Eishockey-Meister EHC München : Ungewohnt müde ins Finale
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Erschöpft, aber glücklich: Mads Christensen (links) und Frank Mauer vom EHC München jubeln nach dem Spielende über ihren Sieg gegen Augsburg. Bild: dpa
Serienmeister München setzt sich erst im siebten Halbfinalspiel gegen aufsässige Augsburger durch. In den Endspielen warten nun die ausgeruhten Mannheimer.
Die Eishalle am Münchner Oberwiesenfeld gehörte nach Beendigung der längsten Serie in der deutschen Play-off-Geschichte des Eishockeys am Dienstagabend mit einer Gesamtspielzeit von 504 Minuten und 46 Sekunden den Augsburger Panthern. Sie hatten verloren, doch sie feierten eine für sie bemerkenswert gute Saison, in der sie, wie ihr Hauptgesellschafter Lothar Sigl sagte, „Euphorie in Stadt und Land ausgelöst“ hatten. Sie hatten jetzt auch die Zeit dafür, sich feiern zu lassen. Trainer Mike Stewart war als Letzter auf dem Eis, noch einmal ging er auf den lauten Block mit rund tausend mitgereisten Augsburgern zu, um die Welle zu initiieren. Der Austro-Kanadier wird in wenigen Tagen wohl als neuer Trainer der Kölner Haie vermeldet werden.
Die Münchner hatten sich, als Augsburg die 0:2-Niederlage im siebten Spiel der Halbfinal-Serie der Deutschen Eishockey Liga (DEL) mit einer trotzigen Party bewältigte, bereits zurückgezogen. Die Anhänger zu den Kassenhäuschen, um Tickets für die Finalserie gegen die Adler Mannheim zu erwerben. Die Mannschaft zur Regeneration. Am Dienstagabend um 21.47 Uhr war der Finaleinzug gesichert, für Mittwoch dann bereits die Reise nach Mannheim angesetzt, und an diesem Donnerstag um 19.30 Uhr (live bei Sport 1) wird sich der EHC München als Meister der vergangenen drei Jahre einer Herausforderung stellen müssen, auf die er sich mangels Zeit kaum vorbereiten konnte. Zu sehr hatte ihn der aufsässige Außenseiter Augsburg beschäftigt.
Ungewohnt vielbeschäftigt
In die Finalserien der Jahre 2016, 2017 und 2018 ging der EHC München unter anderen Voraussetzungen. Der in zweistelliger Millionenhöhe von seinem Besitzer, dem österreichischen Getränkekonzern Red Bull, subventionierte frühere Pleiteklub hatte die Hauptrunde jeweils als Erster abgeschlossen und sich in Viertel- und Halbfinals nie verausgaben müssen. Stets befand er sich in der angenehmen Ausgangslage, auf seinen nächsten Gegner entspannt warten zu können.
Doch 2019 findet sich der EHC München in der entgegengesetzten Rolle. Gegen die Eisbären Berlin war er über sechs Spiele beschäftigt, gegen Augsburg über sieben, von denen zwei in die dritte Verlängerung gingen. Eigentlich hat der EHC München mit dem Halbfinale ein „Best of nine“ hinter sich bringen müssen. Mannheim hingegen ist mit insgesamt neun Play-off-Partien ins Finale gekommen, die Adler gewannen ihre Serien gegen Nürnberg und Köln 4:1 und 4:0. Die Trainer Pavel Gross und Mike Pellegrims hatten Zeit, einige Münchner Spiele am Ort zu beobachten. Außerdem hat Mannheim das Selbstvertrauen des deutlichen Gewinners der Hauptrunde.
Die Rollen sind anders verteilt als 2018, da hatte der EHC München die Mannheimer im Halbfinale in einer 4:1-Serie dominiert. Serienmeistertrainer Don Jackson wirkt weniger optimistisch als in den Jahren davor: „Ob wir Außenseiter sind, das ist ein Thema für alle – nur für uns nicht“, meint er. „Wir haben unsere Regeneration immer gut gemanagt“, findet der Amerikaner, der als Trainer schon acht Meistertitel in der DEL gewann. Da sein Team im Gegensatz zu den Adlern auch in der Champions Hockey League vertreten war, musste es in dieser Saison 17 Spiele mehr bestreiten als der große Konkurrent, dessen wirtschaftliche und personelle Möglichkeiten ebenbürtig sind. Für eine solche Differenz an Belastung gibt es keinen Präzedenzfall. Jackson gibt zu: „Wir wissen nicht, wie sich das auswirken wird.“
Mads Christensen, der dänische Stürmer, der seit neun Jahren mit Jackson an dessen Stationen Berlin und München zusammenarbeitet, glaubt: „Mannheim hat sicher einen Vorteil.“ Zumal der EHC München nicht auf seinen vollen Kader zurückgreifen kann: Maximilian Kastner, einer seiner besten Stürmer, brach sich im Halbfinale die Hand, wurde operiert, fällt aus. Als dritte Stammkraft nach Jason Jaffray und Verteidiger Konrad Abeltshauser. In den Jahren davor war München im Finale meist komplett.
Christensen aber ist einer, der für die Hoffnung der Münchner steht, doch noch den vierten Meistertitel nacheinander gewinnen zu können. Der Routinier hat eine monatelange Pause hinter sich, weil er an der Schulter verletzt war, er musste über die vierte Reihe zurück in die Mannschaft finden. Im siebten Halbfinale tauchte er erstmals wieder in einer der vorderen Linien auf und erzielte das 1:0 gegen Augsburg. Christensen gilt als „Mister Spiel sieben“, als Mann, dessen Willen ihn über körperliche Einschränkungen hinwegbringt. Rechtzeitig hat er zu sich selbst gefunden. Don Jackson sagt: „Ich kenne ihn. Ich sehe es in seinen Augen.“