Thomas Müller : Der Hundertprozentige
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Alles muss raus: Müller feiert mit Timoschtschuk, Mandzukic und Schweinsteiger (v.l.) Bild: AFP
Ein Mann für die entscheidenden Momente des Fußballs: Thomas Müller hat großen Anteil am Pokalsieg und der gesamten Saison des FC Bayern. Wenn sein Team wankt, sollte kein Trainer auf ihn verzichten.
Vor einem Jahr hatte sich der FC Bayern im DFB-Pokalfinale fünf „Watschn“ eingefangen, wie der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge damals nach dem 2:5 gegen Borussia Dortmund auf dem Trauerbankett in Berlin bitter feststellte. Eine Woche später verloren die Münchner dann auch noch das Finale der Champions League gegen den FC Chelsea, und danach war es Thomas Müller, der sich zu Wort meldete, still und leise.
Müller, ansonsten für knackige Sprüche bekannt und geschätzt, schickte eine Rund-SMS an seine niedergeschlagenen Kollegen. Er schrieb seinen Mitspielern, dass eine Finalteilnahme einfach nicht ausreiche, dass man erst zufrieden sein könne, wenn man den Pokal in den Händen halte. „Damals waren wir in einem Loch“, sagte Müller im Verlauf dieser Saison zu seiner ungewöhnlichen Mitteilung, „deshalb habe ich die SMS an alle Spieler geschrieben. Vielleicht waren auch ein paar Kraftausdrücke dabei.“
Alle Kräfte mobilisiert
378 Tage nach dem verlorenen Finale in der Champions League hat der FC Bayern nun den Fußballgipfel erreicht - und dabei war es Müller, der im DFB-Pokalendspiel gegen den VfB Stuttgart seinen Worten diesmal entscheidende Taten folgen ließ. Das Elfmetertor des starken Mittelfeldspielers in der 37. Minute ebnete dem FC Bayern den Weg zu einem packenden 3:2-Sieg gegen die Schwaben und damit zu einer sporthistorischen Meisterleistung: dem ersten deutschen Triple. Dass Thomas Müller, der in der Schlussphase noch einmal alle Kräfte mobilisierte, um den Erfolg über die Zeit zu retten, ein Mann für die entscheidenden Spiele und Momente des Fußballs ist, dürfte sich mittlerweile herumgesprochen haben. Bayern-Trainer Jupp Heynckes kam jedenfalls nicht mehr auf die Idee, als Bayern wankte, auf Müller zu verzichten.
Bei der Weltmeisterschaft 2010 wurde der WM-Torschützenkönig wegen einer Sperre im Halbfinale gegen Spanien (0:1) schmerzlich vermisst. Im Endspiel gegen Chelsea erzielte er noch die 1:0-Führung in der 83. Minute, musste den Ausgleich aber nach seiner Auswechslung hilf- und tatenlos ertragen. Auch beim Elfmeterschießen wurde Müller dann sehr vermisst. Vor einer Woche gegen Dortmund in Wembley blieb er von der ersten bis zur letzten Minute auf dem Platz. Und im nationalen Pokalfinale von Berlin war er gegen die Stuttgarter dann aus elf Metern zur Stelle, nachdem Philipp Lahm im Strafraum zu Fall gekommen war und die Bayern dafür mit einem Elfmeter belohnt wurden, der ihnen kurz zuvor noch nach einem eindeutigen Foul an Robben von Schiedsrichter Gräfe verwehrt worden war.
Comeback des Münchner Sieger-Gen
Müller nutzte die Chance souverän, der Ball flog in die linke Ecke, Torwart Sven Ulreich in die rechte. In der Vorsaison war noch Arjen Robben der Mann für die entscheidenden Elfmetermomente gewesen. Aber nach seinen Fehlschüssen in der Meisterschaft gegen Dortmund und im Finale gegen Chelsea hat sich auch in dieser Beziehung im Münchner Spiel ein Lerneffekt eingestellt. Berlin sah das vierte Elfmetertor der Saison von Müller im vierten Versuch. Die Trefferquote von 100 Prozent bedeutete dabei immer auch die 1:0-Führung der Bayern, zweimal in der Bundesliga, einmal in der Champions League und nun auch beim krönenden Saisonfinale in der Hauptstadt.
Müllers erster Treffer in diesem Pokalwettbewerb war dabei nur die letzte von vielen Münchner Antworten aus der Vorsaison auf die Frage, die sich nicht nur er selbst nach den Finalniederlagen 2010 gegen Mailand und 2012 gegen Dortmund und Chelsea gestellt hatte. „Wenn man drei Mal in vier Jahren verliert, dann musste man sich schon ernsthaft Gedanken machen, ob man dieses Silberding an der Ferse hat“, sagte Müller. Nach dem spannenden Abend von Berlin, in dem sich die Bayern am Ende erfolgreich gegen den Stuttgarter Aufschwung stemmten, steht nun endgültig fest: Das Münchner Sieger-Gen ist wieder da.