https://www.faz.net/aktuell/sport/fussball/fc-suedtirol-hat-klassenerhalt-in-italiens-fussballliga-serie-b-schon-sicher-18724046.html

Südtirol überrascht in Italien : Der FC Maximum und ein heldenhafter Fan

Viele Fans begleiten den FC Südtirol nicht, manchmal ist es gar nur einer. Bild: picture alliance / Live Media

Der FC Südtirol ist die Überraschungsmannschaft der italienischen Serie B. Das Land staunt über den starken Aufsteiger, der Verein dient als „Integrationsmotor“. Und dann ist da noch Damian Gruber.

          3 Min.

          Am Mittwoch passierte der FC Südtirol beim Auswärtsspiel gegen Benevento Calcio einen Meilenstein. Es war das insgesamt 27. Spiel für den Aufsteiger in der Serie B, der zweithöchsten italienischen Fußball-Profiliga. Elf Spiele stehen bis zum Saisonende am 19. Mai noch aus. Bei dem Traditionsklub nahe Neapel, der immerhin schon zwei Spielzeiten in der Serie A, dem Oberhaus des italienischen Profifußballs absolviert hat, siegten die Kicker aus Bozen mit 2:0 Toren.

          Matthias Rüb
          Politischer Korrespondent für Italien, den Vatikan, Albanien und Malta mit Sitz in Rom.

          Der FC Südtirol belegt mit nun 44 Punkten und 30:27 Toren den vierten Rang. Das Ziel Klassenverbleib ist damit erreicht, obwohl erst drei Viertel der Spielzeit absolviert sind. Die Stimmung bei Mannschaft und Betreuern war nach dem Auswärtssieg Mitte der englischen Woche begeistert. „Wir werden wohl kaum noch unter den Strich rutschen“, sagte Trainer Pierpaolo Bisoli in Benevento. Tatsächlich ist der Vorsprung von 18 Zählern auf die Abstiegsränge beruhigend. „Heute können wir sagen, dass uns die Serie B keiner mehr nehmen wird. Wir sind gerade dabei, ein Märchen zu schreiben“, fuhr Bisoli fort, der für seinen überaus vorsichtigen Blick in die Zukunft bekannt ist.

          Nach oben sind es nur vier Punkte

          Deshalb wollte Bisoli, der den Aufsteiger Anfang September nach einem gründlich missratenen Saisonstart mit drei Niederlagen als Schlusslicht übernommen hatte, auch nicht „nach oben“ schauen. Dabei beträgt der Rückstand auf den zweiten Platz, der den direkten Aufstieg und damit den Durchmarsch in die Serie A bedeuten würde, derzeit gerade einmal vier Zähler.

          Anders als in Deutschland wird in Italien der dritte Auf- beziehungsweise Absteiger nicht zwischen dem Drittletzten der ersten und dem Dritten der zweiten Liga ausgespielt. Vielmehr steigen stets drei Mannschaften aus der Serie A ab, während der letzte Aufstiegsplatz in die Serie A in einer Play-off-Serie zwischen den Teams auf den Rängen drei bis acht der Serie B ausgespielt werden.

          Das „Polster“ des FC Südtirol zum neunten Rang beträgt zur Zeit sieben Punkte. Der Neuling in der Serie B könnte zum Abschluss seiner ersten Saison überhaupt in der zweithöchsten Spielklasse tatsächlich Ende Mai gleich um den Aufstieg in die Serie A mitspielen. „Am Ende der Saison werden wir feiern, auch wenn wir Neunter werden“, sagt der notorisch nüchterne Trainer Bisoli.

          Das Südtiroler Wochenmagazin „ff“ hat den Bozener Klub kürzlich „FC Maximum“ getauft, weil kein anderer Verein in der Serie B aus seinen finanziellen Mitteln so viel herausgeholt hat. Danach hat der Klub für jeden Punkt etwa 390.000 Euro ausgegeben, wenn man die erreichte Punktezahl ins Verhältnis zum Kaderwert gemäß transfermarkt.com setzt. Bei den Absteigern aus der Serie A wie CFC Genua, Cagliari Calcio und FC Venedig schlagen nach dieser Rechnung pro Punkt zwischen 1,9 und 2,4 Millionen zu Buche.

          Zur überaus effizienten Einkaufspolitik der Vereinsführung Geschäftsführer Dietmar Pfeifer und Klubmanager Hannes Fischnaller sowie dem Trainerstab kommt die Spielweise der Mannschaft unter Cheftrainer Bisoli. In Benevento hatte der Gastgeber 72 Prozent Ballbesitz, brachte aber keinen nennenswerten Abschluss zustande. Es war das fünfte Auswärtsspiel in Serie, welches die Hintermannschaft der Rot-Weißen aus Bozen ohne Gegentor überstand. Umgekehrt nutzt der FC Südtirol seine wenigen Chancen mit einer Effizienz, die von den Medien als „brutal“ beschrieben wird.

          Damian Gruber als einziger Fan

          Inzwischen geht den Fußballreportern in ganz Italien der Vereinsname der Sensationsmannschaft aus Bozen locker über die Zunge, freilich als „FC Sudtirol“ statt mit dem sonderbaren Umlaut. Dass man dem Klub aus der überwiegend deutschsprachigen Nordprovinz nach dem Aufstieg in die Serie B, um der nationalen Akzeptanz willen, einen italienischen Namen geben müsste, etwa „FC Alto Adige“, wie Südtirol offiziell auf Italienisch heißt, ist längst kein Thema mehr. In der Provinzhauptstadt Bozen ist der Verein ohnedies seit langem ein „Integrationsmotor“ zwischen der deutschen und der italienischen Sprachgruppe. Und in ganz Italien mehrt der famose „FC Sudtirol“ den guten Ruf Südtirols zusätzlich.

          Dazu passt die Geschichte von Damian Gruber aus Bozen. Der war am Mittwoch als einziger Anhänger des FC die rund 850 Kilometer zum Auswärtsspiel gereist: zunächst mit dem eigenen Auto nach Bergamo, von dort mit dem Flugzeug nach Neapel und schließlich mit dem Mietwagen nach Benevento. Nachdem die Bilder von dem treuen Fan mit dem rot-weißen Schal im gähnend leeren Gästeblock im Stadio Ciro Vigorito viral gegangen waren, erhielt Gruber von der italienischen Fußballpresse den Ritterschlag zum „tifoso eroico“ (heldenhaften Anhänger).

          In einem Gespräch mit dem Sender „Sportitalia“ pries der Angestellte seinen Chef, der ihm auch unter der Woche frei gebe, wenn ein Auswärtsspiel des FC anstehe. Von den siegreichen Spielern wurde Gruber nach dem Schlusspfiff reich mit Trikots beschenkt, und auch die Tifosi von Benevento Calcio zollten dem einsamen Fan höchsten Respekt mit einem Transparent mit der Aufschrift „Onore a chi macina km“ (etwa: Ehre dem, der Kilometer frisst).

          An diesem Sonntag (15.00 Uhr) empfängt der FC Südtirol die AC Perugia. Das heimische Drusus-Stadion hat eine Kapazität von 5500 Sitzplätzen, davon 600 im Gästeblock. Und was, wenn in der nächsten Saison Juventus aus Turin, Inter und Milan aus Mailand sowie Lazio und die AS Roma aus der Hauptstadt kommen?

          Weitere Themen

          Topmeldungen

          Die Polizei und die Demonstranten treffen aufeinander bei der Demo gegen das Demonstrationsverbot zur Solidarisierung mit Lina E.

          Am „Tag X“ : Stellungskrieg im Leipziger Süden

          Am lange angekündigten „Tag X“ kommt es zum Stellungskrieg zwischen Polizei und Linksradikalen – rund 1500 Menschen versammeln sich in Leipzig. Eine richtige Demonstration ist es aber nicht.
          Olaf Scholz auf dem Gipfel der Europäischen Politischen Union in der Republik Moldau, einen Tag, bevor die AfD in einer Umfrage mit seiner SPD gleichzog.

          Olaf Scholz und die AfD : Kanzler des Streits

          Mit einer Politik des Respekts wollte Olaf Scholz die AfD kleinmachen. Jetzt sind die Extremisten in den Umfragen so stark wie selten zuvor. Wie konnte es so weit kommen?
          Uwe Rathausky, Marcus Hüttinger und Henrik Muhle (v.l.) leiten gemeinsam die Gané AG.

          Fondsanlage : Drei Mann, sieben Milliarden Euro

          Das schafft nicht jeder: Im beschaulichen Aschaffenburg gründen Freunde eine Investmentgesellschaft – mitten in der Finanzkrise 2008. Sie sammeln von Sparern Milliarden ein. Dabei hilft ihnen eine gewisse Sturheit.

          Newsletter

          Immer auf dem Laufenden Sie haben Post! Die wichtigsten Nachrichten direkt in Ihre Mailbox. Sie können bis zu 5 Newsletter gleichzeitig auswählen Es ist ein Fehler aufgetreten. Bitte versuchen Sie es erneut.
          Vielen Dank für Ihr Interesse an den F.A.Z.-Newslettern. Sie erhalten in wenigen Minuten eine E-Mail, um Ihre Newsletterbestellung zu bestätigen.