2:3 gegen Manchester City : Schalke zerbricht
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Enttäuschung pur: Schalke um Mark Uth muss eine bittere Niederlage einstecken in der Champions League. Bild: AP
Lange sieht es danach aus, als würde den Königsblauen das eigentlich Undenkbare gelingen. Doch ausgerechnet ein früherer Schalker trifft kurz vor Schluss für Manchester. Und dann geht doch noch alles schief.
Domenico Tedesco, der Trainer des FC Schalke 04, machte schon vor der womöglich unheimlichen Begegnung mit Manchester City, dem Tabellenführer der Premier League, keinen Hehl aus der Rolle, die den „Königsblauen“ am Mittwochabend zukam: „Wir sind der klare Nichtfavorit“, bekannte sich der deutsch-italienische Fußballlehrer zum Außenseiterpart in diesem Achtelfinalhinspiel der Champions League. Doch die Schalker, in einer enttäuschenden Saison nur Vierzehnte der Fußball-Bundesliga, gaben sich vor dem Anpfiff gewillt, das Beste aus ihrer Underdog-Position zu machen. Nach dem alten Motto, „du hast keine Chance, also nutze sie“, wollten sie das Spiel David gegen Goliath angehen.
„Manchester City muss erst mal beweisen, dass sie stärker sind als wir“, äußerte sich der linke Außenbahnspieler Bastian Oczipka kampfesmutig gegenüber den Stars aus der Mannschaft des katalanischen Startrainers Pep Guardiola. Tatsächlich musste die beste englische Mannschaft bei den in der Bundesliga ziemlich tief gesunkenen Schalkern hart darum kämpfen, kein königsblaues Wunder zu erleben.
Am Ende machte sie nach Otamendis Platzverweis (68. Minute) einen 1:2-Rückstand durch die Elfmetertore von Bentaleb (38./45.) wett und gewann noch 3:2 durch Tore des eingewechselten früheren Schalkers Leroy Sané (85.) und Raheem Sterling (90.). „Ich bin glücklich darüber, dass wir noch gewonnen haben. Es war ein schwieriges Spiel heute, aber wir wissen ganz genau, was für Qualitäten wir haben, wir hören nie auf“, sagte Sané nach dem Spiel über den Erfolg. Schalkes Daniel Caligiuri meinte kurz und knapp: „Das ist sehr, sehr bitter.“ City war zu Beginn durch einen Treffer von Agüero (18.) 1:0 in Führung gegangen in diesem hochemotional geführten und teilweise kurios verlaufendem Duell. Zum Rückspiel am 12. März reisen die wacker kämpfenden Schalker als große Außenseiter. Doch wer weiß? Schon das Hinspiel steckte voller Überraschungen.
Sané zu Beginn nur auf der Bank
Guardiola, der vor dem Gegner gewarnt hatte, verzichtete diesmal zu Beginn auf den Einsatz des „auf“ Schalke groß gewordenen Flügelstürmers Sanés. In der ersten Elf war dafür Ilkay Gündogan dabei, gebürtiger Gelsenkirchener und in der Jugend ein Schalker, später ein zentraler Spiellenker bei Borussia Dortmund. Der deutsche Nationalspieler sollte gemeinsam mit dem aus seinen Jahren in Deutschland mit der Bundesliga vertrauten Belgier Kevin De Bruyne sowie dem Spanier David Silva so etwas wie der Strippenzieher bei City sein.
Dann aber überschlugen sich die Ereignisse nach einer von Manchester gegen die defensiv verankerte Schalker 5-4-1-Formation dominierten Anfangsphase. City ging nach rund einer Viertelstunde durch ein Schalker Geschenk, präsentiert von Torhüter Ralf Fährmann, in Führung. Der Schlussmann und Kapitän, wegen seiner Verdienste aus der vorigen Saison noch einmal der neuen Nummer eins, Alexander Nübel, vorgezogen, unternahm den untauglichen Versuch, den von David Silva bedrängten Innenverteidiger Salif Sané anzuspielen. Das misslang, Silva kam an den Ball, passte ihn zum freistehenden Agüero, und der Mittelstürmer hatte keine Mühe, das 1:0 zu erzielen.
Danach diskutierten die Unparteiischen um den spanischen Schiedsrichter Del Cerro Grande eine vorangegangene Szene, in der der Schalker Uth von Laporte mit dem Arm im Nacken getroffen worden war. Letztlich kein Grund für den Referee, dem Treffer die Anerkennung zu verweigern.
Del Cerro Grande rückte zwanzig Minuten später so richtig in den Blickpunkt, als er nach längerer Unterhaltung mit dem erstmals in dieser Champions-League-Runde eingesetzten Videoassistenten auf Handelfmeter für Schalke entschied. Otamendi hatte Caligiuris Schuss, der sonst ein Torschuss hätte sein können, mit dem Unterarm geblockt, den er noch wegzuziehen versucht hatte. Der Spielleiter verwarnte den Argentinier und gab knapp vier Minuten später Strafstoß für Schalke, den Bentaleb mit einem wuchtigen Schuss ins rechte untere Toreck zum Ausgleich nutzte. Der Monitor, den der Schiedsrichter als Entscheidungshilfe nutzen wollte, fiel just in dieser Szene aus.
Es kam noch besser für die sichtlich ermutigten Schalker, die nach Fernandinhos Haltegriff gegen Salif Sané im eigenen Strafraum einen zweiten Elfmeter zugesprochen bekamen. Eine weitere Gelegenheit für den Algerier Bentaleb, die er sich mit einem Schuss ins linke obere Toreck nicht entgehen ließ. Und so ging die eigentlich deutlich unterlegene Mannschaft mit einer unverhofften 2: 1-Führung in die Pause.
Die zweite Hälfte begann wie die erste. Die Schalker ließen sich von den nun energisch auf die Wende hinarbeitenden Engländern in den eigenen Strafraum drängen und standen zunehmend unter Druck – vor allem, wenn der Argentinier Agüero bedrohlich auf Fährmann zustürmte oder als Gündogan mit einem Distanzschuss seinem Ziel sehr nah kam (56.). Alles in allem ließen sich die Gelsenkirchener aber nicht einschüchtern und setzten weitere Nadelstiche, die dem englischen Meister weh taten.
Der schon verwarnte Otamendi ließ sich nach knapp siebzig Minuten zu einem rüden Foul am eben eingewechselten Burgstaller hinreißen, was Del Cerro Grande konsequent mit der Gelb-Roten Karte an die Adresse des Südamerikaners ahndete. Schalke führte nun auch beim Personalvergleich mit 11:10 und nach Toren weiter 2:1 gegen einen englischen Meister, der an diesem Abend lange außer Rand und Band war. Dann aber schlugen der spät eingewechselte Sané und Sterling doch noch zu und beendeten den Schalker Traum von der großen Überraschung, der beinahe wahr geworden wäre. „Wir sind noch nicht im Viertelfinale, aber das Ergebnis ist natürlich sehr, sehr gut“, sagte der frühere Bayern-Trainer und heutige Man-City-Coach Guardiola nach dem Schlusspfiff. Sein Schalker Kollege Tedesco war vor allem enttäuscht. „Wir nehmen mit, dass wir in gewissen Situationen cleverer sein müssen.“