Vor Spiel gegen Polen : Fünf Handball-Nationalspieler positiv auf Corona getestet
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Ins Auge gegangen: Bundestrainer Alfred Gislason hat mit dem Folgen des Hygiene-Konzeptes zu kämpfen. Bild: sampics
Bei der Handball-Nationalmannschaft wurden zum wiederholten Male Spieler positiv auf Corona getestet. Somit fallen insgesamt sieben Handballer beim Spiel gegen Polen aus.
Spätestens am Montagabend um 20.03 Uhr konnte man festhalten, dass das großzügige Hygiene-Konzept des Europäischen Handballverbandes (EHF) für die Europameisterschaft in Ungarn und der Slowakei gescheitert ist. Das Papier vom November 2021 sah ein Turnier ohne Blase vor. Anders als bei der WM in Ägypten sollten sich die Spieler ziemlich frei bewegen können. PCR-Tests alle 48 Stunden als zentrales Sicherheits-Instrument sollten Infektionsketten unterbrechen helfen. Doch diese Rechnung hat die EHF offenbar ohne die Virusvariante Omikron gemacht – und womöglich, ohne die Ansteckungsmöglichkeiten in Wettkampf und Training ausreichend zu berücksichtigen.
Es ist weder nachgewiesen, dass Omikron im Spiel ist, noch, dass Infizierungen im Betrieb stattgefunden haben – es wirkt allerdings naheliegend. Anders ist kaum zu erklären, dass inzwischen bei sieben deutschen Handballprofis positive Testergebnisse vorliegen: Nach Julius Kühn am Samstag und Hendrik Wagner am Montagmittag meldete der DHB am Montagabend, dass auch Andreas Wolff, Luca Witzke, Timo Kastening, Kai Häfner und Lukas Mertens betroffen seien. Dies ergaben die Ergebnisse der am Montagmorgen abgenommenen PCR-Tests. Ein handfester Corona-Ausbruch also, der für abendliches Entsetzen beim DHB sorgte.
Keiner von ihnen kann an diesem Dienstag beim letzten Vorrundenspiel gegen Polen in Bratislava eingesetzt werden (18 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zur Handball-EM sowie im ZDF). Bundestrainer Alfred Gislason ist wahrlich nicht zu beneiden. Wieder macht ihm die Pandemie einen Strich durch die Rechnung. Die Unwägbarkeiten nehmen kein Ende, und ihm wird einiges an Anpassungsvermögen abverlangt.
Das Quintett muss sich nun fünf Tage in Quarantäne begeben und könnte am 22. Januar wieder spielen, sollte es zwei negative PCR-Tests innerhalb von 24 Stunden vorweisen können. Am Sonntag steht für die DHB-Auswahl das dritte Hauptrundenspiel auf dem Programm. Die betroffenen Profis begaben sich im Teamhotel „Lindner“ in ihre Einzelzimmer in Isolation.
Dass es eine „Corona-EM“ werden könnte, hatte mancher nach etlichen Testspielabsagen aufgrund von positiven Corona-Fällen Anfang Januar schon befürchtet. Die EHF hielt dem entgegen, ihr Hygienekonzept sei ein „living document“ und werde ständig angepasst – was im Detail auch stimmt, aber trotzdem nicht ausgereicht hat. Einige Hotels in Ungarn waren offen für Touristen, die sich ohne Masken beim Essen unter die Handballprofis mischten. Das wurde inzwischen abgestellt.
Mehrere Spieler werden nachreisen
Zum Turnierbeginn am vergangenen Donnerstag hatte es bei Serbien (sieben), Polen (sechs) Nordmazedonien (vier) und Kroatien (vier) aber gleich mehrere teaminterne Ausbrüche gegeben. Beinahe jede Nation bei dieser Zwei-Länder-EM hat mindestens einen namhaften Corona-Ausfall zu beklagen. Mit unterschiedlichen Folgen. So kompensierten die Polen das Fehlen prominenter Kräfte hervorragend und überzeugten in der Gruppe D mit deutlichen Siegen gegen Belarus und Österreich.
Nun sind die Deutschen arg gebeutelt – trotz erheblicher Vorsichtsmaßnahmen wie Einzelzimmerbelegung auf dem eigenen Stockwerk. Wie der DHB am Abend mitteilte, war man im Austausch mit Spielern und Vereinen und der EHF, um auch Akteure nachzunominieren, die sich außerhalb des 35-köpfigen Kaders befinden, den der DHB der EHF für diese kontinentale Handballmesse vorgelegt hat.
Alfred Gislason hatte mit Sicht auf Verletzungen und Corona-Fälle eifrig gefahndet und die Gruppe möglicher Kandidaten im Vergleich zu früheren Turnieren vergrößert. Am späten Montagabend teilte der DHB nun mit, dass Torwart Johannes Bitter, Linksaußen Rune Dahmke, Kreisläufer Sebastian Firnhaber sowie die Rückraumspieler Paul Drux und Fabian Wiede nachreisen werden. Sie sollen am Dienstag in Bratislava eintreffen.
Bitter, Dahmke, und Firnhaber zählen zum Anfang Dezember benannten 35er-Kader. Dank einer Ausnahmegenehmigung der EHF dürfen auch die nicht zu diesem Kreis zählenden Berliner Drux und Wiede nachrücken. Alle fünf müssen bis zum Anpfiff einen negativen PCR-Test vorgelegt haben. Kurioser Weise ist die Mannschaft nun plötzlich erheblich erfahrener, die am Dienstag antreten könnte – bis auf Firnhaber sind die Nachnominierten etablierte, langjährige Nationalspieler.
Vor einem Jahr bei der Weltmeisterschaft in Nordafrika hatte es keinen einzigen positiven Test bei den Deutschen gegeben. Damals war niemand geimpft. Drei Teams, die Infektionen mit dem Covid-19-Virus ins Turnier eingeschleppt hatten, wurden vom Weltverband IHF herausgefischt; Kapverde, die Vereinigten Staaten und Tschechien. Danach kam es zu keinen nennenswerten Zwischenfällen. Ein Jahr und viele Impfdosen später kann man das vom Handball nicht behaupten.
Strengere Sicherheitsvorkehrungen für deutsche Handballer
Nach dem Corona-Ausbruch mit sieben Fällen haben die deutschen Handballer ihre Sicherheitsvorkehrungen bei der EM noch einmal verschärft. Als Sofortmaßnahme beschloss die Teamleitung noch strengere Kontaktbeschränkungen im DHB-Mannschaftsquartier in Bratislava.
„Wir müssen uns alle hier vor Ort jetzt noch mehr gängeln und die Kontakte untereinander auf ein Minimum reduzieren. Bis auf Weiteres bleiben alle Mitglieder der Delegation in ihren Einzelzimmern“, sagte DHB-Sportvorstand Axel Kromer dem SID: „Es gibt einen festen Zeitplan, wann jemand sich etwas zu essen an unserem teameigenen Büffet holen darf. Das ist alles nicht schön, aber notwendig.“ (sid)