Meister Jürgen Klopp : „Ich bin überwältigt, es ist absolut unglaublich“
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Geschafft! Jürgen Klopp wird mit dem FC Liverpool englischer Meister (Bild von Januar 2020). Bild: dpa
Mehr als 30 Jahre nach dem letzten Titel in England wird Liverpool vor dem TV-Bildschirm im Hotel wieder Meister. Jürgen Klopp ist völlig überwältigt von seinen Emotionen – und bricht ein Interview ab.
Um 22.10 Uhr Ortszeit waren 11.016 Tage des Wartens vorbei. Das 1:2 von Manchester City beim FC Chelsea am Donnerstagabend sorgte endgültig dafür, dass der FC Liverpool erstmals seit mehr als 30 Jahren wieder englischer Fußballmeister ist. Wenige Minuten später wurde ein sichtlich angefasster Jürgen Klopp aus einem grauen Konferenzraum eines Hotels ins TV-Studio von Sky Sports geschaltet. „Ich habe keine Worte, es ist absolut unglaublich“, sagte der deutsche Trainer, ausnahmsweise gekleidet mit dem roten Liverpool-Trikot, und fand dann doch noch einige emotionale Sätze.
„Es ist ein unglaublicher Moment, eine sehr aufregende Reise, und das Schöne ist, dass sie noch nicht vorbei ist. Aber jetzt genießen wir einfach nur den Augenblick. Ich hätte nie gedacht, dass ich mich so fühlen würde“, sagte Klopp, der das Spiel gemeinsam mit den Spielern auf der Hotelterrasse verfolgt hatte. „Das ist das Beste, was ich mir vorstellen kann, mehr, als ich mir je erträumt hatte. Was soll ich sagen? Ein unglaublicher Moment. Ich bin total überwältigt.“ Sagte es, hüpfte vom Hocker und brach das Interview ab, bevor ihn die Freudentränen vor einem Millionenpublikum völlig übermannten.
Auch Teamkapitän Jordan Henderson hatte feuchte Augen. „Ich freue mich so sehr für die Jungs, für die Fans, den Klub, die Stadt. Ich bin ein bisschen überwältigt, es ist ein tolles Gefühl. Ich bin einfach so stolz auf das, was wir erreicht haben.“ Vereinslegende Kenny Dalglish, der letzte Trainer, der den Meistertitel holte, hatte bei einer Liveschalte des Senders BT Sport Tränen in den Augen lobte Klopp. „Er ist einfach fantastisch und verkörpert alles, wofür Liverpool steht“, sagte er und scherzte: „Wenn damals jemand gesagt hätte, dass es 30 Jahre dauert, wäre der eingesperrt und gevierteilt worden.“
An der Anfield Road versammelten sich am Abend hunderte Fans und feierten den Titel trotz des Versammlungsverbots in der Corona-Krise. Schon lange vor Abpfiff der Partie in London tauchten in Liverpool die ersten Fans am Stadion auf, schwenkten ihre Fahnen und zündeten rotes Leuchtfeuer. Wegen der Pandemie hatte die Stadt eindringlich vor einer großen Feier vor Ort gewarnt. Auch Klopp mahnte: „Feiert gerne zu Hause mit Bier, aber bleibt zu Hause.“ Die emotionalen Fans hielten sich – natürlich – nicht an die Vorgabe. Auch gab es einige Autokorsos mit Hupkonzert in den Straßen.
Am Vorabend hatte Liverpool eine meisterliche Leistung geboten und Crystal Palace mit 4:0 besiegt. „Ich bin nicht sicher, ob es der beste Fußball war“, sagte Klopp nach dem eigenen Spiel, „aber es war mit Sicherheit der beste Konterfußball hinter verschlossenen Türen, den es je gegeben hat.“ Wie überlegen Liverpool war, zeigt ein statistisches Detail: Als erstes Team seit Datenerfassung (2008) gestattete Klopps Elf dem Gegner nicht eine Ballberührung im eigenen Strafraum. Palace-Trainer Roy Hodgson war tief beeindruckt: „Sie waren exzellent, ihre Einstellung ist eines Champions würdig.“