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VfB Stuttgart : Der Retter geht nach der Rettung

  • -Aktualisiert am

Die Zukunft von Trainer Stevens liegt wohl nicht in Stuttgart Bild: Reuters

Im Abstiegskrimi in Paderborn behält Stuttgart die Nerven und rettet sich mit drei Siegen im Schlussspurt dieser Saison. Vor allem Huub Stevens genießt den Triumph – auch wenn seine Zukunft nicht mehr beim VfB liegt. Sportdirektor Dutt verkündete am Sonntag Stevens’ Abschied.

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          Am Sonntagmorgen schaute der VfB Stuttgart schon wieder nach vorne: Sportvorstand Robin Dutt verkündete, dass „Retter“ Huub Stevens in der kommenden Spielzeit nicht mehr als Trainer beim VfB arbeiten wird. „Er hat gestern Abend der Mannschaft gesagt, dass er seine Mission hier als erfüllt sieht, sie als erledigt sieht“, sagte Dutt am Sonntag in der Sport1-Sendung „Doppelpass“. „Schalke hatte mit ihm einen Jahrhunderttrainer, Stuttgart hat jetzt einen Jahrhundertretter.“

          Den Nachfolger will der VfB laut Dutt am Montag bei einer Pressekonferenz bekanntgeben, es dürfte aber mit großer Wahrscheinlichkeit Alexander Zorniger werden, der zuletzt bei RB Leipzig gearbeitet hat. Ob das für Beifallsstürme sorgen wird, wird sich zeigen.

          In Paderborn galt zunächst auf jeden Fall „Applaus für alle!“ Das war der unüberhörbare Lohn für zwei Mannschaften, von denen eine ihr Klassenziel erreicht hatte und die andere nicht. Gleichwohl entwickelten die Fans des Bundesliga-Absteigers SC Paderborn ein feines Gespür für das, was dieser Moment am Ende des bisher ersten und einzigen Erstligajahres erforderte: dankbare Anerkennung für eine Saison, in der die Klubs aus dem Establishment am Ende doch zu stark waren, als dass Paderborn für ein weiteres Jahr ein Fußballticket erster Klasse hätte lösen können.

          Den entscheidenden Unterschied zwischen einem genauso bedrohten Team und den als Tabellenletzte abgestiegenen Paderbornern verdeutlichte der VfB Stuttgart am Samstag mit seinem verdienten 2:1-Erfolg. Knapp 2000 Fans der Schwaben feierten ihre Mannschaft, die nach den Treffern von Didavi (36. Minute) und Ginczek (72.) am Ziel war und erstmals in der Rückrunde die Abstiegsränge auf Platz 14 im Abschlussklassement verlassen hatte.

          Die Kollegen des Sportclubs dagegen trugen ein Banner über den Platz, das den engen Schulterschluss zwischen den treuen Anhängern und einem Kader offenbarte, der sich bei seiner Abenteuerreise in der Bundesliga viel wettbewerbstauglicher präsentiert hatte, als viele dachten. „Danke, Ihr seid erstklassig“, hieß es auf dem Transparent. Und bedankt hat sich auch Trainer Breitenreiter bei seinen Profis für ihren Charakter und ihre Mentalität, nie aufzugeben.

          Dennoch erlaubte sich der Trainer, der seine Zukunft in Paderborn trotz eines bis 2016 gültigen Vertrages offen ließ, die Feststellung: „Die Substanz der großen Vereine setzt sich über 34 Spieltage durch.“ Dabei waren die Paderborner mit ihrer ersten Chance schon nach vier Minuten in Führung gegangen, als Vucinovic mit einem Flachschuss entschlossen seine Gelegenheit nutzte.

          Auf dem Boden, aber nicht am Boden: Ginczek trifft entscheidend für den VfB Bilderstrecke
          Auf dem Boden, aber nicht am Boden: Ginczek trifft entscheidend für den VfB :

          „Wenn du so schnell in Rückstand gerätst“, sagte Huub Stevens, der nun Stuttgarter Doppelretter der Jahre 2014 und 2015 in die Geschichte eingeht, „denkst du, das macht die Spieler nervös. Das waren wir aber nicht. Wir haben getan, was wir beeinflussen konnten und darum denke ich, dass der Sieg in Ordnung ging.“ Daran zweifelte niemand in Paderborn, nicht einmal beim Verlierer. Die in den vergangenen fünf, sechs Spielen beste Mannschaft unter den abstiegsbedrohten Teams setzte sich, so Martin Harnik, einer der Wegbereiter des Klassenverbleibs, „mit Kopf und spielerischer Qualität“ durch.

          Paderborn habe man „angemerkt, dass sie nervös wurden“. Das aber waren zwischendurch auch die jederzeit dominanten Stuttgarter, die eine Fülle bester Gelegenheiten vergaben und sich bis zur 72. Minute auf einem Abstiegsplatz befanden. Dann aber schlug Daniel Ginczek zum siebten Mal in den vergangenen neun Spielen zu. Und das, nachdem er kurz vor der Pause schon die Megachance zum 2:1 vergeben hatte.

          „Ich bin in der Kabine aufgepäppelt worden“, gab er seine Stimmungslage nach 45 Minuten wieder, „alle haben mir gesagt, du machst noch ein Tor.“ Gesagt, getan. Der Sauerländer Ginczek, nicht so unwiderstehlich wie diesmal der Serbe Kostic auf dem linken Flügel und nicht so glänzend als Vorarbeiter wie der Ivorer Dié, befreite sich und dem VfB von einem tonnenschweren Ballast, als er den Ball an Torhüter Kruse vorbeispielte und ins Tor spitzelte.

          Danach war diese Begegnung mit noch ein paar Zittermomenten für den VfB gelaufen, der seinen Schlussspurt mit drei Siegen in Serie zum Saisonende krönte und wieder einmal seinem Trainer Stevens dankbar war, der den vielleicht größten Anteil an der Rettung hatte. Im Vorjahr genügten 32 Punkte, um Platz 15 zu sichern; in dieser Saison war der auf den Cannstatter Wasen zurückgeholte Nothelfer aus den Niederlanden wie seine Spieler noch mehr gefordert, um mit 36 Punkten nach der 34. Runde endlich die rote Zone verlassen zu können.

          Über seine Zukunft wollte Stevens am Samstag noch nichts sagen. Sie wird aber wohl nicht beim VfB sein, der in den nächsten Tagen vermutlich bekanntgeben wird, sich mit Alexander Zorniger, dem früheren Coach von RB Leipzig, auf eine Zusammenarbeit geeinigt zu haben.

          Stevens genoss es sichtlich, von den Fans des VfB bejubelt zu werden, hat er doch maßgeblich zweimal daran mitgewirkt, den zweiten Abstieg nach 1975 zu verhindern. „Unser Trainer“, hob Harnik hervor, „hat einen Riesenanteil am Klassenerhalt, er hat vom Anfang bis zum Ende eine klare Linie durchgezogen.“ Stevens‘ Kollege Breitenreiter holte aus seinen Spielern von Beginn an das Maximum erreicht, das die Stuttgarter erst in der Endphase der Saison erreichten. Dass es aber auch damit nicht langte, war letztlich keine Überraschung. Schließlich war der VfB mit seinem 43 Millionen Euro teuren Kader dem 15 Millionen kostenden Billig-Aufgebot des SCP in der Stunde der Entscheidung mehr als einen Schritt voraus.

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