Länderspiel in Wolfsburg : „Jogi“-Sprechchöre bei Löw-Verabschiedung
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Löw mit Verbandsdirektor Oliver Bierhoff und seinen Weltmeistern Per Mertesacker und Sami Khedira Bild: dpa
Joachim Löw wird vom DFB als Bundestrainer verabschiedet. Die Fans bringen dem Weltmeister-Coach von 2014 große Sympathien entgegen. Der kann sich neue Aufgaben vorstellen.
„Oben am jungen Rhein, lehnet sich Liechtenstein.“ Der Reim in der Hymne des Fürstentums weckte keinen Argwohn am Donnerstagabend in der Wolfsburger Arena. Dass die zugehörige Melodie vornehmlich von anderswoher bekannt ist, konnte man allerdings als kleine gemeine Pointe betrachten. „God Save The Queen“ war so das akustische Band, das Joachim Löws Abgang als Bundestrainer im EM-Achtelfinale gegen England in London und seine Verabschiedung an diesem kühlen Novemberabend verband.
Löw indes dürfte sich mehr an den „Jogi, Jogi“-Rufen erwärmt haben, die zu hören waren – das hatte es in einem deutschen Stadion lange nicht gegeben. Zu Ehren des Weltmeistertrainers von 2014 waren etliche alte Weggefährten gekommen, die mit Spalier standen, als Löw kurz vor den Hymnen das Spielfeld betrat: Klose, Hummels, Khedira, Schweinsteiger, Mertesacker, Schürrle, Gomez, Höwedes, Draxler, Bierhoff – Namen, mit denen sich ein goldener Sommer und viele andere schöne Erinnerungen verbinden.
Löw musste „einiges verarbeiten“
Dass die Jahre nach 2017 in den eingespielten Videoclips ausgeklammert blieben, war wenig überraschend, allerdings nahm Löw noch einmal Bezug auf das Scheitern bei seinem letzten Turnier im Sommer. Er habe eine Weile gebraucht, um Abstand zu gewinnen, und „einiges verarbeiten müssen“, sagte er am RTL-Mikrophon: „Allmählich habe ich das Gefühl, dass es mir wieder gut geht.“ Und ein Comeback sei für ihn durchaus vorstellbar: „Nach so langer Zeit brauchte ich ein halbes Jahr oder vielleicht ein Jahr, um Abstand zu gewinnen und mich zu orientieren. Die Lust kommt allmählich zurück und die Motivation.“
Am Spiel konnten Löw und das deutsche Publikum Spaß haben, auch wenn es mit einem Schreckmoment begann. Der Tritt von Hofer gegen Brust und Hals Goretzkas nach acht Minuten grenzte an Körperverletzung und wurde zu Recht mit Elfmeter und Roter Karte geahndet – Hofer war sehr bemüht, Reue für seinen Fauxpas zu zeigen, als er an der Seite Goretzkas vom Feld schlich. Danach hatten die Deutschen leichtes Spiel, führten durch den Elfmetertreffer von Gündogan (11., Elfmeter) und drei weiteren binnen vier Minuten durch Kaufmann (20., Eigentor), Sané (22.) und Reus (23.) schnell 4:0 und erhöhten nach der Pause durch Sané (49.), Müller (76., 86.) ), Baku (80.) und ein Eigentor bis auf 9:0.
Fußballerisch war der Ausfall des Quarantäne-Quintetts um den am Montag positiv auf das Coronavirus getesteten Süle so leicht zu verschmerzen. Gleichwohl gehörte auch dies zum disparaten Gesamtbild eines Abends, an dem sich in Wolfsburg etwa 26.000 Zuschauer im Stadion versammelten, im Rheinland die Jecken feierten, und in Berlin das Robert-Koch-Institut angesichts der Infektionszahlen dringend empfahl, größere Veranstaltungen abzusagen oder zu meiden.