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Frauenfußball : Männer statt Frauen: Kellermann für Tabubruch

Am Boden: Der erfolgsverwöhnte VfL Wolfsburg mit Verena Faißt scheitert im DFB-Pokal Bild: AP

Erstmals seit zwei Jahren scheitern die Fußballfrauen des VfL Wolfsburg in einem Wettbewerb vorzeitig. Nach der Niederlage im Pokal-Achtelfinale fordert Trainer Kellermann eine Schiedsrichterdiskussion.

          2 Min.

          Viele packende Spitzenspiele kennt der deutsche Frauenfußball nicht. Und so passte es für die zarten Versuche einer besseren Vermarktung des Vereinsfußballs, dass am weitgehend fußballfreien Samstag im DFB-Pokal-Achtelfinale mit dem FFC Frankfurt und dem VfL Wolfsburg die derzeit vielleicht besten deutschen Teams ihre Kräfte maßen. 2200 Stadionbesucher und die Zuschauer der Fernseh-Live-Übertragung konnten sich beim 1:0-Sieg des Bundesliga-Ersten gegen den Triple-Sieger aus Niedersachsen davon überzeugen, dass es sportlich vorangeht. Wohl noch nie haben sich zwei deutsche Klub-Teams derart laufstark und mit gutem Gegenpressing so intensiv beharkt wie am Wochenende, als ein Tor der früheren Nationalspielerin Kerstin Garefrekes die Partie für die Hessen entschied (54. Minute).

          Daniel Meuren
          Redakteur in der Rhein-Main-Zeitung.

          Aber letztlich blieb neben einem verdienten Sieg vor allem der schlechte Eindruck des Schiedsrichterinnen-Gespanns um Christine Baitinger haften. „Die Teams sind so eng aneinandergerückt, dass es auf Nuancen ankommt“, sagte der Wolfsburg Trainer Ralf Kellermann anschließend und hob zu einer generellen Kritik am Schiedsrichterwesen an. Im konkreten Fall bemängelte er zurecht, dass das Referee-Gespann zwei Elfmeter für sein Team nicht erkannt habe, „obwohl das ganze Stadion das Handspiel von Peggy Kuznik und das Foul gesehen hat, nur eben Schiedsrichterin und Assistentinnen nicht“. Kellermann forderte, wieder über männliche Schiedsrichter nachzudenken. In der Frauen-Bundesliga und im Pokalwettbewerb pfeifen seit langem ausschließlich Frauen, um das Bemühen um Selbständigkeit zu unterstützen.

          Die Bundesligavereine müssen deshalb mit Qualitätsmängeln leben, da der Unterbau mit einem geringen Anteil an weiblichen Referees noch lange nicht eine ähnliche Leistungsdichte vorweisen kann wie bei den Männern. Die mittlerweile fast ausschließlich im männlichen Profifußball eingesetzte Bibiana Steinhaus ist dabei eine der wenigen Ausnahmen. Für Kellermann ist dieser Zustand nun nicht mehr tragbar. „Wir haben immer mehr Vereine, die viel investieren, die Tag und Nacht arbeiten. Aber die Entwicklung speziell an der Linie hält dem nicht stand“, klagte er. „Natürlich passieren immer wieder Fehler und deshalb attackiere ich auch nicht speziell eine Schiedsrichterin. Mir geht es ums Prinzip, dass wir mal nachdenken müssen.“

          Danner widerspricht

          Wegen der Häufung vergleichbarer Fehler sieht Kellermann die Zeit gekommen, mit einem Tabu zu brechen. Bislang wurde nur hinter vorgehaltener Hand darüber gesprochen, durch Einsätze männlicher Schiedsrichter die Qualität und auch den Konkurrenzdruck für die Frauen zu erhöhen: „Auf unseren jährlichen Bundesligatagungen war ich dann aber der einzige, der das Thema mal ansprach“, sagte auch der Frankfurter Klub-Präsident Bodo Adler. „Aber dann hat der DFB das abgewiegelt mit dem Verweis auf den stets positiven Jahresbericht des Schiedsrichterwesens.“

          Karin Danner, Managerin der Frauen von Bayern München, kann die Kritik beim Blick in die Vergangenheit grundsätzlich nachvollziehen, widerspricht ihren männlichen Kollegen dennoch. „Ich sehe eine Entwicklung, vor allem auch seitdem der DFB vermehrt feste Gespanne einsetzt“, sagte sei. „Ich fände es deshalb ein falsches Zeichen für den Frauenfußball, wenn man nun männliche Schiedsrichter ins Spiel brächte. Wichtiger ist, dass man die finanziellen Bedingungen schafft für eine bessere Vorbereitung der Unparteiischen.“

          Schiedsrichterkritiker: Ralf Kellermann (l.) ist sich vermutlich auch beim Thema Unparteiische mit Potsdams Trainer Bernd Schröder einig
          Schiedsrichterkritiker: Ralf Kellermann (l.) ist sich vermutlich auch beim Thema Unparteiische mit Potsdams Trainer Bernd Schröder einig : Bild: dpa

          Bislang werden die Frauen nur mit einem Bruchteil dessen entlohnt, was im männlichen Profifußball zu verdienen ist. Immerhin aber hat der Verband die Fortbildung verbessert, indem regelmäßig ehemalige Bundesliga-Schiedsrichter als Beobachter zu den Frauen-Spielen reisen. In Frankfurt scheint es dabei einigen Gesprächsbedarf gegeben zu haben. Das Unparteiischen-Trio stand auch lange nach Abpfiff nicht für Fragen zur Verfügung.

          Ergebnisse Achtelfinale im DFB-Pokal

          FFC Frankfurt - VfL Wolfsburg 1:0 (0:0)
          1. FC Köln - Bayern München 2:0 (0:0)

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