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Ukraine zu Gast in Wembley : „Wir brauchen F-16“

In Landesfahnen gehüllt: die ukrainischen Spieler vor der Partie gegen England Bild: picture alliance / empics

Duell mit Symbolcharakter: Im Qualifikationsspiel für die EM 2024 hat England wenig Mühe mit der Ukraine. Das Geschehen auf dem Platz ist angesichts von Putins Angriffskrieg jedoch nebensächlich – vor allem für die Fans.

  • -Aktualisiert am
          2 Min.

          Es ging zwar offiziell um die Qualifikation für die Europameisterschaft 2024 in Deutschland, doch es fühlte sich überwiegend an wie ein Freundschaftsspiel: Als Englands Fußball-Nationalmannschaft am frühen Sonntagabend die Ukraine empfing, wog das Drumherum zu jeder Zeit schwerer als das Geschehen auf dem Rasen des Wembley-Stadions.

          Umso mehr, nachdem Harry Kane und Bukayo Saka die Engländer kurz vor der Pause mit einem 2:0 in Führung geschossen hatten, woran die Ukrainer bis zum Ende des Spiels nicht mehr ernsthaft zu rütteln vermochten. England steht in Gruppe C dadurch mit zwei Siegen aus zwei Spielen an der Tabellenspitze vor Italien; die Ukraine bestreitet ihr zweites Gruppenspiel erst im Juni gegen Nordmazedonien.

          Anreise wird zur Odyssee

          Alles andere als ein englischer Sieg wäre allerdings auch eine Sensation gewesen. England ist Fünfter in der FIFA-Weltrangliste, die Ukraine steht auf Platz 26. Zudem steckte den ukrainischen Spielern, die in ihrer Heimat leben und Fußball spielen, eine wahre Odyssee in den Knochen: Da wegen der russischen Invasion der Personen-Flugverkehr in der Ukraine ausgesetzt ist, konnten sie nicht mal eben nach London fliegen, sondern mussten sich zuerst mit Zügen und Bussen ins benachbarte Polen durchschlagen.

          Einige Spieler und Betreuer sollen insgesamt 16 Stunden unterwegs gewesen sein. Für die Fitness alles andere als ideal, aber Interimstrainer Ruslan Rotan wollte kein Mitleid. Immerhin sei sein Kader in London, um ein Fußballspiel zu absolvieren, während die Soldaten in der Heimat gegen russische Truppen kämpften.

          Vor dem Hintergrund des Krieges, der nun schon mehr als ein Jahr andauert, wurde das Spiel zum Symbol des Zusammenhalts. Um das Stadion herum und auf den Rängen waren unzählige blau-gelbe Fahnen zu sehen; Insgesamt befanden sich unter den 85.000 Zuschauern rund 4200 Ukrainer.

          „Unsere Soldaten bezahlen dafür“

          Der englische Fußballverband (FA) hatte 1000 Freikarten an ukrainische Geflüchtete und deren britische Gastfamilien vergeben – mehr als 117.000 vom Krieg vertriebene Ukrainer befinden sich zurzeit in Großbritannien. „Für mich sind das keine Freikarten“, sagte eine Frau namens Liliia der BBC: „Unsere Soldaten bezahlen dafür.“

          Peter Rewko vom Verband der Ukrainer in Großbritannien dankte der FA für die Geste und den Gastfamilien für ihre Güte und ihr Mitgefühl, die es den Geflüchteten erlaubt hätten, „Russlands brutalem Krieg gegen die Ukraine zu entkommen“. Sportminister Stuart Andrew versprach: „Wir tun, was wir können, um all jene zu unterstützen, die durch Putins illegalen Krieg vertrieben worden sind.“

          Manche ukrainische Fans im Stadion zeigten auf Plakaten und Bannern am Sonntag konkrete politische Forderungen. Auf einer ukrainischen Flagge war zu lesen „No time to wait – we need F-16“: Keine Zeit zu warten, wir brauchen F-16. Im Januar hatten Großbritannien und die USA die Lieferung entsprechender Kampfjets an das ukrainische Militär verweigert, wohl auch, um eine weitere Eskalation durch die Provokation Putins zu vermeiden.

          Kritische Stimmen erinnerten derweil daran, dass sich der englische Fußball in der Vergangenheit bereitwillig auf die russische Seite gestellt hat. Der FC Chelsea wurde erst durch die Milliarden des Oligarchen Roman Abramowitsch zu einem der erfolgreichsten Klubs in England, schrieb der „Guardian“.

          Und bei der Weltmeisterschaft 2018 in Russland war der damalige FA-Chef Greg Clarke voll des überschwänglichen Lobes für den Gastgeber, obwohl die russische Annexion der Halbinsel Krim da längst politische Realität war.

          Trotz der Niederlage in London kann sich die Ukraine noch für die EM 2024 qualifizieren. Das Rückspiel zwischen der Ukraine und England soll im September stattfinden; dann vermutlich in Polen, wo die Mannschaft ersatzweise schon ihre vergangenen „Heimspiele“ in der UEFA Nations League austrug. Eine baldige Rückkehr ins Olympiastadion von Kiew ist aus heutiger Sicht jedenfalls kaum vorstellbar.

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