8:7 gegen Mönchengladbach : Frankfurter Triumph im Nervenspiel
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Das Zittern hat ein Ende: Frankfurter Jubellauf nach dem Siegtor Bild: dpa
Nach einer langen Wartezeit gelingt Eintracht Frankfurt der Einzug ins Pokalfinale. Im Elfmeterschießen gewinnen die Frankfurter mit 7:6 gegen Gladbach. Für die Entscheidung sorgt ausgerechnet ein früherer Gladbacher.
Die Frankfurter Eintracht hat sich ihre Traumreise nach Berlin mit letzter Kraft erkämpft. In einem an Dramatik kaum zu überbietenden Elfmeterschießen bezwang die Mannschaft von Trainer Niko Kovac im DFB-Pokalhalbfinale Borussia Mönchengladbach mit 7:6 Toren, nachdem es sowohl nach Ende der regulären Spielzeit als auch nach der Verlängerung 1:1 gestanden hatte. Die Partie geht also mit 8:7 in die Fußball-Geschichtsbücher ein.
Dominanter als es der Führungstreffer von Tawatha aus der 15. Minute ausdrückte, traten die Frankfurter in der ersten Halbzeit im mit über 54000 Zuschauern ausverkauften Borussen-Park auf. Mit aggressivem Pressing schüchterten sie den Favoriten ein und überraschten ihn mit zielstrebigen und gefährlichen Konterattacken. Doch statt auf 2:0 zu erhöhen, mussten die Frankfurter in der letzten Aktion der ersten Halbzeit den Ausgleich durch Hofmann hinnehmen.
Und mit dem Rückenwind des 1:1 kämpfte sich Mönchengladbach zurück ins Spiel. Die Eintracht wehrte sich aufopferungsvoll, aber für offensive Entlastung reichte es nicht mehr. Als die verletzten Mascarell und Wolf vom Feld mussten sowie der ermattete Rebic, konnte Trainer Niko Kovac nicht mehr die gleiche spielerische Qualität nachschieben. In der Verlängerung spielte nur noch Gladbach, traf aber nicht.
Somit musste das Elfmeterschießen entscheiden, wer das Pokalfinale am 27. Mai in Berlin erreicht. Und wie schon gegen Magdeburg und Ingolstadt in diesem Pokalwettbewerb behielten die Frankfurter die Nerven: Die Gladbacher legten durch Stindl, Herrmann, Hahn, Strobl, Benes und Vestergaard jeweils vor, doch Oczipka, Hector, Gacinovic, Fabian, Russ und Seferovic konterten jedes Mal.
Als Eintracht-Torwart Hradecky den Schuss von Christensen abwehrte, hatte Varela für Frankfurt den Matchball auf dem Fuß. Doch der Gladbacher Torwart Sommer parierte. Dann versuchte sich Sow für die Borussia – und wieder war Hradecky rettend zur Stelle. Ausgerechnet der frühere Gladbacher Hrgota, der in der Anfangsphase die besten Eintracht-Chancen vergeben hatte, musste nun antreten. Und der schwedische Nationalspieler schoss die Eintracht tatsächlich ins Glück.
Vorher war es abwechslungsreich zugegangen – und zunächst mit klaren Vorteilen für die Eintracht. Dass es zur Pause 1:1 stand, war nichts anderes als ein Fußballwitz. Wenn schon der Stadionsprecher den Ausgleichstreffer der Heimmannschaft in der letzten Aktion der Nachspielzeit mit den Worten „ob verdient oder nicht“ kommentiert, ist alles über die Kräfteverhältnisse gesagt. Bevor Jonas Hofmann sich über sein Tor zum 1:1 freute, schaute er einmal zum Schiedsrichter-Assistenten und einmal zum Schiedsrichter, um sich zu vergewissern, ob der Treffer auch galt. Das Gefühl trog den Gladbacher Mittelfeldspieler nicht. Als der Ball ihm von seinem Mitspieler Andre Hahn mit dem Kopf vorgelegt worden war, hatte er wohl knapp im Abseits gestanden. Was allerdings nur mit Hilfe der Fernsehaufnahmen zu erkennen war.
Bis dahin hatte die Eintracht so gut wie jeden Gladbacher Angriff unterbunden. Allein nach einem weiten Abschlag von Torwart Yann Sommer benötigten die Frankfurter in der 42. Minute Glück. Hofmann hob nach Tawathas Luftloch den Ball zwar über Torwart Hradecky hinweg, aber auch knapp neben das Tor.
Ansonsten besaß nur die Eintracht Gelegenheiten, ein Tor zu erzielen. Branimir Hrgota hätte sich schon nach 160 Sekunden als zweifacher Torschütze feiern lassen können, wenn er seine Abschlussschwäche, die ihn durch die gesamte Bundesligasaison begleitet, im Pokal abgelegt hätte. Aber erst scheiterte er frei vor Sommer am Schweizer Nationaltorwart, dann traf er am Fünfer-Eck eine Hereingabe nicht richtig. Das war noch lange nicht alles, was die Frankfurter in der Offensive zu bieten hatten. Nur einmal jedoch passte alles. In der 15. Minute glückte Linksverteidiger Tawatha ein Traumschuss, als es daran ging, einen weiten Flankenball von Chandler direkt anzunehmen.
Anfang der zweiten Halbzeit war die Wirkung dieses wunderschönen Tores jedoch ziemlich verebbt. Die Eintracht verließ ein wenig der Mut, zumindest in der Offensive. Nur nicht in Rückstand geraten, hieß nun die Devise. Das funktionierte ganz gut, die nun aggressiven und lauffreudigen Borussen entwickelten zwar Druck, aber erspielten sich keine Torchancen. Dass Eintracht-Stammspieler Omar Mascarell nach einer Stunde das Feld verlassen musste, trug auch nicht zum Selbstbewusstsein der Frankfurter bei.
Für ihn kam Marius Wolf ins Spiel – aber nur für rund zehn Minuten. Dann musste die Leihgabe von Hannover 96 mit einer Trage vom Feld gebracht werden. Er hatte sich im Duell mit Vestergaard verletzt. Kovac sah sich gezwungen, Varela einzusetzen, der wegen seiner langwierigen Verletzung in den vergangenen Monaten nur ein paar Minuten Spielpraxis hatte. Da Rebic nicht mehr konnte, wechselte ihn Kovac gegen Seferovic aus. Nach 75 Minuten hatte Kovac sein Wechselkontingent für die reguläre Spielzeit erschöpft.
Spätestens von diesem Moment an hatte sich die Partie endgültig gewandelt. Nach einer dominanten Frankfurter Phase war eine ausgeglichene gefolgt, nun stand die Eintracht mit dem Rücken zum Strafraum und verteidigte nur noch das 1:1. Mit Russ für Tawatha verstärkte Kovac nochmal die Verteidigungskraft. Und tatsächlich: Unter Aufbietung der letzten Kräfte rettete sich seine Mannschaft ins Elfmeterschießen – und bewies dort, zum wiederholten Mal, die stärkeren Nerven.