Aufgeblähte Handball-WM : Die Entwertung einer Weltmeisterschaft
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Ein Handball-Entwicklungsland: Das Team USA mit Torwart Pal Merkovszky (2.v.r.) übt bereits für die Olympischen Spiele 2028 in Los Angeles. Bild: EPA
Immer mehr Teams, immer höhere Siege: Wie das Niveau der Handball-WM durch zweit- und drittklassige Teilnehmer verwässert wird. Und warum die Entwicklung trotzdem anhält.
Pal Merkovszkys Traum hat sich erfüllt – 24:22 gegen Belgien. „Wir wollten zeigen, dass wir ein europäisches Team besiegen können“, sagte der Torwart, „das haben wir geschafft. Für uns ist es an der Zeit, zu feiern.“ Der Keeper mit dem ungarischen Namen spielt für die Nationalmannschaft Amerikas im „Team Handball“. Geboren 2000 in Myrtle Beach, South Carolina, verdient er sein Geld als Profi in Gyöngyös und besitzt auch einen ungarischen Pass. Die Qualifikation zur Handball-Weltmeisterschaft in Polen und Schweden gelang Amerika gegen Grönland.
Hier nun war Merkovszky gleich zweimal zum Feiern zumute: Zunächst gewannen die Amerikaner gegen Marokko und erreichten die Hauptrunde. Dann folgte der Sieg über Belgien am Montag. Das durfte getrost historisch genannt werden: Seit der ersten Teilnahme 1964 hatten die Amerikaner alle 25 WM-Spiele verloren.
Es lässt sich leicht spotten über Begegnungen wie Chile gegen Saudi-Arabien oder Amerika gegen Belgien. Das Etikett „Europa“, das an ihnen haftet, macht sie auch nur aus amerikanischer Sicht zu einem etablierten Gegner. Aber fragt man Robert Hedin, den Schweden, der die Amerikaner seit 2018 trainiert, gibt es lobende Worte für die Entwicklungshilfe des Weltverbandes IHF: „Gerade durch die Spiele gegen starke Gegner können wir uns weiterentwickeln.“ Die Hauptrundenpartie am Samstag gegen Dänemark vor 12.482 Menschen in Malmö war eine Belohnung – zumal sich die Amerikaner beim 24:33 als wehrhafter Gegner präsentierten. Dieser Weg soll 2025 und 2027 weitergehen. Die IHF lässt sie dann ohne Qualifikation an den Welt-Titelkämpfen teilnehmen, um den amerikanischen Handball mit Blick auf die Olympischen Spiele 2028 in Los Angeles zu fördern.
Es ist die zweite WM mit 32 teilnehmenden Nationen. Damit die acht Gruppenletzten mehr als nur drei Auftritte haben, spielen sie seit dem 18. Januar im „President’s Cup“ in Plock die Ränge 25 bis 32 aus.
Die Trostrunde vor leeren Rängen ist Hassan Moustafas Lobbyarbeit. Der ägyptische IHF-Präsident will möglichst viele Mitgliedsverbände bei der Stange halten und schenkt ihnen wertvolle Spiele – Handball soll in Afrika, in Südamerika, Mittel- und Nahost stattfinden, um nicht als rein europäische Sportart dazustehen und den olympischen Status zu riskieren. Dabei spült es regelmäßig außereuropäische Länder in die Weltspitze; mal Tunesien, mal Südkorea, mal Qatar und nun Ägypten. Besonders nachhaltig war deren Erfolg aber nie.
Die Entwicklung führt zu entwerteten Kontinental-Wettbewerben – so nimmt aus Afrika noch der Fünfte der dortigen Meisterschaft teil; das war in diesem Falle Algerien. Ein willkommener Gegner für die Deutschen beim 37:21, um sich auf die Hauptrunde einzustimmen, aber keine wirkliche Prüfung. Ergebnisse dieser Art kritisierten dann auch namhafte Profis wie Luka Cindrić (Kroatien). „Siege mit plus zehn Toren sehen nicht gut aus für unseren Sport“, sagte Cindrić nach dem 36:24 seiner Mannschaft gegen Marokko.
Kurios war auch der Weg Uruguays zu dieser WM: Zum Turnier in Recife traten nur sieben Nationen an. Uruguay kassierte heftige Niederlagen gegen Brasilien, Argentinien und Chile, besiegte aber Bolivien. Das genügte, denn Südamerika sendet vier Teilnehmer zur WM. Uruguays 12:47 im Gruppenspiel gegen Schweden war die höchste Niederlage des Turniers und steht nun für die absurde Seite der Aufstockung. Ähnlich erfolglos ging es im President’s Cup weiter: Am Mittwoch verlor Uruguay 33:34 im Spiel um Platz 31 gegen Algerien. Diese WM mit ihren 112 Spielen hatte den Letzten und Vorletzten des Rankings gefunden.