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Innenminister Friedrich : „Fußball nicht mit Drohungen überziehen“

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Innenminister Hans-Peter Friedrich: „Ich möchte, dass das Fußballerlebnis für alle - für Jung und Alt, für Familien und für Fans - erhalten bleibt“

Innenminister Hans-Peter Friedrich: „Ich möchte, dass das Fußballerlebnis für alle - für Jung und Alt, für Familien und für Fans - erhalten bleibt“ Bild: dpa

Nach dem Votum der 36 Profiklubs für das umstrittene Sicherheitspapier der DFL geht die Diskussion weiter. Innenminister Hans-Peter Friedrich sieht den Fußball im F.A.Z.-Gespräch auf dem richtigen Weg. Der Staat soll aber am Ball bleiben.

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          Der Präsident der Deutschen Fußball Liga (DFL), Rauball, hat nach der Verabschiedung des Sicherheitskonzepts durch die 36 Profiklubs gesagt, die Kostenbeteiligung des Fußballs an Polizeieinsätzen sei vom Tisch. Täuscht sich Rauball da vielleicht?

          Aus meiner Sicht gibt es eine klare Arbeitsteilung im Fußball zwischen Verbänden und Politik: Die Vereine haben die Aufgabe, im Stadion für Sicherheit und Ordnung zu sorgen. Vor allem aber müssen sie den präventiven Bereich der Fanbetreuung finanziell übernehmen. Die staatliche Seite ist für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zuständig, wie in anderen Bereichen auch. Die Vereine bekennen sich eindeutig zu ihren finanziellen Verpflichtungen bei Stadionsicherheit und Fanbetreuung. Das begrüße ich außerordentlich.

          Stehplatzverbote waren das andere Thema, das den Fußball bedrängt hat. Falls weiter Gewalt im Fußball ausgeübt wird oder Pyrotechnik in den Kurven brennt - ist das Stehplatzverbot immer noch eine Option der Politik?

          Ich möchte, dass das Fußballerlebnis für alle - für Jung und Alt, für Familien und für Fans - erhalten bleibt. Das ist mein Anliegen, nichts anderes. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir frühzeitig dafür sorgen, dass Gewalt nicht so ausufert, dass man sie am Ende nicht mehr eindämmen kann. Deswegen steht für uns fest: Wir müssen jetzt in dieser Phase dafür sorgen, dass Ruhe und Ordnung eingehalten werden. Natürlich gehört Fankultur zum Fußball. Auch ich will die besondere Stimmung in deutschen Stadien so weit wie möglich bewahren. Aber es gibt eben absolute Grenzen, die nicht überschritten werden dürfen. Es ist prima, dass die DFL und die Vereine mit dem Sicherheitskonzept klargemacht haben, dass sie dies genauso sehen. Insofern sollte man den Fußball jetzt nicht mit weiteren Drohungen überziehen.

          DFL-Präsident Rauball hat durch das Drängen und die Drohungen der Politik zuletzt die Verbandsautonomie gefährdet gesehen - Sie auch?

          Nein. Alle Vereine, mit denen ich gesprochen habe, haben erkannt, dass es uns darum geht, das Fußballerlebnis gemeinsam mit ihnen zu schützen. Deswegen sind wir bisher mit den Vereinen immer sehr schnell zu guten Ergebnissen gekommen, sei es bei der „Task Force“, sei es bei runden Tischen. Es geht darum, das Gemeinschaftserlebnis Fußball zu schützen. Daher wussten Verbände und Vereine immer, dass unser Wirken auch zu ihren Gunsten ist. Ich sehe in der Annahme des Sicherheitskonzepts daher eine Bestätigung, dass die Vereine erkennen, dass wir mit ihnen zusammenarbeiten wollen.

          Welcher Zustand muss in und um die Stadien erreicht sein, damit die Politik zufrieden ist - und die politische Diskussion nicht wieder entbrennt?

          Wir wissen alle, dass dort, wo Menschen zusammenkommen, Dinge aus den Fugen geraten können. Das ist nicht nur ein Phänomen im Fußball. Zurzeit erleben wir aber, dass es dort ausartet. Züge und öffentliche Einrichtungen werden auf dem Weg zu und aus den Stadien zerstört. Das muss zumindest wieder auf ein erträgliches Maß zurückgeführt werden, das wir in allen anderen Bereichen auch haben.

          Gewalt wird nicht vollständig verschwinden.

          Es ist nicht akzeptabel, dass wir jedes Wochenende Tausende von Polizisten einsetzen müssen. Der Beschluss von Mittwoch stimmt mich aber optimistisch. Was uns jetzt entscheidend weiterbringen würde, wäre, wenn die 99,9 Prozent der Fans auf dem Weg zu den Stadien die wenigen, die sich nicht an die Ordnung halten und gewalttätig sind, isolieren. Dann hätten wir schon viel erreicht.

          Erwarten Sie, dass nun die Einsatzzeiten bei Polizeibeamten an Wochenenden zurückgehen werden?

          Ich bin ja für die Bundespolizei zuständig, und da haben wir schon eine sehr starke Belastung unserer Beamten an den Wochenenden in den Zügen und auf den Bahnhöfen. Ich hoffe, dass die extreme Belastung in der Zukunft wieder abnimmt.

          In der vergangenen Woche fand ein von der Deutschen Bahn organisierter Fan-Gipfel in Frankfurt statt. Dort gab es Ansätze im Dialog zwischen Fans, Politik, Bundespolizei und Bahn.

          Das ist ohne Zweifel eine positive Entwicklung. Wir wollen keine Konfrontation - nicht mit Verbänden, Fans oder der Bahn. Wir wollen gemeinsame Lösungen finden. Am Ende geht es doch darum, dass der für alle so faszinierende Fußball erhalten bleibt. Es ist gut, dass es zum Dialog kommt und gemeinsame Lösungen gesucht werden. Manches kostet auch Geld, und da muss man darüber reden, wer zahlt. Aber wenn es hilft, dann hat man dem Fußball, dem Stadionerlebnis und am Ende auch den Jugendlichen geholfen.

          Es heißt mittlerweile, Fußballstadien seien die größten Jugendhäuser im Land.

          Die Fanprojekte sind ein wichtiger Beitrag, den die Fußballverbände leisten. Das erkenne ich an.

          Es gibt die Forderung der Innenminister an die Verbände, ihren Beitrag von drei auf zehn Millionen Euro an den Fanprojekten aufzustocken. Gleichzeitig droht sich der Staat aus der Finanzierung zurückzuziehen. Dann würde Jugendarbeit privatisiert, die Unabhängigkeit der Fanprojekte gegenüber den Jugendlichen wäre nicht mehr vorhanden.

          Es stimmt schon, dass wir dort einen fließenden Übergang zur allgemeinen Jugendarbeit haben. Das wird man berücksichtigen müssen.

          Waren Sie eigentlich selbst mal in der Fankurve?

          Als Jugendlicher habe ich die Heimspiele von Bayern Hof in der Fankurve verbracht. Die Karte hat eine Mark gekostet. Etwas anderes konnte ich mir gar nicht leisten.

          Das Gespräch führten Michael Horeni und Michael Reinsch.

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