Gipfeltreffen im Frauenfußball : Es knallt auf höchstem Niveau
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Überragend: Alexandra Popp macht es gegen PSG mit Köpfchen. Bild: AFP
Defensivkraft des FC Bayern gegen Offensivfreude des VfL Wolfsburg: Im deutschen Frauenfußball geht es um die Vormachtstellung – bis hin zur Champions League.
Wer das letzte deutsche Siegerteam in der Champions League der Frauen war? Tatsächlich der inzwischen aufgelöste 1. FFC Frankfurt im Jahr 2015. Es war das letzte Hurra eines reinen Frauenfußballvereins auf internationaler Ebene. In der Bundesliga teilen sich der VfL Wolfsburg (sieben Titel) und Bayern München (drei) seit einer Dekade die deutschen Meisterschaften auf. Der Wolfsburger Trainer Tommy Stroot erkennt eine „extreme Vorreiterrolle der beiden Vereine“.
Und leitet den Anspruch und Ehrgeiz ab, dass das direkte Duell an diesem Samstag (17.55 Uhr in der ARD) eine attraktive Leistungsschau auf großer Bühne ergibt. „Ein Spiel auf höchstem Niveau, in dem verschiedene Ansätze aufeinander knallen“, so Stroot. Mit einem möglichen Ausgang, der den „Wölfinnen“ einen schwer einholbaren Vorsprung im Titelrennen bescheren kann: Der Tabellenführer aus Niedersachsen reist sieben Spieltage vor Saisonende mit zwei Punkten Vorsprung nach München.
International abgehängt?
Ummantelt ist das nationale Gipfeltreffen für beide Teams von ihren Aufgaben im Champions-League-Viertelfinale. Acht Tage, in denen beide nicht nur ihre eigenen Ambitionen bekräftigen, sondern auch Argumente schaffen könnten in der Diskussion, ob der deutsche Vereinsfrauenfußball international abgehängt wird oder schon ist. Im Europapokal waren die beiden deutschen Vormächte in den vergangenen beiden Jahren ein Stück weit entfernt davon, dem FFC auf dem europäischen Thron nachzufolgen.
In der vorigen Saison war der VfL im Halbfinale chancenlos gegen den FC Barcelona, und für den FCB war im Viertelfinale gegen Paris Saint-Germain Endstation. Im Jahr 2021 war es andersherum: Die Münchnerinnen mussten im Halbfinale, die Wolfsburgerinnen im Viertelfinale passen.
Nach den Hinspielen in der Runde der letzten Acht in dieser Woche stehen die Chancen gut, dass sich die Rivalinnen im Halbfinale im nächsten direkten Duell treffen. Das Aufeinandertreffen im DFB-Pokal-Halbfinale ist schon terminiert für Mitte April. Weder der Münchner 1:0-Heimsieg gegen Arsenal am Dienstag noch der Wolfsburger 1:0-Erfolg in Paris am Mittwoch entsprangen indes vollends überzeugenden Auftritten.
Die Münchnerinnen mussten vor 20.000 Zuschauern in der großen Arena eine große Portion Glück und die besonderen Dienste von Lea Schüller in Anspruch nehmen. Die Nationalstürmerin erzielte vor der Pause gekonnt das Tor des Abends und verhinderte nach der Pause zwei Mal in höchster Not am eigenen Tor den Ausgleich. Man habe „teilweise um das Gegentor gebettelt“, bemängelte Schüller trotz der bemerkenswerten Serie von nunmehr 14 Pflichtspielsiegen in Serie.
Wer sah, welch Sturm und Drang die Britinnen in München zu entfachen vermochten, weiß um den schweren Gang in London in der kommenden Woche. Der Norweger Alexander Straus, der zu Saisonbeginn das Traineramt übernahm, betonte die „herausragende Verteidigung“ seiner FCB-Spielerinnen. Die ist zum Markenzeichen der Bayern in dieser Spielzeit geworden: In der Liga kassierten sie bislang nur vier Gegentreffer – zwei davon bei der 1:2-Hinrundenniederlage in Wolfsburg. So wird das Spitzenspiel zum einen ein Duell der Nationalstürmerinnen Schüller (neun Tore) und Alexandra Popp (zwölf), zum anderen ein Wettstreit zwischen bayrischer Defensivkraft und Wolfsburger Offensivfreude.
„Alle drei Tage Vollgas“
Von dieser war aber während der Partie in Paris nichts zu sehen. Im Wolfsburger Spiel waren die Grenzen zwischen Passivität und Seriosität irgendwie fließend. Ein nach Eingriff des Videoschiedsrichters verhängter, noch mit Gelb-Rot für die Pariserin de Almeida bestrafter und von Dominique Janssen verwandelter Handelfmeter (62. Minute) brachte dem VfL eine kommode Ausgangslage für das Rückspiel daheim. Nun werden die Grün-Weißen bei dem Liga-Topduell am Samstag einen Tag weniger Regenerationszeit und eine eng getaktete (Flug-)Reisetätigkeit in den Beinen haben.
Wohingegen die Bayerinnen die acht Tage mit drei Topspielen mit zwei Heimpartien beginnen. „Wir sind in mit dieser Truppe in der Lage, alle drei Tage Vollgas zu geben. Das darf kein Faktor sein“, sagt der Wolfsburger Coach Stroot, der zwar ein Starensemble anleitet, in dem aber eine Spielerin besonders unersetzlich erscheint: Lena Oberdorf. Die zentrale Mittelfeldspielerin spielte in Paris trotz einer wenige Tage zuvor erlittenen Verstauchung des Kniegelenks 80 Minuten und wird dies wohl auch in München tun. Oberdorfs Anwesenheit kann bei den bei Ligaspitzenspielen traditionell auf den Punkt topfitten Wolfsburgerinnen den Unterschied ausmachen. Um zu verhindern, dass die Bayern an die Spitze stürmen und die Vorzeichen im Titelkampf zu ihren Gunsten wenden. Und dann in der Champions League. Und dann im DFB-Pokal.