VfB Stuttgart : Zornigers gefährliches Spiel
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Wo ist der Erfolg? Alexander Zorniger hat ihn noch nicht nach Stuttgart gebracht Bild: dpa
Die Stuttgarter haben es bislang verpasst, sich für all ihren Aufwand zu belohnen. Trotzdem gibt sich der VfB-Trainer weiterhin allzu stur und ungestüm. Dabei könnte Alexander Zorniger durchaus vom Gegner aus Darmstadt lernen.
In Jena ist Alexander Zorniger von seiner sehr mutigen, man könnte auch sagen sehr riskanten Ideallinie abgewichen. Wer nach zehn Bundesliga-Spieltagen den VfB Stuttgart nicht höher hinaus als auf Platz 16 geführt und sich in seinem stürmischen Ehrgeiz immer wieder eine blutige Nase geholt hat, der wird irgendwann daran erinnert, dass Fußball auch ein Ergebnissport ist.
Danach haben die Schwaben beim 2:0-Erfolg in der zweiten DFB-Pokalrunde gegen den Viertligaklub FC Carl Zeiss Jena gehandelt. „Wir haben das Pressing nach hinten verlegt“, beschrieb Innenverteidiger Timo Baumgartl die schmucklosen Umstände eines Pflichtsieges, dem an diesem Sonntag in der Liga ein weiterer daheim gegen den an schmucklose, aber erfolgreiche Auftritte gewöhnten Aufsteiger Darmstadt 98 (15.30 Uhr / Live bei Sky und im Bundesligaticker auf FAZ.NET) folgen soll.
Noch hält die Basis still
Der zur Sturheit neigende VfB-Cheftrainer Zorniger, der das sogenannte Spiel gegen den Ball lange zu seinem Dogma erhoben hat, begegnet dabei einem überaus pragmatisch denkenden und handelnden Kollegen: dem gewitzten Dirk Schuster, der die Südhessen von der dritten in die zweite in die erste Liga katapultierte. Zorniger dagegen ist mit seiner Mannschaft fürs Erste wieder da gelandet, wohin es den Traditionsklub auch in den beiden vorangegangenen Jahren verschlug: in der Abstiegszone. Noch hält indes die Basis still, weil die Mannschaft immer mal wieder ihr offensives Mehrwertpotential ausspielte - und dabei genauso regelmäßig den Lohn für all den Aufwand verfehlte.
Besonders drastisch zu sehen bei der jüngsten 3:4-Niederlage in Leverkusen, die angesichts eines zwischenzeitlichen 2:0- und 3:1-Vorsprungs zu einer imponierenden Demonstration hätte werden können und dann doch zu einer Lehrstunde zusammenschrumpfte. Ähnlich erging es Zornigers Eleven bei den Heimniederlagen gegen Köln (1:3) und Schalke (0:1). Zorniger, ein eher humorloser schwäbischer Tüftler, der seinen Weg „alternativlos“ nannte, ließ auch in Leverkusen keinerlei Selbstzweifel zu, als er Fragen nach dem Risikofaktor im Stuttgarter Spiel mit Unverständnis begegnete.
An dieser Haltung hat sich nichts geändert. „Fakt ist, dass ich nach wie vor davon überzeugt bin, dass du gute Spiele eher gewinnst als schlechte“, sagte Zorniger am Freitag: „Nennen Sie mich Idealist. Aber ich hoffe, dass es irgendwann einen Zusammenhang gibt zwischen gutem Fußball und erfolgreichem Fußball.“
Aber von einem Kardinalproblem des VfB kann Zorniger nicht ablenken: Der Klub steht mit 23 Gegentreffern so verwundbar wie kein anderer Bundesligaklub da. Beispiel Leverkusen: Anstatt nach dem 3:1 der Torsicherung Vorrang zu geben, ließen sich die VfB-Spieler beim vierten Tor sogar noch auskontern. Augenmaß bewies danach der Sportvorstand Robin Dutt, der ganz richtig feststellte: „Wir haben nach sechzig Minuten nicht mehr kompakt verteidigt.“ Auch, weil den Stuttgartern in ihrem häufig wilden Vorwärtsdrang die Puste ausgegangen war.

Der frühere Bundesliga-Trainer Dutt gehört zu jenen, die den ungestümen Zorniger am ehesten dazu bewegen könnten, bei Bedarf auch einmal einen zweiten Ansatz zu wählen. Er muss ja nicht ganz nach der Mainstream-Route aussehen, auf der sich Huub Stevens gern bewegt hat, der den VfB in den vergangenen beiden Spielzeiten mit seiner ganzen Erfahrung und Menschenkenntnis vor dem Abstieg bewahrte. In Dirk Schuster begegnet Zorniger nun einem jüngeren Wiedergänger Stevens’, der wiederum nun 1899 Hoffenheim retten soll. Da ist Vorsicht geboten: Während Darmstadt aus wenig viel zu machen pflegt, verhält es sich beim VfB bisher andersherum.