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FC Nordsjælland : Aus dem Knast in die Königsklasse

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Das ist die Krönung: FC Nordsjællands Spieler mit dem Meisterpokal 2012

Das ist die Krönung: FC Nordsjællands Spieler mit dem Meisterpokal 2012 Bild: dpa

Peter Brixtofte brachte den FC Nordsjælland groß heraus. Doch der Gründervater nutzte dazu einige kriminelle Energie. Trotzdem spielt der dänische Meister nun in der Champions League.

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          An Selbstvertrauen hat es Peter Brixtofte nie gefehlt. An Humor auch nicht. „Wahrscheinlich kritisieren sie mich jetzt dafür, dass ich damals kein Stadion für 40.000 Leute haben bauen lassen“, scherzt Brixtofte. 40.000 Fußballfans werden am Dienstag in Kopenhagen erwartet, um Brixtoftes Klub in der Champions League gegen den Titelverteidiger FC Chelsea spielen zu sehen. Brixtoftes Klub? Das ist der FC Nordsjælland eigentlich nicht mehr. Andere haben übernommen. Doch Brixtofte ist der Gründervater dieses Vereins aus der Gemeinde Farum im Norden Kopenhagens, er ist die graue Eminenz.

          Natürlich wird der 62 Jahre alte ehemalige Bürgermeister Farums, früher einer der schillerndsten Kommunalpolitiker Dänemarks, an diesem Dienstag von seinem Wohnort die dreißig Minuten nach Kopenhagen fahren, um dem dänischen Meister in der Partie gegen den Titelverteidiger zuzuschauen (20.45 Uhr / Live im Champions-League-Ticker bei FAZ.NET).

          Das eigene Stadion Farum Park fasst nur 10.000 Zuschauer - wobei „nur“ ein Attribut war, das bei der Inbetriebnahme 1999 keinem in den Sinn gekommen war: Bürgermeister Brixtoftes liebstes Spielzeug war Farum BK, der Vorgängerverein des FC Nordsjællands. Dort gab er den Klubpräsidenten. Für das damals drittklassige Farum ließ Brixtofte eine moderne, vergleichsweise große Arena aus Steuergeldern bauen - und erntete Spott und Kritik der Nachbargemeinden.

          In den Steuertopf gegriffen

          Dass Farum respektive Nordsjælland dieser Arena einmal entwachsen würde, behauptete Brixtofte vor genau zehn Jahren. Da kündigte er der staunenden dänischen Fußballöffentlichkeit an, sein Klub werde bald in der Champions League spielen. 2002 hatte Farum in der zweithöchsten dänischen Spielklasse kaum 1000 Zuschauer. Das Filmchen seiner vollmundigen Rede ist in diesen Tagen häufig im dänischen Fernsehen zu sehen gewesen, denn er hat ja recht behalten: Zur Partie gegen Chelsea zieht Nordsjælland in das dänische Nationalstadion „Parken“ um. Es wird ein großer Tag für Peter Brixtofte.

          2002 aber, als der damals 52 Jahre alte Macher den Mund so voll nahm, begann sein Absturz. Zwar stieg Farum in die erste dänische Liga auf, doch warf einer der größten dänischen Politikskandale der Nachkriegszeit einen dunklen Schatten auf den Klub und seinen Boss: Brixtofte hatte seine Macht als Bürgermeister missbraucht, um ein Netz von Koppelgeschäften auszubreiten.

          Er verschaffte Firmen kommunale Aufträge zu Mondpreisen, wenn sie versprachen, seinem Verein Geld zu geben. Als zum Beispiel die örtliche Sporthalle renoviert werden musste, bekam das Unternehmen Skanska den Zuschlag. Brixtofte griff in den Steuertopf, zahlte Skanska viel mehr, als die Renovierung branchenüblich hätte kosten müssen.

          Dafür revanchierte sich die Firma mit einem üppigen Sümmchen. Als ein solcher Sponsor war Skanska war kein Einzelfall. BK Farums Aufstieg war auf Betrug aufgebaut. Weil Brixtofte schon vorher durch seinen üppigen Repräsentationsstil aufgefallen war und man sich fragte, woher das Geld kam, begannen Kopenhagener Zeitungen zu recherchieren und verhalfen der Wahrheit in der „Sponsoren-Affäre“ ans Licht: Brixtofte wurde 2006 von einem Gericht wegen grober Untreue zu zwei Jahren Gefängnis ohne Bewährung verurteilt. Da war Brixtofte längst als Farums Präsident und Mitglied der liberalen dänischen Partie Venstre zurückgetreten. Am 6. August 2008 trat Brixtofte seine Gefängnisstrafe an.

          Nicht besonders beliebt

          Heute hat Brixtofte weder Posten bei den Liberalen noch beim FCN inne. Er will die Vergangenheit ruhenlassen - spricht weder über den Fall noch die Haft -, scheint aber uneinsichtig. Der kritischen dänischen Tageszeitung „Information“ sagte er ein paar Tage vor der ersten dänischen Meisterschaft Nordsjællands im Mai: „Ich bereue nichts. Im Leben hat man nur ein paar Chancen - wenn man sie nicht nutzt, wird es nie was.“

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          Die Premiere ging daneben: Gegen Donezk verloren die Dänen in den blauen Trikots 0:2 : Bild: dpa

          Aus dem, was Brixtofte in Farum mit krimineller Energie schuf, ist die größte Überraschung des dänischen Fußballs geworden. Seit 2003 heißt der Klub FC Nordsjælland, um nicht mehr mit den alten Machenschaften in Verbindung gebracht zu werden. Nordsjælland ist die Region, in der Farum liegt. Mit der Umbenennung kam die Neuausrichtung auf junge Spieler der Region; der FCN versteht sich nicht als Verein Farums, sondern des Großraums Nordkopenhagen.

          Mehr als 70 Klubs des Gebietes fühlen sich dem Projekt FCN zugehörig und leisten vorbildliche Jugendarbeit für den Gesamtverein. So standen in Trainer Kasper Hjulmands Meistermannschaft sieben dänische Stammspieler - ungewöhnlich viele in einer Liga, die auf skandinavische und afrikanische Legionäre setzt. In Dänemark gilt der FCN immer noch als Nobody-Truppe, zumal mit Andreas Bjelland (Enschede) und Tobias Mikkelsen (Fürth) die beiden besten Spieler verkauft wurden.

          Beim FCN verdreht man die Augen, wenn die Sprache auf Brixtofte kommt. Der Verein will von seiner Vergangenheit nichts wissen und hat sich mit der ersten Meisterschaft, die durch attraktiven Angriffsfußball erspielt wurde, Ansehen erworben - auch wenn der junge Klub beim Anhängerzuspruch deutlich hinter den Platzhirschen FC Kopenhagen und Brøndby IF steht. Besonders beliebt ist Nordsjælland in der dänischen Fußballöffentlichkeit weiterhin nicht: Für sie bleibt der FCN Brixtoftes Baby.

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