
Kommentar : Rangnick mit Rangnick
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Ralf Rangnick kann jetzt mit sich selbst verhandeln – Kompliment! Bild: dpa
Lange suchte Ralf Rangnick einen Coach für RB Leipzig. Nun hat er ihn gefunden: sich selbst. Für diese Aufgabe hätte Sportdirektor Rangnick einfach keinen Besseren auswählen können als den Trainer Rangnick. Kompliment.
Ralf Rangnick hat monatelang einen Fußballtrainer gesucht, der zu ihm und RB Leipzig passt. Jetzt hat er ihn endlich gefunden: sich selbst. Für diese anspruchsvolle Aufgabe hätte Sportdirektor Rangnick einfach keinen Besseren auswählen können als den Trainer Rangnick. Kompliment. Das passt sogar so gut, dass der Sportdirektor nicht mal die Handynummer herauskramen musste, um sich mit seinem neuen Trainer über die künftige Zusammenarbeit zu verständigen. Das konnten die beiden Rangnicks schon morgens vor dem Rasierspiegel klären.
Die morgendliche Verhandlung im Badezimmer kann man sich hübsch ausmalen. Fragt der Sportdirektor Rangnick den Trainer Rangnick: „Kannst du dir vorstellen, für einen Brauseklub zu arbeiten?“ Sagt der Trainer Rangnick: „Ja, schon. Aber der Sportdirektor muss die Klappe halten. Auf dem Platz bin ich der Chef.“ Da runzelt der Sportdirektor Rangnick die Stirn und sagt: „Nur wenn du gewinnst. Sonst schmeiße ich dich raus.“ Sagt Trainer Rangnick: „Abgemacht. Ich bin ohnehin so gut, dass ich keinen Sportdirektor brauche.“ Da lacht der Sportdirektor Rangnick: „Und ich bin sogar so gut, dass ich keinen Trainer brauche. Wir passen perfekt zusammen.“
Die neue Personalie beim aufstrebenden RB Leipzig ist natürlich kein Witz. Ralf Rangnick soll den Klub nun tatsächlich in Doppelfunktion in die Bundesliga führen. Tatsache ist aber auch, dass der globale Trainermarkt für diese Aufgabe im fußballerischen Niemandsland (außer Leipzig existiert im Osten nur noch Union Berlin unter den 36 besten deutschen Profiklubs) tatsächlich als verdammt eng angesehen wurde. Es gebe nur wenige Trainer, die zu diesem Verein passten, hatte Rangnick schon ganz früh während seiner Suche verlauten lassen. Und das hängt wiederum mit der Klub- und Spielidee von RB Leipzig zusammen, aber eben auch mit dem einflussreichen und einflusswilligen Sportdirektor.
Thomas Tuchel galt in Leipzig als erste Wahl. Weshalb der heißeste deutsche Trainerkandidat des Jahres dort aber recht schnell absagte, lässt sich nicht so genau rekonstruieren: Wegen der besseren Perspektiven anderer Klubs, die er dann in Dortmund auch tatsächlich fand? Oder aus Sorge, sich gegen einen gefühlten Trainer im Sportdirektorenamt behaupten zu müssen, auf den im Erfolgsfall der Ruhm übergeht und der bei Misserfolg die Reißlinie zieht?
Die Konkurrenz für RB Leipzig ist groß
Diese offenen Fragen kann Rangnick nun ganz in Ruhe mit Rangnick klären. Der Trainer und der Sportdirektor spüren jedenfalls beide den Drang in sich, der Bundesliga noch einmal etwas beweisen zu wollen. Dass sie sich nun so schnell einig geworden sind, ist auch ein Zeichen, dass in Leipzig die Zeit drängt. Nachdem der reiche Aufsteiger den Durchmarsch von Liga drei in die Bundesliga nicht selbst, sondern nur als Zuschauer der bettelarmen Darmstädter erlebt hat, soll es nun wenigstens in der kommenden Saison klappen.
Die Konkurrenz indes ist groß. Größer als in dieser Saison mit gestandenen Absteigern wie den zweitligaerprobten Freiburgern und den Kämpfern aus Paderborn. Und wenn sich zu den Traditionsklubs 1. FC Kaiserslautern, Eintracht Braunschweig, Fortuna Düsseldorf nun auch noch der ruhmreiche Hamburger SV gesellen sollte, ist der Aufstieg in die erste Klasse alles andere als ein einfaches Spiel. Über diese Herausforderung haben die beiden Rangnicks bestimmt auch schon miteinander gesprochen. Aber vielleicht geben sich zwei, die sich so gut verstehen, sogar ein wenig mehr Zeit.