Ironman-Siegerin Bleymehl : „Ein komischer Tag“
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Durchgekämpft: Daniela Bleymehl darf das Zielband niederreißen. Bild: Imago
Die Darmstädter Triathletin Daniela Bleymehl muss viel leiden ehe sie glücklich das Ziel erreicht. Am „längsten Tag des Jahres“ übersteht sie einige Tiefs und Täler.
Den Zieleinlauf konnte sie immerhin genießen. Die letzten Meter über den Teppich, durch den engen Kanal, das Spalier der Zuschauer, die vielen ihr entgegengereckten Hände. Doch ihr Lächeln auf dem Zielstrich hielt nur kurz, ehe die Beine sie kaum mehr zu tragen vermochten. Sie sei wohl „kurz weg gewesen“, schilderte Daniela Bleymehl ihren Schwächemoment kurz darauf.
Am „längsten Tag des Jahres“, wie der Ironman Frankfurt gerne betitelt wird, hatte sie einige Tiefs und Täler zu überstehen. Doch am Ende stand für die Darmstädterin nach 9:02:55 Stunden der Triumph bei ihrem Heimrennen, ihr schon sechster Erfolg bei einem Triathlon-Langdistanzrennen von Format. Vom Ergebnis her war es das perfekte Heimspiel für die Mutter zweier Kinder, doch es war keiner, im Schongang, wie vorher gemutmaßt worden war. Die Konkurrent war quantitativ und qualitativ überschaubar, aber Bleymehl hatte an „einem komischen Tag“, wie sie sagte, mit gesundheitlichen Problemen und teils kuriosen Pannen zu kämpfen.
Kurz sah es bei dieser 20. Auflage des Frankfurter Rennens sogar nach einem hessischen Doppelerfolg bei Männern und Frauen aus. Der Darmstädter Paul Schuster übernahm kurz nach dem Wechsel auf die Laufstrecke am Mainufer die Führung im Männerrennen. Doch letztlich wurde der Athlet vom TuS Griesheim sogar noch knapp vom Podium verdrängt. Bei Kilometer 40 musste Schuster den Franzosen Clément Mignon ziehen lassen und mit nur 29 Sekunden Rückstand den Vortritt lassen. „Vor dem Rennen hätte ich das genommen“, sagte der 33-Jährige, der das Ergebnis durch den engen Rennverlauf dann aber als „bitter“ einsortierte.
„Die Stimmung war unglaublich“
Was ihm aber das Erlebnis dieses Renntages nach 3,8 Kilometer Schwimmen im Langener Waldsee, 185 Radfahren in Wetterau und Main-Kinzig-Kreis und einem Marathonlauf am Frankfurter Mainufer nicht vermiesen konnte. „Die Stimmung war unglaublich. Wahnsinn, wie oft ich meinen Namen gehört habe“, sagte Schuster, der knapp unter der Acht-Stunden-Marke geblieben war und für das beste hessische Ergebnis seit dem dritten Platz des einstigen Weltmeisters Patrick Lange 2018 sorgte. Seine Qualifikation für die WM auf Hawaii im Oktober hatte der Südhesse zuvor schon sicher. „Wenn ich hintenheraus etwas konstanter werde, bin ich auch dort konkurrenzfähig“, sagte Schuster.
Daniela Bleymehl bereitete es sich sichtlich Schwierigkeiten, vom Siegerpodium herunterzuklettern. Es war ein Renntag, der Spuren hinterlassen hat und sie schon früh und nachhaltig Abstand nehmen ließ von dem Vorhaben, den Frankfurter Radrekord anzugreifen und den Marathon in unter drei Stunden zu bewältigen. Es ging schon los früh am Morgen mit einem Schreckmoment als die Athletin vom DSW Darmstadt feststellte, dass sie ihre Radschuhe vergessen hatte. Als dieses Malheur durch ihren schnell nach Hause gefahrenen Ehemann behoben werden konnte, startete sie hochkonzentriert in den Wettkampf. Als ausgezeichnete Radfahrerin holte sie die bis dahin führende Landsfrau Carolin Lehrieder (sie musste kurz darauf mit Defekt aufgeben) ein und steuerte einem einsamen Rennen an der Spitze entgegen.
Ein lustiges Bild gab sie ab, als sie auf dem Rad an einer Verpflegungsstelle eine Trinkflasche zu viel mit an Bord nahm – und diese dann in den Händen beziehungsweise zwischen den Zähnen haltend bis zur Wechselzone am Mainufer transportierte. Doch schon zu diesem Zeitpunkt, seit etwa der Hälfte der Radstrecke hatte Bleymehl mit Übelkeit zu kämpfen, auf der Laufstrecke hielten sich die Beschwerden von Kilometer 15 an durchgehend, wie sie erzählte. Sie habe Zweifel gehabt, ob sie dies durchstehe – schon 2019 hatten ihr Magenprobleme das Frankfurter Rennen verdorben.
Schwache Besetzung des Frauenfeldes
Trotz allem hielt die Südhessin ihren Vorsprung vor ersten Verfolgerin, der Britin Nikki Bartlett (2:26 Minuten später im Ziel) konstant bei über vier Minuten. Erst auf den letzten Kilometern schmolz dieser etwas zusammen. Doch auch wenn an diesem Tag nicht alles glattging, war es ein großer Sieg in Bleymehls Karriere. „Sportlich will man immer mehr, aber ich bin einfach froh, es durchgebracht zu haben“, sagte sie, als sie nach dem Zieldurchlauf wieder zu Kräften gekommen war.
Dass ihre Zeit von über neun Stunden zum Sieg reichte, lag freilich auch an der schwachen Besetzung des Frauenfeldes. Auch aufgrund von kurzfristiger Absagen wegen Corona-Infektionen standen nur sechs Frauen mit Profilizenz am Strand des Langener Waldsees, nur vier erreichten das Ziel. Zahlen, die eines Rennens, das bis vor Kurzem auch bei den Frauen noch den Europameisterschafts-Status hatte, nicht würdig waren. Oliver Schiek, der Chef von Ironman Germany bezeichnete dies „als nicht dramatisch“ und glaubt, dass es im kommenden Jahr gewiss wieder anders aussehen werde. Zumal in diesem Jahr durch zwei Weltmeisterschaften viele Topkräfte gebunden waren.
Nach den aus Corona-Zeiten nachgeholten Titelkämpfen in Utah im Frühjahr folgt im Oktober das Championat auf Hawaii am angestammten Termin. Dort will Daniela Bleymehl sich noch besser als in Frankfurt präsentieren. „Auch wenn es sich heute mies angefühlt hat, war es ein weiterer Schritt nach vorne im Vergleich zu April“, sagte sie. Im Frühjahr hatte sie nach der Geburt ihres zweiten Kindes beim Ironman Südafrika ihre Comeback gegeben – und gewonnen. Mit der sicheren Hawaii-Qualifikation im Rücken ließ sie nun den Heimsieg am Main folgen. Eine besondere Leistung, bedenkt man, dass ihre Tochter Alicia erst in zwei Wochen ein Jahr alt wird und sie seitdem noch keine Nacht durchgeschlafen hat. Eine Ruhephase soll nun aber folgen. „Jetzt“, sagte Bleymehl, „ist erstmal Pause angesagt.“