„Hammer-Urteil“ in Italien : Drastische Strafe gegen Juventus Turin verhängt
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Profi bei Juventus Turin: Ángel Di María Bild: AP
Der italienische Fußballrekordmeister ist abermals im Auge der Justiz: Sportrichter sprechen eine heftige Punktstrafe gegen Juventus Turin aus, in einem anderen Fall ermittelt auch die Staatsanwaltschaft.
Heftige Strafe gegen Juventus Turin: Dem italienischen Fußball-Rekordmeister werden wegen Bilanzfälschung 15 Punkte in der laufenden Saison der Serie A abgezogen. Das entschied das Sportgericht des italienischen Verbandes FIGC am Freitagabend. Der einstige Serienchampion soll bei seinen Bilanzen getrickst und dadurch mehr Geld für Transfers zur Verfügung gehabt haben – die Sportrichter gingen mit dem Strafmaß sogar noch weiter als die von Chefankläger Giuseppe Chinè geforderten neun Punkte Abzug.
Juventus kann gegen das Urteil beim Italienischen Olympischen Komitee Coni in Berufung gehen. Das möchte der Verein machen, wie er in der Nacht mitteilte. Sollte die Strafe allerdings bestehen bleiben, haben die Turiner kaum noch Chancen, in der Meisterschaft auf einem Tabellenplatz zu landen, der zur Teilnahme an den Europacup-Wettbewerben berechtigt. Von einem „Hammer-Urteil“ schrieben die italienischen Medien am Freitagabend übereinstimmend.
Juve rutscht vom dritten auf den zehnten Platz ab und hat nun 25 Punkte Rückstand auf Tabellenführer Neapel sowie zwölf Punkte Rückstand auf die Champions-League-Ränge. Die Anwälte des Klubs sprachen von einer „himmelschreienden Ungerechtigkeit“ – vor allem, weil alle anderen in die Causa verwickelten Vereine und deren Funktionäre freigesprochen wurden. Das Turiner Sportblatt „Tuttosport“ titelte am Samstag empört: „Der Ungerechtigkeit wird Genüge getan! Unglaublich!“
Bilanz um 100 Millionen Euro beschönigt
In dem Fall geht es um fingierte Spielerbewertungen. Den Turinern wird vorgeworfen, einigen Profis in der Vergangenheit bewusst falsche Marktwerte zugeschrieben zu haben – allein in den Jahren 2018, 2019 und 2020 soll die Vereinsbilanz so um mehr als 100 Millionen Euro beschönigt worden sein. Das FIGC-Sportgericht hatte Juve und andere Vereine wegen dieser Vorwürfe schon einmal freigesprochen, durch neue Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft wurde das Verfahren aber wieder aufgenommen. Die anderen Klubs wurden nun – anders als Juventus – abermals freigesprochen.
Neben dem Punktabzug wurden auch die ehemaligen Klubbosse individuell bestraft. Der frühere Präsident Andrea Agnelli etwa wurde für zwei Jahre, der ehemalige Vizepräsident Pavel Nedved für acht Monate für jegliche Aktivitäten im italienischen Fußball gesperrt. Der ehemalige Geschäftsführer Fabio Paratici erhielt gar eine Sperre für 30 Monate. Das Gericht wird beantragen, dass die Sperren auch auf europäische und internationale Wettbewerbe ausgeweitet wird. Das könnte vor allem Paratici treffen, der seit 2021 Sportdirektor bei Tottenham Hotspur in England ist. Agnelli und Nedved waren in dieser Woche ohnehin bereits offiziell zurückgetreten.
Der Vorwurf der gefälschten Spielerbewertungen ist nur ein Aspekt, wegen dem Juventus sich vor Gerichten verantworten muss. Dem ehemaligen Serienmeister wird zudem vorgeworfen, in der Corona-Pandemie durch Falschangaben über nicht ausgezahlte Gehälter die Bilanzen gefälscht zu haben. Die Spieler hatten sich damals offiziell bereit erklärt, auf einen Teil ihrer Gehälter zu verzichten als Zeichen der Solidarität mit dem Verein, dem wegen des Lockdowns und der Zuschauerrestriktionen viele Einnahmen wegfielen. Jene nicht gezahlten Gehälter wurden offiziell verbucht – in einem späteren Schritt sollen sie dann aber heimlich den Profis doch wieder ausgezahlt worden sein. In dem Fall ermittelt auch die Staatsanwaltschaft Turin.