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Udo Steiner zum Phantomtor : „Ist der Fall Hoffenheim unerträglich?“

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Wäre doch der Knoten schon während des Spiels im Hoffenheimer Netz gewesen Bild: dpa

Gibt es nach Kießlings Phantomtor eine Spielwiederholung? Udo Steiner, Vorsitzender des Bundesliga-Schiedsgerichts, bewertet den Fall Hoffenheim und spricht im F.A.Z.-Interview über die Fifa, technische Hilfe und das Wembley-Tor.

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          Udo Steiner war von 1995 bis 2007 Verfassungsrichter. Derzeit ist er Vorsitzender des Schiedsgerichtes der Fußball-Bundesligen. Dort könnte der Fall des Phantomtors von Hoffenheim nach Verhandlungen beim Schieds- und beim Bundesgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) landen. Im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung spricht er über die Tatsachenentscheidung, technische Hilfsmittel und Legendenbildung.

          Sehen Sie eine Möglichkeit, das Spiel wiederholen zu lassen?

          Es gibt ein Buch von Horst Hilpert, dem früheren Chefankläger des Deutschen Fußball-Bundes. In diesem Werk („Die Geschichte des Sportrechts“) hat er folgende Fußballregel entwickelt: „Von der Endgültigkeit der Tatsachenentscheidung kann ausnahmsweise abgewichen werden, wenn die Unrichtigkeit der Entscheidung des Schiedsrichters offenkundig, unerträglich und die Beibehaltung derselben folgenschwer wäre, wobei auch das Fairplay-Prinzip die Korrektur des Fehlers dringend gebietet.“

          Wann ist eine Fehlentscheidung unerträglich?

          Wenn man mit einem solchen Ergebnis sportlich nicht leben, wenn also die Sportgemeinschaft das nicht akzeptieren kann. Weiter lässt es sich nicht präzisieren. Hilperts Standpunkt ist ein Ansatzpunkt für eine Wiederholung. Allerdings achtet der Internationale Fußball-Verband darauf, dass wir keine Sonderwege gehen.

          Udo Steiner
          Udo Steiner : Bild: picture alliance / dpa

          Wie schätzen Sie den Fall ein?

          Ich bin Vorsitzender des Schiedsgerichtes der Fußball-Bundesligen. Der Fall könnte also nach der Behandlung durch das Sportgericht und das Bundesgericht des DFB letztinstanzlich beim Schiedsgericht landen. Ich will mich nicht der Befangenheit aussetzen. Man müsste sich fragen, ob ein Fall von Unerträglichkeit gegeben ist. In den Kontext gehört auch, dass Hoffenheim anschließend noch genügend Spielzeit hatte, die Fehlentscheidung sportlich zu korrigieren. Wenn es später gewesen wäre, könnte man das anders sehen. Aber dies ist nur ein Gesichtspunkt unter vielen. Die Bewertung ist schwierig, weil wir überhaupt keine Praxis haben. Es fehlt an Kriterien, wie man an solche Fälle herangeht.

          Bei den Fußballfans ist die Empörung groß. Spielt das Gerechtigkeitsempfinden der Zuschauer eine Rolle bei der juristischen Bewertung?

          Ich denke, dass die Empörung viel mehr darüber besteht, dass wir die technischen Möglichkeiten nicht nutzen, um solche Fehler zu korrigieren. Es gibt ja auch die Auffassung, dass man mit solchen Ungerechtigkeiten leben muss, weil sie für die Legenden unentbehrlich sind. Die sind wiederum unentbehrlich für das Fußball-Geschehen. Ich sage nicht, dass dies meine Auffassung ist. Aber denken sie an das Wembley-Tor von 1966. Darüber wird seit fast fünfzig Jahren diskutiert.

          Die Hoffenheimer werden ungern bei der Legendenbildung mitspielen.

          Ja, so eine Sicht ist gegenüber den Hoffenheimern sicherlich etwas herzlos.

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