Badminton-Europameister Lamsfuß : Gelitten, genesen, gewonnen
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„Ich habe daran geglaubt“: Mark Lamsfuß (links) und Isabel Lohau nach ihrem Sieg Bild: EPA
An dem Tag, der sein größter Triumph hätte werden können, hielt das Coronavirus Mark Lamsfuß zurück. Nun holt er zwei Titel bei der Badminton-Europameisterschaft.
Dieser Tage hat Badmintonspieler Mark Lamsfuß manches Mal ein Jahr zurückgeblickt. Vor zwölf Monaten saß der 28-Jährige in Kiew einsam und allein in einem Hotelzimmer. Eigentlich sollte der Tag seinen bisher größten Triumph als Badmintonspieler markieren. Doch das Coronavirus hielt ihn davon ab, bei den Europameisterschaften im Herrendoppel das Endspiel zu bestreiten.
Zusammen mit Doppelpartner Marvin Seidel hatte Lamsfuß erstmals das Finale der kontinentalen Meisterschaften erreicht. Und sie waren Favoriten, hatten im Halbfinale die an Position eins gesetzte dänische Paarung ausgeschaltet. „Es fühlte sich an wie gestohlener Titel“, sagt Lamsfuß, der nun am Wochenende bei der Europameisterschaft in Madrid als erster deutscher Spieler sowohl im Doppel als auch im Mixed den Titel gewinnen konnte.
„Ich habe daran geglaubt, aber es fühlt sich trotzdem für mich immer noch unglaubwürdig an“, sagte Lamsfuß einen Tag nach seinem Triumph. Zuletzt war es vor zehn Jahren Einzelspieler Marc Zwiebler gelungen, einen EM-Titel nach Deutschland zu holen. Dass ein Spieler in zwei Disziplinen gewinnt, ist nur zwei dänischen und zwei englischen Spielern in der mehr als 50-jährigen Geschichte des Turniers jemals gelungen. „Es hat alles zusammengepasst“, meint Chefbundestrainer Detlef Poste. Um solch einen Erfolg zu erreichen, gehöre auch eine Portion Glück dazu.
Lamsfuß hatte zusammen mit Isabel Lohau zumindest Nervenstärke bewiesen. Als das Spiel gegen die Franzosen Thom Gicquel und Delphine Delrue schon fast verloren war, platzierte Lamsfuß bei 19:19 im zweiten Satz einen Aufschlag haarscharf übers Netz auf die Aufschlaglinie. „Meine Netzrolleraufschläge kommen sehr sicher, da habe ich noch dran gearbeitet“, sagt der Badmintonprofi. Auch der Bundestrainer bestätigt: „Er hat auch noch mental an sich gearbeitet.“ Die Deutschen drehten das Finale und gewannen 16:21, 22:20, 21:16.
Der Titel als Zwischenstation
Noch mehr als im Mixed war sich Mark Lamsfuß sicher, das Herrendoppel zusammen mit Seidel gewinnen zu können. Zuletzt konnte 1974 eine deutsche Paarung gewinnen. „Wir sehen den Titel als Zwischenstation“, sagt Lamsfuß. Das große Ziel sei eine Medaille bei den Olympische Spielen und auch den Weltmeisterschaften. In Madrid besiegten sie die Schotten Alexander Dunn und Adam Hall mit 21:17, 21:16.
„Wir haben immer gesagt, wir wollen die Weltspitze erreichen, aber wir stressen uns nicht“, sagt er. Inzwischen sind sie Nummer 17 der Weltrangliste. Lamsfuß und Seidel spielen seit Jahren zusammen, konnten kurioserweise aber noch keinen gemeinsamen Titel bei den Deutschen Meisterschaften holen. Verletzungen machten dies mehrfach zunichte. Vor anderthalb Wochen holten sie zumindest gemeinsam in der Bundesliga erstmals den Mannschaftstitel mit dem 1. BC Wipperfeld. Ein kleiner Ort bei Köln. Motor dort ist die Familie Lamsfuß.
Für Bundestrainer Poste ist der Erfolg auch auf eine Umstrukturierung in der Vergangenheit zurückzuführen. Auch im Damendoppel konnte die Paarung Isabel Lohau und Linda Efler das EM-Finale in Madrid erreichen. Seit 2017 trainieren die aussichtsreichen deutschen Doppelspieler in Saarbrücken, während die Einzel am Olympiastützpunkt in Mülheim sind. Davor war an den beiden Orten nach Männern und Frauen getrennt worden. „Von der Umstrukturierung hat insbesondere das Mixed profitiert“, sagt Poste. Man wolle sich in Zukunft noch mehr auf die Doppeldisziplinen konzentrieren. Derzeit gibt es elf Bundeskaderathleten im Einzel und 17 im Doppel.
„Wir sind heiß auf mehr“, sagt Lamsfuß. Und im Badminton ist der Terminkalender mit hochrangigen Veranstaltungen voll. Schon in dieser Woche geht es für die deutschen Spieler zu den Mannschaftsweltmeisterschaften nach Bangkok. Wenig später stehen World-Tour-Turniere in Thailand, Indonesien, Malaysia und Singapur an. Teilweise mit einem Preisgeld von 1,2 Millionen US-Dollar (rund 1,14 Millionen Euro). Und im August geht es zur Individual-WM. „Wir haben jetzt den richtigen Schub“, sagt Lamsfuß.