8:2 in der Champions League : Bayern nimmt Barcelona auseinander
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Der Anfang von Barcas Ende: Müller markierte gleich das frühe 1:0. Bild: AFP
Eine solche Demütigung hat der FC Barcelona noch nie erlebt. Im Viertelfinale der Champions League gewinnt der FC Bayern mit 8:2. Die spanische Fußball-Ära endet in Lissabon.
Ein Sahnehäubchen nennt der kommende Bayern-Boss Oliver Kahn den Gewinn der Champions League in diesem Jahr. Die Formulierung scheint deutlich untertrieben. Spielerisch hat der deutsche Meister schon am Freitag eine ganze Sahnetorte aufgetischt und mit einem unglaublichen 8:2-Sieg gegen den FC Barcelona im Viertelfinale in Lissabon seine Favoritenrolle eindrucksvoll untermauert.
Die frühe Führung durch Thomas Müller (4. Minute) war zwar im Handumdrehen durch ein Eigentor von David Alaba (7.) wieder passé, doch Mitte der ersten Halbzeit münzten die Bayern ihre immer größer werdende Dominanz binnen zehn Minuten in einen bereits spielentscheidenden Vorsprung um, durch Treffer von Ivan Perisic (22.), Serge Gnabry (28.) und abermals Thomas Müller (31.). Nach der Pause schöpfte Barca durch ein Tor von Luis Suarez (57.) noch einmal Hoffnung, die der fünfte Bayern-Treffer durch Joshua Kimmich (63.) rasch wieder zerstörte. Zur Demütigung für Barca wurde das Resultat durch die späten Treffer von Robert Lewandowski (82.) und Philippe Coutinho (85./88.).
Arturo Vidal, der frühere Münchner, hatte seinen alten Klub davor gewarnt, dass er „nicht gegen ein Team aus der Bundesliga spielt, sondern gegen die beste Mannschaft der Welt.“ Dass er vom FC Barcelona damit nur noch in der Vergangenheitsform sprach, verriet schon die Vorsicht des umstrittenen Trainers Quique Setien, der in seinem wohl letzten Spiel mit Barca die Position des Stürmers Antoine Griezmann dem Abräumer Vidal zu opfern, um einen Mann mehr im Mittelfeld und damit mehr Sicherheit zu bekommen. Dadurch war es mit einem Durchschnitt von knapp dreißig Jahren die älteste Mannschaft, die Barca je in der Champions League aufgeboten hat – und eine, die im Verlauf der Partie immer älter aussah.
Zu Beginn hatten die Bayern ihre Risikokontrolle allerdings noch nicht richtig justiert, das war erst nach gut zehn Minuten der Fall, und bis dahin hätten sie leicht hinten liegen können. Sergi Roberto kam rechts hinter die sehr weit vorgeschobene Abwehrkette, seine Hereingabe konnte Jerome Boateng mit der Fußspitze knapp vor dem einschussbereiten Luis Suarez abwehren. Statt des möglichen Rückstandes im Gegenzug die Bayern-Führung: eine Flanke Perisics in den Rückraum lenkte Müller volley zu Lewandowski, der den Ball klug zurückprallen ließ, und so traf der Veteran in seinem 113. Champions-League-Spiel, neuer deutscher Rekord, mit links zum 1:0.
Die Führung hielt nicht lang, denn Barca nutzte die Räume, die die Bayern noch ließen. Jordi Alba enteilte links Kimmich, und Alaba lenkte die scharfe Hereingabe vor dem abermals auf das Tor lauernden Suarez beim Klärungsversuch unglücklich ins eigene Tor. Beim nächsten Barca-Konter erreichte der Ball dann endlich den uruguayischen Mittelstürmer, doch Torwart Manuel Neuer bestand mit breiter Brust die Eins-zu-eins-Probe mit dem listigen Torjäger. Nach der folgenden Ecke verpasste Sergi Busquets eine Flanke von Lionel Messi, die darauf an den Pfosten prallte. Und einmal kam Messi dann auch in seine typische Abschlussbewegung nach zwei, drei Haken am Strafraumrand, doch sein Schuss war kein Problem für Neuer.
Doch dann übernahmen die Bayern das Kommando, vor allem durch ein immer besser funktionierendes Pressing schon am gegnerischen Strafraum, das die Katalanen zunehmend überforderte. So luchste Gnabry Sergi Roberto den Ball ab, spielte links Perisic frei, und dessen leicht abgefälschter Schuss aus spitzem Winkel prallte vom Fuß des Torwart Marc-André ter Stegen an die Latte und von dort ins Tor.
Es war der Auftakt zu knapp zehn Minuten, die in ihrer Brillanz, Einseitigkeit und Überforderung eines namhaften Gegners an dieselbe Phase beim legendären 7:1 der deutschen Nationalmannschaft im WM-Halbfinale gegen Brasilien erinnerte. Ein einziger Chip von Leon Goretzka nahm die ganze Barça-Abwehr aus dem Spiel, und Gnabry traf mit wuchtigem Flachschuss. Nach einem weiteren Ballgewinn am Strafraum scheiterte Robert Lewandowski völlig frei an ter Stegen, doch dann gewann der Torjäger durch zähen Einsatz einen Ball an der Torauslinie, den Semedo ins Aus laufen lassen wollte, und daraus resultierte das vierte Bayern-Tor durch Müller nach Flanke von Kimmich.
Noch nie hatte ein Team so früh vier Gegentore in der K.o.-Phase der Champions League kassiert wie der in dieser ersten Halbzeit vorgeführte, ruhmreiche FC Barcelona. Nach der Pause, in der Griezmann ins Spiel kam, wurde die Partie zunächst ein wenig ausgeglichener. Doch das kurze Aufbäumen der Spanier nach dem Tor zum 4:2, als Suárez nach einem Durchbruch über links Boateng umkurvte und mit einem Flachschuss traf, dauerte nur sechs Minuten.
Dann dribbelte Linksverteidiger Alphonso Davies, die Entdeckung der Saison, bis fast zur Eckfahne, tanzte dort den hilflosen Gegenspieler Semedo aus, spurtete bis zum Fünfmeterraum durch und fand dann mit einem präzisen Rückpass Kimmich, der den Ball aus fünf Metern ins Tor drückte. Es war mehr als ein Tor, es war eine Vorführung, ja die Demontage eines Gegners, der zehn Jahre als spielerischer Maßstab Europas galt. Sie wuchs in der Schlussphase auf historische Dimensionen an, durch den 14. Treffer Lewandowskis auf Vorlage des eingewechselten Coutinho, der gegen seinen früheren Klub, der ihn nach München ausgeliehen hat, auch noch selbst zwei Mal traf. Wer soll diese Bayern aufhalten? Bisher weiß niemand die Antwort.