bedeutungslos gewordene Doppel in drei Sätzen) können die deutschen Tennisdamen auch im nächsten Jahr versuchen, wieder nach dem Fed-Cup-Titel zu greifen. Teamchefin Barbara Rittner hat das Ziel noch nicht aufgegeben, vor allem, weil sie auf Angelique Kerber bauen kann, die den Wettbewerb liebt. Sie blieb nach dem Match gegen die Ukraine gleich in Stuttgart. Ihr erster Auftritt im Porsche Cup, den sie in den letzten beiden Jahren jeweils gewann, wird zwar erst am Donnerstag erwartet, aber Kerber hat einige Termine mit Sponsoren und Medien. Sie hofft, in ihrem „Wohnzimmer“ den Aufwärtstrend, den sie bei sich festgestellt hat, fortsetzen zu können.
Julia Görges ist das nicht möglich. Sie erhielt für das Hauptfeld keine Wild Card, weil die Veranstalter regelgemäß Maria Scharapowa und Johanna Konta bevorzugen mussten. Scharapowa als ehemalige Grand-Slam-Siegerin, Konta als Mitglied der Top 20. Und wegen des Fed Cups konnte sich Görges nicht über die Qualifikation ins Turnier spielen. Einen Kommentar zur ungewollten Pause wollte sie nicht abgeben, nur so viel: „Die zwei Siege am Wochenende haben dazu genug gesagt.“
Weißrussland im Finale
Dank eines Halbfinalsiegs über die Schweiz haben die Tennis-Damen aus Weißrussland zum ersten Mal das Endspiel im Fed Cup erreicht. In Minsk setzte sich die erst 18 Jahre alte Arina Sabalenka gegen Viktorija Golubic 6:3, 2:6, 6:4 durch und sicherte dem Gastgeber damit den vorentscheidenden Punkt zum 3:1. Alexandra Sasnowitsch gewann nach dem 1:1 des ersten Tags zudem gegen Timea Bacsinszky 6:2, 7:6 (7:2). Im Finale am 11. und 12. November könnte auch Spitzenspielerin Victoria Asarenka nach ihrer Babypause wieder eingreifen. (dpa)