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Handball-Hatz nach WM : Sechs Nächte mit Schlaf müssen genügen

  • -Aktualisiert am

Kieler in der Klemme: Eric Johannson zwischen Marko Bezjak und Magnus Saugstrup. Bild: Witters

Unmittelbar nach der Handball-WM geht es für die Profis weiter. Die möglichst häufige Sichtbarkeit ist das Ziel der Vereine, Verbände, Vermarkter und Fernsehsender. Doch das hat einen Preis.

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          Handballhunger in Hamburg, 12.500 Fans in der Arena – diese Begeisterung hatte aber weniger mit der eben beendeten Weltmeisterschaft zu tun, sondern mit einer belegten Kieler Halle: Der THW zog für sein Viertelfinale im DHB-Pokal südwärts um, und da der Gegner SC Magdeburg hieß, strömten die Fans in den Volkspark. Sechs der Kieler Startsieben waren am WM-Finalwochenende in Stockholm am vergangenen Sonntag im Einsatz.

          Nur zwei Magdeburger. Ihren Besten, den Isländer Omar Ingi Magnusson, werden sie beim deutschen Meister nach seiner Fersen-OP am Donnerstag länger vermissen. Und auch Magnus Saugstrup verletzte sich am Sonntag beim dramatischen 35:34 nach Verlängerung offenbar schwer – da fiel den Magdeburgern der Jubel über den Einzug ins Halbfinale schwer. Die Belastungsdiskussion dürfte neue Nahrung bekommen.

          Flensburg müht sich

          Welch hohen Preis es für die Vereine hat, wenn beinahe alle Profis Nationalspieler sind, erlebt die SG Flensburg-Handewitt. Zuerst meldete sich ihr Rückraumspieler Lasse Møller während der WM von der dänischen Auswahl ab – bei ihm wurde ein beginnender Ermüdungsbruch im linken Wadenbein entdeckt. Wenig später brach sich Jim Gottfridsson die Hand und fehlte nicht nur den Schweden in den entscheidenden WM-Spielen, sondern nun auch wochenlang der SG.

          Ohne ihn wurde es ein holpriger Start in die zweite Hälfte der Saison 2022/23: Am Samstagabend mühte sich Flensburg zu einem 29:28 nach Verlängerung gegen die HSG Wetzlar. Das Achtelfinalspiel im DHB-Pokal wurde auch deshalb zu einer zähen Angelegenheit, weil sich anfangs auch noch der dänische Weltmeister Mads Mensah verletzte. Er war in der Spiellenkung für Gottfridsson vorgesehen. Nun steht Flensburg ohne drei Stammspieler da.

          Eine missliche Lage in einer Phase, wo es bis zur Länderspielpause Mitte März im Rhythmus englischer Wochen weitergeht. Immerhin konnte sich die SG darüber freuen, zum ersten Mal unter Trainer Maik Machulla (seit 2018) zur Pokalendrunde reisen zu dürfen. Überhaupt war es ein großes Thema, wie kurz die Pause nach dem Großereignis in Polen und Schweden war. Sechs Nächte seit dem Endspiel von Stockholm am 29. Januar waren nur vergangen, als Flensburg ran musste, Gleiches galt für die Nationalspieler des VfL Gummersbach wie Julian Köster und Juri Knorr von den Rhein-Neckar Löwen.

          Während der VfL gegen Lemgo verlor, siegten die Löwen in Hannover. Köster und Knorr, die jungen Hauptdarsteller der Weltmeisterschaft, wirkten geistig und körperlich müde, traten wenig überzeugend auf. Dauerspieler Knorr hatte noch in Schweden den Wunsch nach einer längeren Pause geäußert: „Aber die gibt es in unserem Sport leider nicht.“

          Pragmatische Haltung

          Wie gnadenlos das Geschäft ist, ließ sich am Terminplan des THW Kiel ablesen. Schon am Mittwoch lud Trainer Filip Jicha seine „Zebras“ zum Aufgalopp nach Sieverstedt im Kreis Schleswig-Flensburg. Im Test beim Oberligavertreter waren alle an Bord – auch die beiden dänischen Weltmeister Niklas und Magnus Landin. Schärfer könnte der Kontrast vom Höhepunkt zum Alltag kaum sein.

          Wobei der dänische Torwart Kevin Møller eine pragmatische Haltung zum Handball-Dauerstress an den Tag legte: „Wir alle haben nur zehn, fünfzehn Jahre, um auf allerhöchstem Niveau zu spielen. Gerade wir Dänen kennen es nicht anders, dass nach dem Finale die große Feier kommt, wir uns kurz ausruhen und dann zurückgehen zu unseren Vereinen. Die bezahlen uns. So ist das nun einmal.“ Der Keeper der SG mag das etwas entspannter als hochbelastete Feldspieler betrachten. Aber im Kern hat er recht. Zumal die Sommerferien in diesem Jahr ohne Olympische Spiele für alle sechs Wochen lang sein werden.

          Der Spielplan des THW Kiel ist eng getaktet: Hendrik Pekeler beim Spiel gegen Magdeburg im DHB-Pokal
          Der Spielplan des THW Kiel ist eng getaktet: Hendrik Pekeler beim Spiel gegen Magdeburg im DHB-Pokal : Bild: dpa

          Die möglichst häufige Sichtbarkeit der Handballprofis im Laufe einer Saison ist Ziel der Vereine, Verbände, Vermarkter und Fernsehsender. Überall sind höhere Summen im Umlauf. Davon profitieren die Akteure. Gehälter von bis zu 40.000 Euro brutto im Monat sind bei namhaften Auswahlspielern keine Seltenheit. „Dafür müssen wir dann alle drei Tage ran“, sagt Johannes Golla, Kapitän der DHB-Auswahl, „das Publikum guckt ja auch zu.“

          Wechsel nach Köln

          Immer größer, attraktiver, bunter sollen die Veranstaltungen werden. Deswegen hatte sich die Handball-Bundesliga (HBL) vor einem Jahr entschieden, Hamburg nach 29 Jahren den Rücken zu kehren. Seit 1994 wurde der Pokalsieger in der Hansestadt gekürt. Nun folgt der Wechsel nach Köln, wo 4000 Fans mehr zuschauen können. Am 15. und 16. April wird es so weit sein. „Wir wollen dort das beste Handball-Event der Welt kreieren“, sagt Frank Bohmann, der Geschäftsführer der HBL, „wir können in Köln einen anderen Schritt der Inszenierung gehen.“

          Die Hamburger Arena wirkte auf die HBL-Manager veraltet, und von der Stadt kam man ihnen finanziell weniger entgegen als in Köln. Bohmann sagt: „In Hamburg haben wir gemerkt, dass der Arena lange die Hometeams gefehlt haben und die Stadt in andere sportliche Maßnahmen investiert hat.“

          Erste Anzeichen für ein moderneres „final four“ sind die späteren Anwurfzeiten (Halbfinals am Nachmittag und frühen Abend, das Finale um 15.40 Uhr) und die Tatsache, dass es auf jeden Fall ein Spiel um Platz drei geben wird – der Dritte spart sich im Pokalwettbewerb 2023/24 die erste Runde. So kommen alle Teams und ihre Fans auf zwei Spiele in Köln. Doch ob dort die prickelnde Stimmung wie all die Jahre in Hamburg herrschen wird?

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