
Kommentar : Rassisten, Idioten und die Fifa
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Sulley Muntari (links) spielt in Italien bei Delfino Pescara. Bild: AFP
Ein Spieler wird rassistisch beleidigt und vom Schiedsrichter sogar noch bestraft. An diesem Fall wird sich zeigen, wie ernst der Weltfußball das Rassismus-Problem in seinen Stadien nimmt.
Wenn zwei das Gleiche tun, bedeutet das noch lange nicht dasselbe. Es ist vier Jahre her, als Kevin-Prince Boateng bei einem Freundschaftsspiel mit dem AC Mailand aus Protest gegen rassistische Anfeindungen den Platz verließ. Seine Mailänder Kollegen folgten ihm. Diese spontane Demonstration machte weltweit Schlagzeilen. Boateng durfte daraufhin eine Rede vor den Vereinten Nationen in Genf halten, und der Internationale Fußball-Verband (Fifa) gründete eine Task Force gegen Rassismus und Diskriminierung.
Vor wenigen Tagen hat sich nun der ghanaische Profi Sulley Muntari vom italienischen Serie-A-Klub Delfino Pescara über rassistische Beleidigungen beim Schiedsrichter während eines Spiels bei Cagliari Calcio beschwert – und den Unparteiischen aufgefordert, etwas gegen die Schmähungen zu unternehmen. Der Schiedsrichter tat auch etwas: Er zeigte Muntari die Gelbe Karte – und ignorierte die Beleidigungen. Muntari verließ daraufhin den Platz und wurde deswegen mit der Gelb-Roten Karte bestraft und für ein Spiel gesperrt. Erst das Berufungsgericht des italienischen Fußballverbandes hob die Sperre auf.
Eine Einladung der Vereinten Nationen hat Muntari nicht erhalten, und zum Mitglied der Task Force der Fifa wurde er auch nicht ernannt. Letzteres liegt daran, dass es die von Sepp Blatter gegründete Task Force nicht mehr gibt. Unter seinem Nachfolger Gianni Infantino segnete sie schnell das Zeitliche. Seitdem soll ein Komitee innerhalb der Fifa-Administration rassistischen Vorfällen nachgehen – und genau das kündigten Infantino und Generalsekretärin Fatma Samoura vor dem Fifa-Councilmeeting in Bahrein nun auch an.
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Mehr erfahrenAm Fall Muntari wird sich zeigen, wie ernst der Weltfußball das Rassismus-Problem in seinen Stadien nimmt. Als die Task Force noch existierte, hatte das für die WM-Qualifikation 2018 geschaffene Antidiskriminierungs-Beobachtungssystem dafür gesorgt, dass gegen Chile, Paraguay, Peru, Mexiko, El Salvador, Honduras und Kroatien Verfahren eröffnet und Sanktionen verhängt wurden. Infantino kündigte nun an, mit Muntari und dem italienischen Verbandspräsidenten zu sprechen. Man werde „zusammenarbeiten“. Nach großer Entschlossenheit in der Strafverfolgung klingt das nicht unbedingt.
Außerdem, so Infantino, gebe es leider überall „Idioten“. Man müsse sie bekämpfen. Der Fifa-Präsident hat vermutlich ganz recht, wenn er sagt, dass es an Idioten auch im Fußball nicht fehlt, nur geht es in diesem Fall nicht um Idioten, sondern um Rassisten. Und darum, ob rassistische Beleidigungen, die ein Schiedsrichter entgegen der Regeln durchgehen lässt, nachträglich von der Fifa bestraft werden. Dazu haben sich Infantino und Frau Samoura allerdings nicht geäußert. Auf die Aktivität des Komitees darf man jedenfalls gespannt sein.
