Tor schießender Torwart : Coltortis Dessert
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Auf den Schultern aus dem Stadion getragen: Fabio Coltorti war der Mann des Abends Bild: dpa
Legendäre Torhüter wie Chilavert, Higuita oder Campos trafen regelmäßig, Butt war zeitweise der beste Elfmeterschütze der Bundesliga. Aber so wie Leipzigs Coltorti hat noch selten ein Torwart ein Tor geschossen.
Aus dem Toreverhinderer wurde der Vollstrecker: Zuletzt rettete Torhüter Fabio Coltorti Fußball-Zweitligist RB Leipzig mit spektakulären Paraden die Punkte und erhielt dafür den Spitznamen „Krake“. Gegen den SV Darmstadt 98 wurde der 34-jährige Schweizer selbst zum Torschützen und erzielte den ersten Pflichtspieltreffer in seiner schon langen Karriere. „Bälle halten ist mein Beruf, Toreschießen das Dessert“, freute sich Coltorti nach seinem Last-Minute-Treffer zum 2:1-Endstand gegen Darmstadt.
Vor einer Ecke in der dritten Minute der Nachspielzeit war der Torwart mit nach vorne gegangen - und konnte sich völlig ungestört von Darmstädter Abwehrspielern im Torraum des Gegners aufhalten. Der Kopfball von Omer
Damari nach der Hereingabe von Dominik Kaiser fiel ihm dann an der Fünfmetergrenze vor die Füße. Coltorti nahm den Ball mit links an, drehte sich um 180 Grad und knallte ihn mit rechts seinem Darmstädter Gegenpart, Torwart Christian Mathenia, an den Ohren vorbei ins Netz.
Seine Mitspieler trugen ihn zum Dank auf Händen und Schultern durch das Stadion. Zu oft will Coltorti aber künftig nicht im Sturm der Leipziger eingreifen: „Das sind fast 100 Meter bis nach vorne, in meinem Alter schafft man das nicht so oft“, sagte er lachend.
RB-Trainer Achim Beierlorzer erklärte: „Als wir gesehen haben, dass nur noch eine Minute zu spielen ist, habe ich ihn mit nach vorne geschickt, weil er eine gute Größe hat. Dass er es dann flach macht, ist aber auch okay.“
Deutsche Zweitligageschichte geschrieben
Coltorti hofft nun, dass dieser Sieg „nochmal ein Signal für die letzten vier Spiele ist“. Bis auf drei Punkte rückten die Leipziger an die Darmstädter in der Tabelle heran. Der Keeper selbst hatte am Freitag sogar Fußballgeschichte geschrieben: Er war der erste Schlussmann in der Fußball-Bundesliga und der zweiten Liga, der aus dem Spiel heraus das Siegtor erzielt hat.
Zuletzt hatte in der Bundesliga schon sein Landsmann Marwin Hitz für Aufsehen gesorgt, als er am für den FC Augsburg das 2:2 gegen Bayer Leverkusen erzielte. Ansonsten trafen in der ersten Liga auch schon Jens Lehmann 1997 für den FC Schalke zum 2:2 gegen Borussia Dortmund und Bremens Frank Rost 2002 zum 3:3 gegen Hansa Rostock. Lehmann verwandelte zudem einen Elfmeter, der heutige Torwart-Bundestrainer Andreas Köpke sogar zwei. Unerreicht ist jedoch Jörg Butt mit seinen 26 Strafstoßtoren, davon 19 für den Hamburger SV und sieben für Bayer Leverkusen - ein Feldtor ist ihm aber nicht gelungen.
Weltweit berühmte Vorbilder
International haben sich noch weitere Torhüter als Torschützen ausgezeichnet. Der treffsicherste von allen war der Brasilianer Rogerio Ceni, der nicht nur 37 Elfmetertore erzielte, sondern auch 53 per Freistoß.
Jose Luis Chilavert aus Paraquay war ein Meister seines Fachs und 1998 sogar Welttorhüter des Jahres - zudem ist der einzige Torwart der Welt, der schon einmal einen Hattrick erzielte. In der Nationalmannschaft erzielte er acht Tore, bei der WM 1998 traf er mit einem Freistoß leider nur die Latte. Dafür gewann er mit Racing Straßburg 2001 das französische Pokalfinale, bei dem Chilavert einen Elfmeter hielt und den entscheidenden selbst verwandelte.
Auch der Kolumbianer René Higuita, wegen seiner Ausflüge „El Loco” (Der Verrückte) genannt, der Mexikaner Jorge Campos, der wegen seiner glänzenden Technik immer wieder auch als Feldspieler aufgeboten wurde, und der Bulgare Dimitar Ivankov sind als Torhüter und -jäger gleichermaßen in die Fußballgeschichte eingegangen.