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Zum Tod von Hermann Rieger : Mit Hand und Herz

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Hermann Rieger (1941 - 2014) Bild: dpa

Der Hamburger SV trauert um seinen ehemaligen Masseur Hermann Rieger. Er starb im Alter von 72 Jahren. In schlechter Laune hat man ihn nie erlebt. 2004 bekam er sogar ein eigenes Abschiedsspiel.

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          Als die Profis des Hamburger SV noch draußen in Ochsenzoll trainierten, stand die Tür manchmal einen Spalt offen, und man konnte Hermann Rieger bei der Arbeit zuschauen. Zwei schmale Liegen standen in seinem kleinen Raum. Rieger knetete im Akkord. Einer war dran, der andere wartete auf der zweiten Liege.

          Rieger vergaß die Zeit, wenn er sich die Spieler vornahm. Und er machte keine Unterschiede. Jeder bekam die Kraft und Feinfühligkeit seiner Hände zu spüren, unabhängig vom Namen: Er sprach ohnehin alle nur mit „Burschi“ an. Gern ließen sich auch die jeweiligen Trainer von Rieger massieren. Und mancher auf der Liege erzählte gleich noch mit, was in der Mannschaft und zuhause so los war. Dem „Hermann“ konnte man es ja beichten, der konnte schweigen.

          26 Jahre arbeitete der im bayrischen Mittenwald geborene Rieger für den HSV. Keiner war loyaler, niemand stellte sich mehr in den Dienst der Mannschaft als das kleine Kraftpaket mit den grauen Locken. In schlechter Laune hat man ihn nie erlebt. Rieger war der einzige Masseur der Liga, den auch die Gästefans kannten und schätzten; legendär seine Spurts außen am Feld vorbei, wenn sich einer der Hamburger Spieler verletzt hatte und nach ihm gerufen wurde. Dann hallte es langgezogen durch die Arena: „Hermann Rieger!“, oder, wenn es auf dem Rasen mal wieder gar nicht lief: „Außer Hermann könnt ihr alle gehen!“

          Das war ihm dann doch immer etwas zu viel. Aber sein Markenzeichen, „Daumen hoch“, das präsentierte er den Fans natürlich trotzdem zum Dank. Rieger trug selbst bei arktischem Klima immer nur ein T-Shirt. Mancher Anhänger las daraus mehr Widerstandsfähigkeit und Kampfbereitschaft ab als bei den Profis.

          Die Fahnen in Hamburg wehen auf halbmast

          Nicht umsonst gründeten HSV-Sympathisanten den Fanklub „Hermanns treue Riege“; ihr Banner hängt bei jedem Heimspiel am Zaun der Nordtribüne. Auch der Verein wusste, was er an diesem treuen Diener hatte. Das beliebte Maskottchen wurde nach ihm benannt, der Dinosaurier Hermann. Und als Rieger 2004 – schon von einer Krankheit gezeichnet – in Rente ging, bekam er ein Abschiedsspiel: Der HSV lief gegen Bayern München auf.

          Auch als Ruheständler schaute Rieger beim HSV vorbei, fuhr aus seiner Wohnung nahe Rotenburg zu den Spielen, hatte eine Vip-Karte – war aber am liebsten unten bei den Spielern. Er litt und fieberte mit seinem HSV, und dass das Leben es nicht gut mit ihm meinte, versteckte der Mann mit den tiefen Lachfalten hinter seiner fröhlichen Fassade. 2010 verstarb seine Frau, Rieger selbst kämpfte da schon länger gegen den Krebs. Wenn er wieder gesund sei, wolle er zurück in die Berge, sagte Hermann Rieger. Das war ihm nicht mehr vergönnt. Wie der Hamburger SV auf seiner Internetseite mitteilte, starb der „Kult-Masseur“ am Dienstag im Alter von 72 Jahren in Hannover. Die Fahnen an der Arena wehten auf halbmast.

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