Riskantes Turnier in Ägypten : Diese WM ist schlechte Werbung für den Handball
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Eröffnungsspiel zwischen Chile und Ägypten: erstaunlich viele Offizielle in der Halle. Bild: EPA
Positive Corona-Fälle in diversen Teams. Ungewollte Treffen von Spielern im Fahrstuhl. Tausend „Offizielle“ beim Eröffnungsspiel. Die Handball-WM hat viele wunde Punkte. Das Motto scheint zu lauten: Augen zu und durch.
Schlange stehen am Frühstücks-Buffet – das ist bestimmt nicht das größte Problem dieser Handball-WM. Aber das unfreiwillige Aufeinandertreffen verschiedener Länder beim Essen deutet auf ein anderes Problembewusstsein der ägyptischen Gastgeber hin. Versprochen war die strikte Trennung der Teams. Die Realität ist eine andere. Es gibt schon jetzt, in den ersten Tagen, Geschichten gemeinsamer Fahrstuhlfahrten und anderer unfreiwilliger Begegnungen der Spieler im Hotel in Gizeh, wo doch zugesagt worden war, dass jede Nation unter sich bliebe.
Beim Deutschen Handballbund (DHB) kümmert sich Sportvorstand Axel Kromer um beinahe alle Themen rund um das Virus. Hier wurde nachgebessert, da eine Note beim Weltverband IHF hinterlegt, und am Ende frühstückten die deutschen Spieler auf ihren Zimmern. Doch während sich diese von vornherein umstrittene Mega-WM mit erstmals 32 Teilnehmern im Kleinen zurecht zu ruckeln scheint, sich einige, wie die Norweger, mehr aufregen, andere, wie die Dänen, es gelassener sehen, bleiben die großen Fragen unbeantwortet.
Nach dem Abschied der Vereinigten Staaten und Tschechien aufgrund zahlreicher Corona-Infektionen wurde nun auch das Deutschland-Spiel gegen den zweiten Vorrundengegner Kap Verde an diesem Sonntag abgesagt, auch wenn das Team am Freitag zum Auftakt noch dabei war. Der DHB hatte sich erfolgreich darum bemüht, dass der WM-Neuling nicht ins vorgesehene Hotel „Mena House“ zog, sondern ein eigenes bekam und sich dort in Isolation begab. Der Inselstaat hofft allerdings, weiter Teil der WM bleiben zu können, vier WM-Ersatzspieler sollen nun nach Ägypten reisen. Als möglicher Nachrücker steht offenbar die Niederlande bereit, vorher waren Nordmazedonien und die Schweiz als neue Teilnehmer nach Ägypten geflogen.
Bei alledem stellt sich die Frage, welche neue Corona-Gefahr in die ja eigentlich längst geschlossene „Bubble“ eingetragen wird, bedenkt man Erkenntnisse über die Inkubationszeit. Nicht umsonst hat DHB-Vizepräsident Bob Hanning gesagt: „Das Risiko ist nicht hier drinnen, sondern es kommt von draußen.“
Von einem Quarantäne- oder Isolationspuffer kann jedenfalls keine Rede sein – und die Vergleiche mit der NBA-Blase im Sommer in Disney World hinken allein deshalb, weil der Zeitplan der Handball-WM dicht gestrickt und viel weniger Geld im Umlauf ist. Die NBA-Bubble hatte einen fünfphasigen Vorlauf, ehe sie begann – es dauerte zwei Monate, bevor wieder Spiele stattfanden. Diese WM hingegen wird zwischen Bundesliga-Pause, Champions League und Bundesliga-Wiederbeginn ausgetragen.
Andere, womöglich landestypische Spezialitäten verstärken den Eindruck, dass von der IHF manches versprochen, aber nicht alles gehalten wird – dass zum Eröffnungsspiel der Gastgeber gegen Chile 1000 Zuschauer in der Halle waren, verblüffte. So viele Offizielle? Fans sind ja nicht zugelassen. Diese WM hat so viele wunde Punkte, dass sie schon jetzt schlechte Werbung für den Handball liefert, denn das Motto scheint zu lauten: Augen zu und durch.