Gladbach in Champions League : Geschichtsträchtige Partie gegen Inter
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Bereit für das große Spiel gegen Inter: es geht für Gladbach um den erstmaligen Einzug ins Achtelfinale der Champions League Bild: dpa
49 Jahre nach dem Büchsenwurf vom Bökelberg steht die Gladbacher Borussia gegen Inter Mailand vor einem Meilenstein. Einige Fans erinnern auf unsportliche Weise an Boninsegna.
Mit Böllern in den frühen Morgenstunden sind die Fußballprofis von Inter Mailand in ihrem Hotel in Mönchengladbach am Tag des Champions-League-Spiel gegen Borussia (21.00 Uhr/DAZN und im F.A.Z.-Liveticker zur Champions League) durch Unbekannte in ihrer Nachtruhe gestört worden. Auf der Zufahrt zum Dorint-Hotel wurde gegen 4 Uhr früh pyrotechnisches Material wie Feuerwerksbatterien abgebrannt. Nach Zeugenangaben seien am Tatort mehrere dunkel gekleidete Personen, die anschließend mit Autos wegfuhren, beobachtet worden, teilte die Polizei mit.
Dass es sich wohl um Gladbach-Anhänger handeln muss, wurde deutlich durch ein im Zugangsbereich zum Hotel aufgehängtes Transparent mit der Aufschrift „Ricordati Inter, things go better with Coke“ und der Tatsache, dass in diesem Bereich einige Cola-Dosen lagen.
Von einer solchen wurde der Inter-Spieler Roberto Boninsegna am 20. Oktober 1971 im Spiel gegen Borussia Mönchengladbach angeblich so schwer getroffen, dass er nicht weiterspielen konnte und die für Gladbach mit 7:1 gewonnene Partie später annulliert wurde. Nach einem 2:4 aus Gladbacher Sicht im Rückspiel in Mailand wurde ein Wiederholungsspiel der ersten Partie angesetzt. Gladbach kam in Berlin nicht über ein 0:0 hinaus und schied aus. Viele ehemalige Spieler werfen Boninsegna noch heute Schauspielerei vor.
Auch die Polizei kann sich einen Zusammenhang durchaus vorstellen. „Das liegt nahe, aber es ist nichts bewiesen“, sagte eine Polizeisprecherin. Die Borussen entschuldigten sich beim Gegner.
Sie wollen sich auch nicht über Gebühr mit der Vergangenheit beschäftigen, stehen sie doch am Abend vor einem weiteren Schritt in der Entwicklung unter Trainer Marco Rose: Ihnen winkt der vorzeitige Einzug ins Champions-League-Achtelfinale. Letztmals standen die Borussen 1977 in der Runde der letzten 16, damals im Europapokal der Landesmeister – dem Vorgänger-Wettbewerb der Champions League. Dort wäre es bei der dritten Teilnahme der erstmalige Einzug in die K.o.-Runde.
Inter überraschend Letzter
Gladbach empfängt Inter als Tabellenführer der Gruppe B. Nach vier Spielen hat das noch ungeschlagene Team von Trainer Marco Rose acht Punkte. Das noch sieglose Mailand kommt überraschend als Tabellenletzter mit bislang nur zwei Zählern. Will sich das Team von Trainer Antonio Conte die Chance aufs Achtelfinale erhalten, sind zwei Siege in Gladbach und beim Vorrundenfinale kommende Woche gegen Schachtjor Donezk (9.12.) vonnöten. Die Borussia benötigt zum Weiterkommen wohl noch einen Punkt gegen Inter oder kommende Woche bei Real Madrid. Bei einem Sieg am Dienstag ist der Einzug in die K.o.-Runde vorzeitig perfekt.
Neben den Stammspielern Ramy Bensebaini (Quarantäne nach positivem Coronatest) und Jonas Hofmann (Oberschenkelverletzung) fällt auch Innenverteidiger Nico Elvedi mit einer Muskelverletzung kurzfristig aus. Für ihn wird Routinier Tony Jantschke spielen. Zudem dürften die gegen Schalke (4:1) geschonten Lars Stindl, Stefan Lainer und Christoph Kramer wieder ins Team rotieren.
Bei Inter herrscht schlechte Stimmung. Dem 18-maligen italienischen Meister droht zum dritten Mal in Serie bei einer Champions-League-Teilnahme das vorzeitige Aus. Von einer Umkehr der Favoritenrolle will Rose indes nichts wissen. „Wir müssen richtig gut Fußball spielen gegen eine absolute Top-Mannschaft. Die Aufgabe könnte nicht größer sein für Borussia Mönchengladbach, aber der stellen wir uns sehr gerne“, sagte Rose, der insbesondere vor Stürmer Romelu Lukaku warnte, der im Hinspiel (2:2) zweifach, seitdem in der Königsklasse aber nicht mehr traf. „Ein Top-Junge“, befand Rose. „Ein absoluter Zielspieler, physisch unglaublich stark. Inter richtet das gesamte Spiel auf ihn aus.“ Lukaku sollte sich nicht entfalten können, damit Gladbach nicht wieder an Inter scheitert.
Denn das Büchsenwurf-Trauma von 1971 gehört seitdem fest zur tragischen Vereins-Historie Gladbachs. Höchste Zeit, dass es mit positiven Nachrichten überschrieben wird. „Natürlich hat man das als Spieler hier schon mitbekommen. Wenn das Spiel angepfiffen ist, ist das aber kein Thema mehr für uns. Wir gehen es so an, dass wir das Spiel gewinnen wollen“, sagte Gladbachs Nationalspieler Florian Neuhaus zur Bedeutung einer späten Revanche.