Vorwurf der Steuerhinterziehung : „Hoeneß’ Glaubwürdigkeit ist extrem erschüttert“
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„Korruption und Steuerhinterziehung wurden als Delikte lange Zeit kleingeredet“: Sylvia Schenk Bild: dpa
Gegen Uli Hoeneß wird wegen Steuerhinterziehung ermittelt. Die Anti-Korruptions-Kämpferin Sylvia Schenk spricht im Interview über den Steuerfall Hoeneß, schlechte Vorbilder und Unehrlichkeiten im Sport.
Als Vertreterin von Transparency International gehört Sylvia Schenk zu den profiliertesten Anti-Korruptions-Kämpfern in Deutschland. Als internationale Sportbeauftragte der Organisation entwickelt die Rechtsanwältin aus Frankfurt zusammen mit der Deutschen Fußball Liga und dem Deutschen Fußball-Bund Präventionsprogramme gegen Spielmanipulation. Die ehemalige Leichtathletin (800 Meter) gehörte bei den Sommerspielen in München 1972 mit dem jungen Fußballer Uli Hoeneß zur deutschen Olympiamannschaft.
Ist Uli Hoeneß nach dem Bekanntwerden seines Steuerverfahrens noch als Präsident des FC Bayern haltbar?
Transparency stellt keine Rücktrittsforderungen. Aber fest steht: Die Glaubwürdigkeit von Hoeneß ist extrem erschüttert. Man muss abwarten, wie er selbst damit umgeht und was das für den FC Bayern bedeutet. Es wird sicher ganz schwer sein für ihn, da wieder herauszukommen.
Zuletzt war Hoeneß dadurch aufgefallen, dass er vehement die Ablösung von Fifa-Chef Blatter forderte wegen der Korruptionsvorwürfe. Wie wirkt das aus heutiger Sicht?
Er ist ja ein Kerl, der kritische Themen anpackt. Dafür steht er. Aber schon bei seinem lauten Geschimpfe gegen Blatter kam es mir so vor, als verfolgte er eigentlich ein anderes Kalkül. Ging es ihm wirklich um den sauberen Sport oder gegen Korruption? Als die Fifa den Vereinen mit weniger Länderspielterminen entgegenkam, wurde es aus dieser Ecke auch schnell wieder ganz ruhig.
Welches Bild ergibt sich nun?
Korruption und Steuerhinterziehung wurden als Delikte lange Zeit kleingeredet und gehörten fast zum guten Ton. Dabei sind sie extrem gemeinschaftsschädlich. Der wesentliche Grund für den Niedergang Griechenlands waren Korruption und Steuerhinterziehung. Unter diesen Gesichtspunkten ist das, was Uli Hoeneß da nach den vorliegenden Informationen getan hat, fatal. Wenn er also Herrn Blatter angreift und fordert, dass dieser den Fifa-Saustall endlich aufräumen soll, aber selbst Geld an der deutschen Steuer vorbeibringt, dann schmeißt Uli Hoeneß hier mit Felsbrocken aus dem Glashaus. Es ist auch schlimm, dass er auf der einen Seite die Beibehaltung der Polizeieinsätze beim Fußball auf Steuerzahlerkosten fordert, dann aber selbst sein eigenes Geld in die Schweiz schafft. Und was macht denn jetzt ein Edmund Stoiber, der als Mitglied des Bayern-Aufsichtsrates im vergangenen Jahr losgeschickt wurde, um sich bei der Politik und auch bei der EU dafür einzusetzen, dass die gesetzliche Betrachtung von VIP-Einladungen im Fußball an Firmenvertreter unter Korruptions-Gesichtspunkten gelockert wird? Das passt alles gar nicht zusammen.
Was bedeutet dieser Fall für den Fußball?
Es ist kein Geheimnis, dass es im ganzen Sport nicht immer ehrlich zugeht. Das betrifft natürlich auch den Fußball. Es gibt Spielmanipulationen und den Verdacht von Steuerhinterziehung bei Transfergeschäften. Da ist es absolut schädlich, wenn ein Uli Hoeneß als öffentliche Person ein schlechtes Vorbild abgibt. Dieser Fall ist auch ein Schlag gegen den ganzen Sport, der gerade auf verschiedenen Gebieten um seine Glaubwürdigkeit kämpft. Es geht um glaubwürdiges Führen und null Toleranz. Wie soll ein Uli Hoeneß jungen Spielern noch sagen, dass sie bei den Spielen nicht schummeln sollen? Da entstehen jetzt viele weitere Fragen. Ich bin auch gespannt, was die Sponsoren des FC Bayern sagen, die gerade in einem Fall mit den Bayern-Offiziellen auf ganzseitigen Anzeigen für Vertrauen und Fairplay werben.