Deutsche Radprofis : Frisches Blut!
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Im Temporausch: Die deutschen Radprofis, wie Sprinter André Greipel (l.) sind wieder eine Macht. Bild: Reuters
Der deutsche Radsport träumt wieder von großen Tagen: Nächstes Jahr startet die Tour de France in Düsseldorf, schon jetzt ist der Boom kaum zu übersehen. Doch schon vor dem Start des Klassikers Paris–Roubaix gibt es einen Rückschlag.
Nicht einfach, an einem Mann wie Marcel Kittel vorbeizukommen. Es ist ein Kreuz mit ihm, sagen die Konkurrenten, Mark Cavendish zum Beispiel, dieser Tage von Kittel beim Scheldeprijs in Belgien geschlagen. Der vierte Sieg schon des deutschen Radprofis bei diesem Rennen, das als Weltmeisterschaft der Sprinter gilt. Rekord beim Scheldeprijs. Und mit britischem Humor erläuterte Cavendish, was den Unterschied ausgemacht habe zwischen ihm und Kittel: „18 Zentimeter und 20 Kilogramm.“

Sportredakteur.
Eine Anspielung auf die Statur des Thüringers. Und letztlich auch auf die neue Größe des deutschen Radsports, der mächtig aufs Tempo drückt. So sehr, dass manchem Betrachter vielleicht fast schwindlig wird. Kittel, der nach einem verkorksten Jahr bei seinem neuen belgischen Arbeitgeber, dem Team Etixx-Quick-Step, wieder aufblüht, ist ein Symbol des Aufschwungs, der vor einiger Zeit schon seinen Anfang genommen hat und inzwischen frische Facetten erhielt.
Deutlich an Reputation gewonnen
Die Branche werkelt kräftig an einem neuen Image, sie wähnt sich wieder stark genug für große, gewagte Unternehmungen. Für den teuren Besuch der Tour de France, für die Deutschland-Tour, für manches also, das es schon einmal gegeben hatte, bis die Doping-Stürme auch die deutsche Zunft zu Boden schleuderten. Doch die Zeit der großen Depression soll nun endgültig vorbei sein, der deutsche Radsport glaubt, wieder deutlich an Reputation gewonnen zu haben, nicht zuletzt durch Rennfahrer wie Kittel oder Tony Martin oder John Degenkolb, die zum einen sehr erfolgreich sind und dazu versichern, eine neue, eine saubere Generation von Profis darzustellen. Und der reinen Lehre des Radsports zu folgen. „Die Zeit heilt Wunden“, sagt Ralph Denk, der Eigner des Teams Bora, das ebenfalls mit Verve an seiner Zukunft bastelt. „Das Vertrauen kommt Stück für Stück zurück. Wir sind auf einem guten Weg.“
Obwohl der Radsport weiterhin ein riskantes Metier ist, obwohl er nun auch von der Doping-Affäre um den Londoner Gynäkologen Mark Bonar betroffen zu sein scheint, streben die Deutschen mit Macht nach einer Art Blutauffrischung. Mit einer Menge an Aktivitäten, die einen enormen finanziellen Einsatz erfordern. Szenekenner vermuten, dass derzeit mindestens 30 Millionen Euro in den deutschen Radsport fließen sollen. So muss auch Düsseldorf, das 2017 den Start der Tour ausrichtet, gehörig investieren. Der Preis für das Spektakel wird mit mehr als zehn Millionen Euro veranschlagt. Der Tour-Veranstalter, die Amaury Sport Organisation (Aso), erhält dem Vernehmen nach fünf Millionen Euro; eine erste Tranche von 1,7 Millionen Euro ist bereits überwiesen worden.