Handball-WM : „Das Sieger-Gen steckt in diesem Team“
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Es war hundertprozentig richtig, dass wir uns damals für Sigurdsson, für den besten Trainer entschieden hatten, den wir bekommen konnten. Dafür hatte es Kritik gegeben, die aber mittlerweile umgeschlagen ist. Jetzt sind wir in einem Stadium, wo wir ein starkes und erfolgreiches Team haben und einen Trainer brauchen, den wir auf unser Ziel Olympiasieg 2020 tatsächlich einschwören können. Da ist es möglicherweise besser, diesen patriotisch-emotionalen Aspekt draufzupacken.
Sollte es auf Prokop hinauslaufen, müssten Sie allerdings an seinen Leipziger Bundesligaklub eine Ablösesumme zahlen.
Wir sind noch in Verhandlungen, haben aber in dieser Angelegenheit eine Schmerzgrenze. Man kann den Bogen auch überspannen.
Hätten es Prokop oder Baur sehr schwer, weil sie in die Fußstapfen Sigurdssons treten müssten - oder eher sogar leicht, weil der Isländer eine funktionierende Einheit hinterlässt?
Es ist beides. Beide sind sehr gute Kandidaten, sonst würden wir uns nicht mit ihnen beschäftigen. Wir trauen beiden zu, Olympia-Gold im Jahr 2020 zu holen. Beide können auf ein gewachsenes Selbstvertrauen bei den Spielern aufbauen. Das Sieger-Gen, das Sigurdsson übertragen hat, steckt jetzt in diesem Team. Er nimmt es ja nicht mit nach Japan.
Für hitzige Debatten sorgt weiterhin, dass die Spiele des deutschen Teams in Frankreich in Deutschland nicht im frei empfangbaren Fernsehen zu sehen sind. Droht ein solches Szenario auch bei der Frauen-WM in diesem Jahr in Deutschland?
Insgesamt gibt es zwei Richtungen. Das eine ist die Vergabe der Fernsehrechte, die von der IHF, vom Handball-Weltverband, vorgenommen wird. Mein Eindruck ist, dass die IHF das Verfahren in der Absicht durchgeführt hat, das bestmögliche Ergebnis zu erzielen, finanziell für sich selbst, um das Geld dann wiederum in bestimmte Maßnahmen im Handball zu stecken. Dabei ist nun so eine Art Kollateralschaden entstanden, aber wir sind als Einzige davon betroffen. Ich denke, dass die IHF das am Anfang nicht so gesehen hatte. Jetzt ist die Frage, ob man das Vergabeverfahren so modifizieren kann, dass der deutsche Fernsehmarkt mit seinen Besonderheiten ebenfalls berücksichtigt werden kann. Der DHB ist an diesen Gesprächen nicht unmittelbar beteiligt. Die andere Richtung ist die, dass wir Deutschen offenbar von allen mir bekannten Ländern die Einzigen sind, die ihre Fernsehsignale über Satellit unverschlüsselt senden und damit für Angebote von dem Rechteinhaber beIN Sports nicht in Frage kommen. Da müssen wir uns in Deutschland schon fragen, ob unser System das richtige ist oder ob wir es doch mal so einstellen müssen, dass es mit der ganzen Welt kompatibel ist.
Hoffen Sie, dass dieses Problem bis zur Frauen-WM gelöst werden kann?
Immer. Wobei Hoffnung immer ein dünnes Brett ist. Mit beIN Sports sowie ARD und ZDF prallen zwei Kulturen aufeinander, die noch nicht die gleiche emotionale Ebene gefunden haben.
Bei einer Fußball-WM würde so etwas wahrscheinlich nie passieren. Fühlen Sie sich im Vergleich zum Fußball ein bisschen stiefmütterlich behandelt?
Ja. Im Fußball wäre es zum Beispiel undenkbar, dass sich die Politik so zurückhält wie jetzt in unserem Fall. Wir sind da wie so eine Schwellensportart. Auf der einen Seite haben wir nicht das Standing wie der Fußball, andererseits sind 19 Millionen Fernsehzuschauer beim Handball nicht einfach wegzudiskutieren. Das führt immerhin dazu, dass im Moment sehr offen über das Thema Handball im Fernsehen gesprochen wird. Das ist auch schon ein Fortschritt.