Trainer Glasner als Künstler : Die Eintracht und ihr kniffliges Abwehr-Puzzle
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Immer wieder gefragt: Eintracht-Trainer Oliver Glasner Bild: Reuters
Mit allem, was sie haben: Eintracht Frankfurt besteht gegen Marseille den Charaktertest in der Champions League. Dabei steht vor allem die neu formierte Defensive im Fokus.
Diese Dreierabwehrkette durfte beim Europa-League-Sieger noch nie vorspielen. Und oft werden sich die Frankfurter, die flexibel sein müssen, in dieser Besetzung wohl nicht mehr präsentieren. Die größte Personalüberraschung bildete beim mit 2:1 Toren gewonnenen Champions-League-Heimspiel gegen Olympique Marseille Hrvoje Smolcic. Nicht, weil der 22 Jahre alte Kroate spielte, sondern, wo er spielte.
Smolcic schlüpfte in die Rolle von Primus Makoto Hasebe (38 Jahre), der den Frankfurtern in seiner Paradefunktion als Spielstratege schon seit einiger Zeit verletzungsbedingt fehlt. In der Fußball-Königsklasse stand Smolcic zum ersten Mal in der Startformation – und das auf der zentralen Position in der Dreierkette, weil auch Hasebes Stellvertreter Tuta aufgrund seiner Spielsperre passen musste. In Frankfurt war der Linksfuß Smolcic als Herzstück in der Defensive bisher nicht zu sehen gewesen.
Sein Nebenmann Kristijan Jakic hatte hinten im munter wechselnden Personalarrangement ebenfalls schon den Libero gegeben. Diesmal rückte der 25 Jahre alte Kroate aber als Rechtsfuß unter den Innenverteidigern auf die rechte Seite; immerhin nicht zum ersten Mal in dieser Saison. Und Evan Ndicka? Der Franzose (23 Jahre) behielt seinen angestammten Platz auf der linken Seite; der Platzhirsch war wie erwartet nicht Teil des nötig gewordenen Wechselspiels.
Glasner beklagt sich nicht
Was seine Abwehrformation angeht, ist Oliver Glasner in Frankfurt zum Improvisationskünstler geworden. Immer wieder kommt es anders als geplant und vom Trainer gewünscht. Doch darüber beklagt sich der Österreicher nicht, er nimmt die Herausforderung jedes Mal aufs Neue ohne Aufgeregtheit sportlich. Wie von Zauberhand traf er bisher in den meisten Fällen richtige Personalentscheidungen. Auch in dieser Hinsicht ist Glasner ein großer Gewinn für die Eintracht.
Was der Schlüssel dafür sei, dass seine Umbauarbeiten so gut funktionierten, wurde der Trainer am späten Mittwochabend auf der Pressekonferenz gefragt. „Ich weiß es nicht“, antwortete er und hatte nach einer kurzen Denkpause doch eine Erklärung für die bemerkenswerte Vielseitigkeit der Eintracht. „Der Charakter der Jungs ist großartig, sie kommen ihrer Aufgabe mit allem, was sie haben, nach.“
Der erfolgreiche Tüftler Glasner war „megastolz“ auf seine Mannschaft, sprach von einer „großartigen Teamleistung. Wenn es einen Teamsieg gibt, war das heute ein Teamsieg.“ Und weiter: „Was wir geleistet haben, können sich viele nicht vorstellen. Jeder hat sich in den Dienst der Mannschaft gestellt. Mit welcher Hingabe und Leidenschaft sich die Jungs unterstützen, ist unglaublich“, beschrieb der Fußballlehrer mit höchster Anerkennung des Geleisteten die vielen Vorzüge der Eintracht-Erfolgsgemeinschaft.
Zu diesen zählt auch die Bereitschaft der Spieler, sich auf für sie ungewohnte Aufgaben auf dem Platz gedanklich einzulassen und die jeweilige Anforderung nicht als Belastung zu empfinden. Glasner nannte in diesem Zusammenhang den Begriff „open minded“. Zur Aufgeschlossenheit Neuem gegenüber rät der Trainer seinen Profis fast täglich.