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Uefa-Kommentar : Platini hält die Zügel

  • -Aktualisiert am

Michel Platini Bild: AP

Knall auf Fall initiiert Michel Platini eine Nationenliga. So wird er als großer Reformer in die Fußball-Geschichte eingehen. Mit seinem Projekt beweist Platini Mut. Doch die Nachteile sind unübersehbar.

          2 Min.

          Michel Platini wird in die Geschichte als großer Reformer eingehen. Nach der paneuropäíschen EM 2020 und der Zentralvermarktung der EM-Qualifikationsspiele hat der Präsident der Europäischen Fußball-Union (Uefa) nun Knall auf Fall die Nationenliga initiiert.

          Dass sein Vorschlag mehrheitsfähig sein würde, war von Anfang an klar, denn wie schon bei seinen anderen Reformen profitieren die kleinen Fußballnationen des Kontinents. Und es gibt nun mal mehr kleine als große – und jeder Verband hat nur eine Stimme.

          Bösartige unterstellen, dass Platini alles dafür tut, wiedergewählt zu werden, andere halten ihn für einen Überzeugungstäter, in dem er die Kleinen fortwährend protegiert, wie auch schon beim Entschluss, die EM-Endrunden von 16 auf 24 Teilnehmer aufzustocken.

          Auf jeden Fall ist der Franzose so mutig, die Großen zu verprellen, auch durch das Tempo, mit dem er vorgeht. Dem Vorwurf nicht alles genau durchdacht zu haben, stellt sich Platini und sagt dazu entwaffnend: „Lass uns sehen, wie sich die Sache entwickelt.“

          Die Nachteile sind unübersehbar

          Die Nationenliga als zweiten Wettbewerb für Nationalmannschaften neben der Europameisterschaft zu etablieren, ist kein Beschluss, der unbedingt nötig gewesen wäre, oder auf den irgend jemand dringend gewartet hätte. Gut. Durch den strahlenden Erfolg der Champions League sind Länderspiele immer unbedeutender geworden. Viele Verbände, die nicht in den großen Fußballnationen tätig sind, haben immer größere Schwierigkeiten, die Begegnungen zu vermarkten.

          Aber die Lösung für dieses Problem muss nicht zwingend lauten, die Mitglieder durch einen neuen Wettbewerb, der zentral vermarktet wird, zu unterstützen. Denn die Nachteile sind unübersehbar: Eine noch größere Belastung für die Spitzenspieler sowie eine Abwertung der EM und der Europa League (die Königsklasse bleibt unantastbar). Die Uefa wird einigen der Mittelklasse-Klubs bei der zentralen Vermarktung der Nationenliga Sponsoren wegnehmen.

          Warum eine Erfindung auf die Schnelle?

          Außerdem bleibt den Nationaltrainern durch die fixen Uefa-Termine so gut wie kein Spielraum mehr, sich Testspielgegner nach ihren eigenen Erfordernissen auszusuchen. Wenn es nur darum ginge, arme Nationalverbände reicher zu machen, hätte die Uefa sie einfach durch Zuschüsse alimentieren oder durch einen anderen Verteilungsschlüssel bei der Auszahlung der EM-Vermarktungseinnahmen begünstigen können.

          Warum also wurde diese Nationenliga auf die Schnelle erfunden, für die im übrigen noch gar kein exakter Austragungsmodus gefunden wurde? Platini hat dadurch demonstriert, dass die Uefa (und er) den europäischen Fußball an den Zügeln führt. Ein Signal an die großen Klubs und auch den Internationalen Fußballverband (Fifa). Denn nun gibt es wirklich im Rahmenterminkalender keinen Raum mehr, um einen weiteren Wettbewerb mit europäischen Spitzenvereinen zu etablieren oder einen bestehenden wie die Klub-WM auszuweiten.

          Peter Heß
          Sportredakteur.

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