Baskets Bamberg : Mr. Rooneys Fundgrube
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Wer nicht das Große Geld hat, muss sich strecken - und die Übersehenen und Unterbewerteten finden Bild: dpa
Die Baskets Bamberg leisten sich als einziger Klub einen hauptberuflichen Scout. Sein Beitrag zum Gewinn von Meisterschaft und Pokal in den vergangenen beiden Spielzeiten hat seinem Wort viel Gewicht verliehen.
Was in der NBA jeder Klub von einer ganzen Abteilung erledigen lässt, gönnt sich in der Basketball-Bundesliga der deutsche Meister exklusiv. Die Baskets Bamberg beschäftigen als einziger Verein einen hauptberuflichen Scout für die Beobachtung und die Verpflichtung von Spielern.
Sein Klub könne sich keine Fehleinkäufe leisten, sagt Manager Wolfgang Heyder; deshalb beschäftige er Brendan Rooney. „Er hat große Arbeit geleistet“, lobt Trainer Chris Fleming. Rooney holte Aufbauspieler Brian Roberts aus Israel nach Franken, er entdeckte in der zweiten Liga Italiens die Center-Sensation Kyle Hines, inzwischen weiter gezogen zu Olympiakos Piräus.
Rooneys Beitrag zum Gewinn von Meisterschaft und Pokal in den vergangenen beiden Spielzeiten haben seinem Wort so viel Gewicht verliehen, dass er den Bambergern für diese Spielzeit Marcus Slaughter empfehlen konnte - einen Spieler, der nicht nur über außergewöhnliches athletisches Talent verfügt, sondern auch über eine Geschichte von Rauswürfen und Schlagzeilen, die von Damenbesuch im Hotelzimmer bis zu Currywurst mit Fritten unmittelbar vor einem wichtigen Spiel handeln. „Brendan kennt ihn persönlich“, sagt Trainer Fleming. Das reicht als Empfehlung.
Manch guter Fang ist schnell wieder weg
Rooney kennt Slaughter, seit er ihn für San Diego State am College hat spielen sehen und seit Slaughters Versuch scheiterte, vorzeitig in die NBA zu wechseln. Normalerweise erfahren Spieler nicht, dass Bamberg sich für sie interessiert. Zurzeit beobachtet Rooney dreißig, vierzig potentielle Kandidaten.
Das bedeutet: Rund 110 hat er bereits von der Liste gestrichen, mit der er in die Saison ging. Das mag auf Erkenntnissen aus den gut zwanzig Spielaufzeichnungen gründen, die er sich in jeder Woche anguckt, an Beobachtungen, die er auf seinen Reisen kreuz und quer durch Europa und vermehrt zu Spielen des deutschen Nachwuchses macht, oder das kann an Einblicken liegen, die er in Gesprächen mit ehemaligen Mannschaftskameraden und Betreuern erhält.
Am Ende der Saison jedenfalls kann Rooney für jede Position im Team mindestens einen Personalvorschlag machen. Slaughter hatte er so oft gesehen, dass die beiden sich anfreundeten. Von Rooney entdeckt und von Bamberg verpflichtet zu werden soll sich auch für die Spieler auszahlen. Mit dem Erfolg Bambergs und der Bühne EuroLeague können sie das Interesse der internationalen Konkurrenz wecken. Für Angebote aus Griechenland und Russland, aus Spanien und Italien reißen sich Spieler wie Slaughter und PJ Tucker in der Bundesliga ein Bein aus.
Bamberg erhält so hochmotivierte Spieler, muss aber oft genug realisieren, dass sich bei einem Etat von gut sieben Millionen Euro mancher gute Fang nicht lange halten lässt. „Einige unserer Konkurrenten in der EuroLeague haben ein zehnmal so großes Budget“, sagt Rooney. „An manche Spieler brauchen wir deshalb gar nicht erst zu denken.“ Sein Job ist es, jene zu entdecken, die unterbewertet sind und übersehen werden.
Siegeswille, Einsatzbereitschaft, Konkurrenzfähigkeit
Wenn es gut läuft für Slaughter und die Bamberger, wird Rooney für die kommende Spielzeit zwei Center finden müssen. Denn gewiss scheint, dass Tibor Pleiß derzeit seine Abschiedstournee in der Bundesliga gibt. Der 2,15 Meter lange Zweiundzwanzigjährige spielt so stabil wie noch nie.
An diesem Samstag (20.05 Uhr) trifft er als längster Mann des Tabellenführers im Spitzenspiel auf die gegenwärtige Nummer zwei der Liga, Ulm. „Mein Gefühl ist, dass Oklahoma City Tibor holen wird“, sagt Fleming; schließlich hat der NBA-Klub das Recht erworben, ihn zu verpflichten. „Wenn es nicht Oklahoma ist, wird es eine große Adresse in Europa sein.“
Siegeswille, Einsatzbereitschaft, Konkurrenzfähigkeit - das ist die Identität der Mannschaft, wie Fleming sie vorgibt. Damit wird der Charakter mindestens so wichtig bewertet wie Kennziffern aus Treffern, Rebounds und Pässen. Eine ungeheure Datensammlung ist in Rooneys Kopf entstanden, seit er als Teenager nächtelang Basketball schaute, seit er rund um seine Heimat St. Louis und seinen Studienort Kansas jedes Team unter die Lupe nahm. Bis allerdings Fleming den jungen Enthusiasten auf eine seiner vielen E-Mails hin anrief, verging einige Zeit.
Auf Anhieb einen Titel
„Ich wollte eine Rolle spielen im Basketball“, erinnert sich Rooney. Er rief Scouts und Manager an, bot seine Dienste an, und schließlich verpflichteten ihn die St. Louis Hawks, damit er ihre Trainer unterstütze. „Ich war drin“, erinnert sich Rooney an seinen ersten Job vor zehn Jahren. Im Jahr darauf baute er, mit gerade 22 Jahren, ein Team in New Rochelle bei New York auf, gewann auf Anhieb einen Titel. Rooney quittierte den Job und scoutete einige Zeit für die NBA.
Im Frühjahr 2007 flog er nach Europa und stellte sich einer Reihe von Teams vor. Mit einem Newsletter, den er fast jedem Klub in Europa schickte, machte er seine Qualifikation deutlich. Hapoel Galil Gilboa in Israel und Bremerhaven beschäftigten ihn freiberuflich. Als Fleming im Sommer 2008 nach Bamberg wechselte, versicherte er sich der Dienste Rooneys. Im Jahr darauf verpflichtete der Verein den Scout hauptberuflich.
Warum ist er, statt seinen Beruf für die Europäer neu zu erfinden, mit seinen Kenntnissen nicht Spielerberater geworden? Rooney zögert nicht eine Sekunde. „Agenten geht es nur ums Geld“, sagt er. „Ich will Spiele gewinnen.“