Fall Hoeneß : Strafverfolger suchen nach dem Maulwurf
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Uli Hoeneß Bild: AFP
Journalisten legten Uli Hoeneß ein Dokument aus seiner Steuerakte vor. Wer leitete das interne Schriftstück weiter? Die Münchner Staatsanwaltschaft durchsucht nun bayerische Finanzbehörden.
Gut sechs Wochen vor Beginn des Steuerstrafprozesses gegen Uli Hoeneß hat die Staatsanwaltschaft München I am Donnerstag zwei Finanzbehörden in Bayern durchsucht. Zu den Razzien kam es in der für Hoeneß zuständigen Finanzbehörde im oberbayerischen Miesbach sowie im Rechenzentrum des Landesamtes für Finanzen in Nürnberg. Offenbar stehen dort Mitarbeiter im Verdacht, das Steuergeheimnis des Angeklagten verletzt zu haben. Zwei Staatsanwälte, mehrere Beamte des Landeskriminalamts und EDV-Spezialisten waren im Einsatz, weil Unterlagen aus Hoeneß’ Steuerakte in die Hände von Journalisten gelangt sein sollen.
Vorausgegangen war eine Strafanzeige, die der Präsident des Fußball-Bundesligisten FC Bayern München im Mai 2013 gestellt hat. Hoeneß beklagte sich schon damals, zwei Monate nach seiner Selbstanzeige wegen eines Schwarzgeldkontos in der Schweiz, über die Berichterstattung in den Medien. Die Staatsanwaltschaft leitete daraufhin ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen des Verdachts der Verletzung des Steuergeheimnisses ein.
Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft München I bestätigte nun die Durchsuchungsaktion. Hoeneß sei im Oktober 2013 von „einem Presseorgan“ ein Dokument vorgelegt worden, das Informationen aus seiner Steuerakte enthalten habe, sagte der Sprecher. Nun wolle die Staatsanwaltschaft klären, „welche Personen Zugriff auf sowohl die elektronische Steuerakte wie auch die Steuerakte in Papierform des Herrn Hoeneß hatten und wie das interne Dokument an das Presseorgan gelangen konnte“.
Es handle sich dabei um ein internes Papier, zu dem außerhalb der Finanzverwaltung niemand Zugang hatte. Die Staatsanwaltschaft erwirkte daraufhin Durchsuchungsbeschlüsse. Nicht bestätigen wollte der Staatsanwalt Informationen, wonach es sich um Dokumente handele, die Uli Hoeneß’ Wurstfabrik betreffen. Mit ersten Ergebnissen dürfte frühestens in einigen Wochen zu rechnen sein.
Hoeneß fühlt sich schlecht behandelt
Staatsanwaltschaften in Deutschland werden oft für ihre angeblich parteiische Aktenführung kritisiert. Viel zu früh legten sich die Strafverfolger einseitig auf ihre Ermittlungsthese fest, stets werde gegen den Angeklagten ermittelt, lautet der Standardvorwurf. Hoeneß selbst hat in einem Interview Ende vergangenen Jahres erklärt, dass er sich schlecht behandelt fühle: „Ich bin der einzige unter 70.000 Selbstanzeigen, der in epischer Breite in der Öffentlichkeit dargestellt wurde. Von einem Steuergeheimnis kann schon lange keine Rede mehr sein, ein Prominenten-Bonus ist weit und breit nicht zu sehen. Es ist von einem riesigen Prominenten-Malus zu sprechen.“ Mit der Durchsuchungsaktion vom Donnerstag, die ganz im Interesse des Angeklagten ist, dürfte sich die Staatsanwaltschaft Hoeneß’ Vorwurf des „Prominenten-Malus“ einstweilen entzogen haben.
Vor prominenten Namen schreckt die Münchner Staatsanwaltschaft gleichwohl nicht zurück. Die nach der Berliner Staatsanwaltschaft größte deutsche Strafverfolgungsbehörde hat eine Reihe spektakulärer Fälle vor Gericht gebracht. So wurde in München John Demjanjuk, während des Zweiten Weltkriegs Wärter im Vernichtungslager Sobibor, wegen Beihilfe zum Mord in tausenden Fällen zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt.
Auch Ecclestone in München vor Gericht
Auch in der Verfolgung von Wirtschaftsdelikten scheut die Behörde den Konflikt nicht. Sie hat etwa dem Siemens-Konzern wegen schwarzer Kassen und Schmiergeldzahlungen der Prozess gemacht. Von kommendem Montag an müssen sich sieben ehemalige Vorstände der Bayerischen Landesbank in einem großen Strafprozess wegen des Kaufs der Skandalbank Hypo Alpe Adria verantworten. Und womöglich schon Ende April wird Formel-1-Boss Bernie Ecclestone ebenfalls in München wegen Bestechung vor Gericht stehen.
Die Hauptverhandlung im Fall Hoeneß wegen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe beginnt am 10. März vor dem Landgericht. Er ist in sieben Fällen angeklagt, weil er mit Geld, das ihm der damalige Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus geliehen hatte, spekuliert und die Gewinne nicht versteuert haben soll.