https://www.faz.net/aktuell/sport/fussball/vfb-stuttgart-wagt-in-der-zweiten-bundesliga-den-neuaufbau-14376588.html

Zweite Bundesliga : Der steinige Weg des neuen VfB

  • -Aktualisiert am

Vor allem auf seiner Figur ruhen die Stuttgarter Hoffnungen: Trainer Jos Luhukay Bild: dpa

Der VfB Stuttgart wagt in der zweiten Liga den kompletten Neustart. Ob der jedoch gleich zurück ins Oberhaus führt? Daran wird selbst in den den eigenen Reihen gezweifelt.

          3 Min.

          Das erste erstklassige Zeichen haben die Fans gesetzt: Der VfB Stuttgart rechnet an diesem Montagabend zu seinem ersten Zweitligaspiel seit 39 Jahren mit einem Massenandrang von 54 000 Zuschauern. Der Optimismus blüht wieder am Neckar, wenn der FC St. Pauli zur Premiere in ungewohnter Umgebung kommt. Die Anhänger des Vereins für Bewegungsspiele sind also bereit, beim Abenteuer Zweite Bundesliga ein Jahr lang dicht an dicht Spalier zu stehen. 25 000 Dauerkarten verkauften die Schwaben für diese Spielzeit – das sind nur 2000 weniger als in ihrer vorerst letzten Bundesligasaison, die am 14. Mai mit einer 1:3-Niederlage in Wolfsburg endete. Dem Schmerz ob der Schmach folgte rasch die Vorfreude auf ein Jahr, das den VfB wieder nach oben katapultieren soll.

          Auch dafür gibt es einen Zahlenbeleg, seit der Traditionsklub, der fünfmal deutscher Meister und dreimal DFB-Pokalsieger wurde, eine weitere Kennziffer seiner ungebrochenen Popularität verkündete: Er stützt sich inzwischen auf 47 000 Mitglieder, so viele wie nie, die diesem im Abstiegsjahr von den vielen Sünden der Vergangenheit eingeholten Verein die Treue halten. Um gleich mal ein machtvolles Signal der geschlossenen Unterstützung leuchten zu lassen, werden an diesem Montag Tausende Fans ganz in Weiß mit dem roten VfB-Brustring erscheinen und damit das Stadion in die Klubfarben tauchen. So allerdings begann auch die Ouvertüre zur Saison 2015/16, ehe es unter dem mit messianischer Vorfreude empfangenen und im November wieder entlassenen Trainer Alexander Zorniger eine 1:3-Heimniederlage gegen den 1. FC Köln setzte.

          Alles anders, alles besser, alles gut?

          Diesmal soll wie bei jedem Neuanfang alles anders, alles besser, alles gut werden. Die Rahmenbedingungen für die Mission sofortiger Wiederaufstieg zumindest könnten kaum günstiger sein. Die Basis bekennt sich unverdrossen zu einem der großen deutschen Fußballklubs; die Sponsoren sind den Stuttgartern treu geblieben, voran die Daimler AG, die den VfB mit geschätzten acht bis neun Millionen Euro per annum unterstützt; der Saisonetat ist der höchste in der Zweiten Bundesliga: 35 Millionen Euro.

          Und doch: Es könnte eine Zeitlang dauern, ehe der VfB Stuttgart des Jahrgangs 2016/17 in der zweiten Liga so richtig Fuß gefasst hat. Es kam ein neuer Trainer (Jos Luhukay für den glücklosen Jürgen Kramny), ein neuer Sportvorstand (Jan Schindelmeiser für den erfolglosen Robin Dutt), während die Suche nach einem neuen Präsidenten für den zurückgetretenen Bernd Wahler noch nicht beendet ist. Derzeit ist der 68 Jahre alte Unternehmer und vormalige Sprecher des umstrittenen Bahnhofsgroßprojekts „Stuttgart 21“, Wolfgang Dietrich, der Favorit von Präsidium und Aufsichtsrat für die am 9. Oktober anstehende Neuwahl.

          Neu sind auch viele Spieler, die mithelfen sollen, den zügig eingeplanten Wiederaufstieg zu realisieren: Dabei ruhen die größten Hoffnungen auf dem vom VfL Bochum geholten vorjährigen Zweitliga-Torschützenkönig Simon Terodde; auch Tobias Werner, der vom FC Augsburg kam, und Hajime Hosogai (davor Hertha BSC) verheißen Erstligaqualität wie eine Reihe dagebliebener Profis, voran Kapitän Christian Gentner, Weltmeister Kevin Großkreutz und Spielmacher Alexandru Maxim. Dagegen haben den Verein Stammkräfte wie Filip Kostic (für 14 Millionen Euro zum Hamburger SV), Timo Werner (für 10 Millionen Euro zu RB Leipzig), Lukas Rupp (für 5 Millionen Euro zur TSG 1899 Hoffenheim), Daniel Didavi (ablösefrei zum VfL Wolfsburg), Serey Dié (für 2,5 Millionen Euro zum FC Basel), Daniel Schwaab (ablösefrei zur PSV Eindhoven) und Martin Harnik (ablösefrei zu Hannover 96) verlassen.

          Der Umbruch, den der Absteiger und Topfavorit auf den Wiederaufstieg also bewältigen muss, ist gewaltig, und dabei steht das Zweitliga-Personaltableau des VfB noch vor der Abrundung. Schindelmeiser sucht für den Stuttgarter Kraftakt noch nach der besten Mischung zwischen Talenten mit Bundesliga-Potential und gestandenen Spielern mit Zweitliga-Spitzenniveau. Vor allem ein, zwei Flügelspieler für die Offensive werden bis zum Transferschluss am 31. August noch gebraucht, um die eigenen Ansprüche ansehnlich und schwungvoll zu untermauern.

          Die Hoffnungen ruhen auf dem Trainer

          Die größten Hoffnungen, dass nach dem zweiten Bundesliga-Abstieg des VfB nach 1975 die Rückkehr binnen einer Saison glücken werde, ruhen auf Luhukay. Der 53 Jahre alte Niederländer ist ein Aufstiegsexperte. Er führte 2008 Borussia Mönchengladbach, 2011 den FC Augsburg und 2013 Hertha BSC zurück in die Beletage. Der holländische Pragmatiker hat vor dem Neustart in eine ungewisse Zukunft darauf hingewiesen, dass sein Kader noch unfertig sei und viele Spieler des VfB noch nicht genau wüssten, was auf sie in der Zweiten Bundesliga zukomme. „Mehr denn je“, hob er hervor, „gilt in der zweiten Liga: Mentalität schlägt Qualität. Es kann sehr gut sein, dass wir einen holprigen Start erwischen und nicht von Anfang an vorne mitspielen.“

          Auch Schindelmeiser mahnt: „Ich will nicht die Euphoriebremse sein, aber im Moment haben wir nicht die Mannschaft, der man das Ziel Wiederaufstieg in den Rucksack legen kann.“ Ob auch die oft überschwänglichen und zuletzt ebenso oft frustrierten Fans in der Cannstatter Kurve bereit sind, den von Luhukay prognostizierten „steinigen Weg“ durch die Niederungen des deutschen Profifußballs mitzugehen, ist die spannende Frage vor der ersten Zweitligaprobe aufs Exempel.

          Weitere Themen

          Wer an Ndicka interessiert ist

          Eintracht Frankfurt : Wer an Ndicka interessiert ist

          Eintracht Frankfurt kann Innenverteidiger Evan Ndicka nicht halten, da es ihn zu einem größeren Verein zieht. Doch seine Wunschadressen wollen ihn nicht. Interesse am Franzosen zeigt José Mourinho.

          Dino Toppmöller kommt nach Frankfurt

          Neuer Eintracht-Trainer : Dino Toppmöller kommt nach Frankfurt

          Anfang kommender Woche will die Eintracht die Verpflichtung von Dino Toppmöller bekannt geben. Von ihm wird eine Weiterentwicklung des Spielstils erwartet. Das hat man Oliver Glasner nicht zugetraut.

          Zverev fehlt die Energie

          Halbfinal-Aus gegen Ruud : Zverev fehlt die Energie

          Im Halbfinale der French Open spielt Alexander Zverev nicht schlecht – aber Casper Ruud spielt besser. Nach gut zwei Stunden ist der Traum vom Finale für Zverev aus. Dort trifft Ruud am Sonntag auf Novak Djokovic.

          Topmeldungen

          Krieg gegen die Ukraine : Die Kämpfe werden heftiger

          Im Donbass wird nach Angaben des ukrainischen Militärs „um jeden Quadratmeter“ gekämpft. Es mehren sich Berichte, dass Russland Hilfe für die Menschen im besetzten Teil des Flutgebiets behindert.

          Nach Vorwürfen gegen Lindemann : Wer ist Alena Makeeva?

          „Böse Fee“ oder „Rammstein-Russin“: Alena Makeeva wird in den Medien zur Schlüsselfigur inszeniert. Wo befindet sie sich nun – und wie ist ihr Verhältnis zu Lindemann?

          Newsletter

          Immer auf dem Laufenden Sie haben Post! Die wichtigsten Nachrichten direkt in Ihre Mailbox. Sie können bis zu 5 Newsletter gleichzeitig auswählen Es ist ein Fehler aufgetreten. Bitte versuchen Sie es erneut.
          Vielen Dank für Ihr Interesse an den F.A.Z.-Newslettern. Sie erhalten in wenigen Minuten eine E-Mail, um Ihre Newsletterbestellung zu bestätigen.