Viertelfinale der Eishockey-WM : Finnische Deutsche gegen finnische Tschechen
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Freund klarer Struktur: Tschechiens finnischer Trainer Kari Jalonen Bild: AFP
Im K.-o.-Spiel der Eishockey-WM zwischen Deutschland und Tschechien treffen zwei alte Bekannte an der Bande aufeinander: die Trainer Söderholm und Jalonen. Die Spielweisen beider Teams ähneln sich deshalb.
Man mag es sich ja gar nicht vorstellen, so fokussiert und konzentriert Toni Söderholm stets wirkt. Aber auch er habe während seiner aktiven Zeit als Eishockey-Profi mal „den Faden verloren“. In der Saison 2008/09 war das, Söderholm war zu seinem Heimatverein IFK Helsingfors zurückgekehrt, einem der zwei großen Klubs aus Helsinki. Dort traf er auf Trainer Kari Jalonen, und das war alles andere als ein Ferienlager. Denn der ganze Verein „hatte die Spur verloren“, brauchte einen Neuanfang. Und den sollte Jalonen organisieren.
Also ging der Erfolgstrainer die Aufgabe so an, wie er es immer getan hatte, peitschte sein Team durch die Vorbereitung, setzte auf Disziplin und Struktur. „Erst wird gearbeitet, dann alles andere, das war für alle nicht einfach“, erinnert sich Söderholm. Doch es funktionierte: „Wir kamen zu einem Punkt, an dem wir verstanden haben, dass wir einem Trainer, der an zehn, elf Meisterschaften beteiligt war, zuhören müssen und nicht selber alles besser wissen.“
Zweieinhalb Jahre später war das Projekt beendet, HIFK feierte die finnische Meisterschaft. Eine Erfahrung, für die Söderholm Jalonen bis heute dankbar ist. „Da habe ich gemerkt, was man alles tun muss, um zu gewinnen. Erst dann habe ich gemerkt, warum man das alles tut.“
Ein Wiedersehen im WM-Viertelfinale
Elf Jahre später begegnen sich die beiden nun am Ort ihres gemeinsam Triumphs wieder. Am Donnerstag (15.20 Uhr/Sport 1 und Magentasport) steht bei der 85. Eishockey-Weltmeisterschaft in der alten Helsingin Jäähalli in Helsinki das Viertelfinale zwischen Deutschland und Tschechien an. Trainer der Deutschen: Toni Söderholm. Trainer der Tschechen: Kari Jalonen. Wobei der Bundestrainer das gar nicht so wichtig findet: „Letztendlich geht nicht um uns, wir wollen das auch nicht, wir wollen ein gutes Eishockeyspiel. Wenn wir gewinnen, freue ich mich nicht mehr, weil er an der Bande steht.“
Das kann ihm ruhig glauben, in erster Linie würde sich Söderholm, 44, für seine Mannschaft freuen – und natürlich für sich selbst. Denn mit den Tschechen haben sie alle noch eine Rechnung offen. „Diesmal wollen wir ins Halbfinale“, sagt Stürmer Marcel Noebels mit Blick auf das Viertelfinale vor drei Jahren in der Slowakei, als es ebenfalls gegen die Tschechen ging. Damals verloren die Deutschen mit 1:5, fühlten sich allerdings deutlich näher dran. Erst nach dem 1:3 wurden sie „übermotiviert“ (Söderholm) und wollten zu viel. Was die Tschechen eiskalt bestraften.
„Wir haben mehr Geduld“
Söderholm hat seitdem oft über dieses Spiel nachgedacht. Und glaubt, diesmal einen Schritt weiter zu sein. Nicht nur, weil sein Team die Vorrunde nach fünf Siegen aus sieben Spielen auf Platz zwei der Gruppe A abschloss, während die Tschechen in der Gruppe B nur Dritter wurden. Die Deutschen seien heute auch reifer: „Wir haben mehr Geduld.“
Eine Eigenschaft, die auch Teams von Jalonen auszeichnen. Der 62-Jährige trainierte schon in Russland, Tschechien, der Schweiz sowie die finnische Nationalmannschaft. Söderholm habe viel von Jalonens Philosophie in sich. Vor allem eins: das Team auf alle Eventualitäten vorbereiten. Wer unter Jalonen spiele, habe „ein sicheres Gefühl“. Und wenig ist im Profisport so wichtig Selbstvertrauen.
Auch taktisch würden sich die finnischen Deutschen und finnischen Tschechen nun ähneln. „Die Möglichkeit besteht schon, dass es ein bisschen wie ein Schachmatch wird“, sagt Söderholm, aber vielleicht werde es auch ganz anders, zu viel wolle er nicht verraten. Aber die Grundideen der bisherigen WM-Spiele werden auch jetzt wieder zu sehen sein: Kompaktheit vor dem Tor, bei eigenem Puckbesitz klar und strukturiert nach vorne, keine Harakiri-Aktionen, Fokus auf mannschaftliche Geschlossenheit. Mit einem oder zwei Stürmern in die gegnerische Zone zu fahren, sei aussichtslos, Söderholms System braucht alle fünf Spieler eng beieinander – in allen drei Zonen auf dem Eis.
Sorgen, dass das am Donnerstag nicht zu sehen sein wird, hat allerdings niemand. Nach der historisch starken Gruppenphase mit 16 Punkten ist die Laune blendend, vom Olympia-Kater ist nichts mehr übrig. Dennoch sagt Noebels: „Am Donnerstag fragt keiner mehr danach, wie wir in der Vorrunde gespielt haben, da zählt nur noch siegen oder verlieren. Wir können stolz drauf sein, dass wir ein gutes Turnier gespielt haben – bis jetzt. Wir sind noch lange nicht am Ende.“
Das werden sich auch die Tschechen denken, die seit zwölf Jahren auf einen WM-Titel warten. Insgesamt sind sie ja etwas zurückgefallen im Vergleich zu den anderen aus den „Großen Sechs“ des Welteishockeys. Auch was den Nachwuchs oder die Fülle an NHL-Stars angeht. Einige haben sie aber natürlich immer noch, allen voran David Pastrnak von den Boston Bruins. Aber er allein wird es nicht richten. Es wirkt, als brauchte das tschechische Eishockey ein paar neue Impulse. Den richtigen Trainer für sein Nationalteam hat es schon mal gefunden.