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IOC kritisiert FIFA-Pläne : Ein heftiger Angriff auf Infantino

Explosive Idee: FIFA-Präsident Gianni Infantino Bild: dpa

Die FIFA denkt an eine Fußball-WM alle zwei Jahre. Vor dem Start der Winterspiele in Peking schlägt das olympische Sportsystem zurück. Der Ton verhärtet sich bei der IOC-Session gegen Gianni Infantino.

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          Der Kampf zwischen Gianni Infantino, dem Präsidenten des Fußball-Weltverbandes (FIFA), und dem olympischen Sportsystem verschärft sich. Bisher hatte das Internationale Olympische Komitee (IOC) nur indirekte Kritik an Infantinos Vorhaben geübt, die Fußball-Weltmeisterschaft künftig alle zwei – statt wie bisher alle vier – Jahre stattfinden zu lassen und damit die FIFA-Kasse mit weiteren Milliarden zu füllen.

          Evi Simeoni
          Sportredakteurin.

          Bei der 139. Vollversammlung am Donnerstag in Peking verhärtete sich der Ton der üblicherweise weichgespülten Mitglieder. Schon der erste Wortbeitrag direkt nach Thomas Bachs Grundsatzrede, auf den der IOC-Präsident geradezu gewartet zu haben schien, zielte auf Infantino. Der Algerier Mahmoud Berraf, Vorsitzender der Vereinigung der Nationalen Olympischen Komitees Afrikas, sagte, dessen Plan „würde den Sport im Allgemeinen und den Fußball im Besonderen beschädigen und in Gefahr bringen“.

          Ohne sie zu erwähnen, nahm Berraf Bezug auf Infantinos Rede jüngst vor dem Europarat in Straßburg. Der Schweizer Top-Funktionär hatte dort, nachdem er seine WM-Idee präsentiert hatte, gesagt: „Wir müssen den Afrikanern Hoffnung geben, damit sie nicht mehr über das Mittelmeer kommen müssen, um vielleicht ein besseres Leben zu finden oder, wahrscheinlicher, den Tod im Meer.“ In einer Erklärung hatte er später einen Zusammenhang mit den WM-Plänen abgestritten.

          „Ein Graben und ein Rückschlag“

          „Die WM alle zwei Jahre würde unsere jungen Afrikaner nicht davon abhalten, sehr gefährliche Reisen zu unternehmen“, sagte Berraf. „Sie würde nicht dabei helfen, Sport in Afrika oder irgendwo anders zu promoten.“ Und das war noch nicht alles. Andere Sportarten würden in den Hintergrund gedrängt. Die Fußball-WM im Zweijahrestakt „würde einen Graben aufreißen zwischen Männer- und Frauensport, es wäre ein Rückschlag für all unsere Bemühungen um Gleichberechtigung in allen Sportarten“.

          Nenad Lalović, der imposante Präsident des Ringer-Weltverbandes und Vorstandsmitglied der Vereinigung der olympischen Sommersportarten, forderte sinngemäß, dass die FIFA eine Entscheidung von solcher Tragweite nicht ohne Konsultation mit anderen Sportarten treffen dürfe. Und der Südkoreaner Ryu Seung-min, IOC-Athletensprecher und Tischtennis-Olympiasieger von 2004, erklärte: „Die WM alle zwei Jahre würde anderen Sportarten die Aufmerksamkeit der jungen Fans und das Geld wegnehmen.“ Und ergänzte: „Sport ist für alle, und wir brauchen mehr Solidarität unter den Sportarten.“ Schließlich wies er auf die mögliche Überlastung der Spieler hin, auf die Gefahr von Burnout und schweren Verletzungen.

          Es hätte noch länger so weitergehen können, hätte Bach nicht eingegriffen, indem er darauf hinwies, dass IOC-Mitglied Infantino seine Reise nach Peking am Dienstag abgesagt habe. Bach bot an, „aus Respekt vor dem Kollegen“ die Argumente der Session an ihn weiterzugeben. Infantino habe, erklärte Bach später vor der Presse, wegen der Pandemie abgesagt und die hybrid abgehaltene Session in Kamerun am Bildschirm verfolgt. Dort habe er das Halbfinale im Afrika Cup of Nations verfolgt.

          Infantino dürfte noch einmal aufgehorcht haben. Als der Österreicher Karl Stoss, Chef der IOC-Programmkommission, die bisher 28 Sportarten für die Spiele 2028 in Los Angeles zur Absegnung vorstellte, war Fußball, anders als die unter Bewährung gestellten Sportarten Boxen, Gewichtheben und moderner Fünfkampf, zwar dabei. Aber, sagte Stoss gleich zweimal, die Exekutive des IOC werde „weiterhin die Entwicklung des internationalen Spielplans verfolgen und seine Auswirkung auf die olympische Bewegung“. Kurz zuvor hatte Bach – anlässlich des beginnenden chinesischen Jahres des Tigers – eines seiner allseits beliebten Bonmots platziert: „Wenn ein Tiger dir seine Zähne zeigt, muss das nicht unbedingt ein Lächeln sein.“

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