Abstieg des SC Freiburg : „Das werden schlimme Wochen“
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Tschüss, Bundesliga: Der SC Freiburg muss ist nur noch zweitklassig Bild: dpa
Ein Eigentor besiegelt den Bundesliga-Abstieg des SC Freiburg. Trainer Streich sieht in der Schlusspointe „das Spiegelbild einer total grotesken Saison“. Denn verloren ging die Spielzeit nicht durch das 1:2 in Hannover.
Das Schlimmste, sagte Christian Streich, werde erst noch kommen. Die Enttäuschung, die Trauer – das alles würde erst nach und nach Besitz von einem ergreifen. „Das werden schlimme Wochen“, sagte der Freiburger Trainer noch. Dann aber ging es doch ganz schnell. Streich wurde emotional durchgeschüttelt, er schien den Tränen nahe, und alle, die um ihn herum standen im Presseraum der Hannoveraner Arena, wussten, dass der öffentliche Streich jetzt genug von diesem Tag hatte. Dass er Ruhe brauchte, einen Rückzugsraum.
Und im selben Augenblick war schon der Freiburger Pressesprecher zur Stelle und nahm ihn mit in den mehr oder weniger privaten Bereich, hinter verschlossene Türen jedenfalls: „Komm‘ wir gehen!“ Was für ein bitterer Abgang es für Streich war an diesem Samstag, das hatte er schon vorher zum Ausdruck gebracht. Das 1:2 in Hannover, sagte er in der Pressekonferenz, sei „das Spiegelbild einer total grotesken Saison, die ich so auch noch nicht erlebt habe“.
Und Streich hat viel erlebt mit diesem SC Freiburg, seit er den Posten als Cheftrainer im Dezember 2011 übernommen hat. Die Rettung in jener Spielzeit, den Höhenflug, der die Badener in die Europa League führte. Und dann doch vor allem Abstiegskampf, immer und andauernd Abstiegskampf. Wie es ja eigentlich gar nicht anders sein kann für einen Klub dieser Größe und mit diesen Rahmenbedingungen. Bislang aber war es ihm und seinen Spielern stets irgendwie gelungen, den richtigen Dreh zu finden. Diese Saison jedoch hat Streich schier ratlos gemacht, bis hin zum Spiel in Hannover, das den Abstieg nach zuletzt sechs Jahren Bundesliga besiegelte – passender- und tragischerweise mit einem Eigentor.
Als Pavel Krmas den Ball in der 84. Minute zum 2:0 für Hannover ins eigene Netz beförderte – Hiroshi Kiyotake hatte 96 schon nach zwei Minuten in Führung gebracht –, war bei den Ergebnissen auf den anderen Plätzen mehr oder weniger klar, dass es um Freiburg geschehen war. Lediglich ein Paderborner Tor gegen Stuttgart oder der eigene Ausgleich hätten nun noch etwas retten können, aber es reichte nur noch zum Anschlusstreffer durch den eingewechselten Angreifer Nils Petersen. Es war wieder eines jener Spiele, in denen den Freiburgern der „letzte Tick“ gefehlt hatte, wie Streich sagte. Den es gebraucht hätte, um das Hannoveraner Tor öfter und vor allem ernsthaft in Gefahr zu bringen.
Wirklich verloren gegangen ist die Saison nicht an diesem Tag – sondern schleichend, über Monate hinweg. So viele Widrigkeiten, wie der Sport-Club in dieser Saison erdulden musste, ist tatsächlich selten: die sechs Spiele, in denen die Freiburger den Ausgleich spät, nämlich erst nach der 86. Minute kassiert hatten; oder die drei verschossenen Elfmeter in Spielen, die dann alle 0:0 geendet hatten. Macht alles in allem 18 vertane Punkte, die ja gar nicht alle nach Freiburg hätten gehen müssen – einer davon hätte in der Endabrechnung schon genügt, um eine weitere Saison in der ersten Liga zu bleiben.
Doch dann geriet ausgerechnet der letzte Auftritt einer „an Intensität nicht zu überbietenden Saison“, wie Streich gesagt hatte, in Hannover lange Zeit etwas zu spannungsarm. Den Vorwurf werden sie sich mit etwas Abstand vielleicht machen, die Freiburger, auch wenn es über die ganze Saison sicher eher so war, dass ein Übermaß Pech die durchaus vorhandene Qualität aufzehrte.
Im Augenblick des Abstiegs sprach Streich mit Stolz, Pathos und auch ein bisschen Trotz über seinen Klub. „Der Verein ist ein großer Verein“, sagte er, „ein kleiner, aber großer Verein in seinem Wesen.“ Zugleich kündigte er an, dass er alles tun werde, um im nächsten Jahr zurückzukommen. Die Voraussetzungen dafür sind gegeben. Zwar ist davon auszugehen, dass einige Stammkräfte nicht zu halten sein werden: Bürki, Schmid, Sorg, Mehmedi, Petersen.
Wirtschaftlich aber ist der Klub so solide aufgestellt, dass er das eine oder andere Jahr in der zweiten Liga oben mitmischen könne, wie Präsident Fritz Keller sagt: „Wir haben etwas unter dem Kopfkissen.“ Natürlich wurde Streich gefragt, ob er weitermache. Natürlich? Er selbst fand diese Frage angesichts eines bestehenden Vertragsverhältnisses befremdlich, ja, beinahe unsittlich. Es sein „Wahnsinn, dass alle diese Frage stellen“, sagte er. „Da sieht man ein bisschen, in welcher Gesellschaft wir leben.“
Mit Streich also wird, nach einer Phase der Einkehr, wieder zu rechnen sein. Für seinen Hannoveraner Kollegen Michael Frontzeck steht das zwar noch nicht fest, nach einem Saisonfinale mit acht Punkten aus fünf Spielen unter seiner Anleitung erscheint aber kaum etwas anderen denkbar. Frontzeck war ein souveräner, ein sympathischer Sieger, der den Freiburgern über die gebotene Höflichkeit hinaus Trost spendete – auch wenn er um die Vergeblichkeit wusste: „Das hilft ihnen jetzt wenig.“