Patrick Herrmann : „Flaco“, das neue Juwel
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Patrick Herrmann: „Zwei Tore gegen den Nationaltorwart, damit hätte ich nicht gerechnet“ Bild: dapd
Patrick Herrmann schießt mit zwei Toren die Gladbacher zum Sieg gegen Bayern. Doch „der Schmächtige“ steht noch am Anfang. Trotz vieler Ähnlichkeiten ist er nicht mit Marco Reus zu vergleichen.
Als Patrick Herrmann Arm in Arm mit seinem Kompagnon Marco Reus durch den Spielertunnel schwebte, wirkten sie wie die phantastischen Zwei. Und nicht wenige Mönchengladbacher Borussen werden bei diesem Anblick gedacht haben: Wie gut, dass wenigstens Herrmann dem Verein erhalten bleibt. Beim 3:1 über Bayern München spielte der zwanzig Jahre alte Mittelfeldspieler seine Hauptrolle als zweimaliger Torschütze sogar noch einen Tick auffälliger als der ebenfalls glänzende Reus, der einmal traf und eine Vorlage lieferte. „Wir haben unsere Chancen eiskalt genutzt, das fühlt sich gut an“, sagte Herrmann. „Zwei Tore gegen den Nationaltorwart, damit hätte ich nicht gerechnet.“
Also konnte die Frage nicht fehlen, ob Herrmann vom kongenialen Partner zum Nachfolger des scheidenden Jungstars Reus aufsteigen könne. Die Ähnlichkeiten zwischen beiden mögen rein zufällig sein, aber sie sind auch nicht zu übersehen. Herrmann ist schmal, flink, technisch stark und zeigt allmählich auch im Abschluss Qualität.
Alles wie bei Reus
Und er spielt auf dem Flügel. So hat es auch bei Reus angefangen, der inzwischen in die Spitze vorgerückt und dort zum Torjäger avanciert ist. Auch Herrmann hat sich zuletzt als Vollstrecker hervorgetan. Vor seiner Bayern-Gala hatte er das letzte Hinrundenspiel mit dem einzigen Treffer des Abends gegen Mainz entschieden.
Den Verantwortlichen ist der Vergleich allerdings gar nicht recht. Kaum hat sich die Aufregung um den bevorstehenden Wechsel von Reus nach Dortmund ein wenig gelegt, haben sie schon wieder ein Thema auf dem Tisch, das ihnen nicht behagt; bei dem sie am liebsten abwinken, nach dem Motto: Lasst uns doch damit in Ruhe. „Patrick Herrmann ist schnell, vor dem Tor sehr gut und hat Qualität gezeigt. Wir werden noch viel Freude an ihm haben“, sagt der Gladbacher Cheftrainer Lucien Favre. „Aber der Vergleich mit Marco Reus scheint mir übertrieben.“
Diese Vorsicht ist typisch, für Favre wie für Gladbach - und nicht unbegründet. So sehr Herrmann die Massen begeistert - er steht noch am Anfang; er ist noch auf dem Weg zu einer festen Größe, wenn auch auf einem guten. Seit drei Monaten erst gehört er zum Stamm der Mannschaft, die in der Bundesliga alle überrascht.
Sein Talent beginnt sich mit Tugenden wie Konstanz und Stabilität zu mischen, sein Wohlbefinden am Arbeitsplatz steigt stetig, nicht nur mit jedem Tor (fünf hat er in dieser Saison erzielt), sondern mit jedem Einsatz. „Ich fühle mich sehr wohl und komme von Spiel zu Spiel besser in die Mannschaft“, sagt Herrmann. Das war in der Partie gegen die Bayern nicht zu übersehen. Auf dem Rasen wurde er zu einem gewichtigen Faktor, auch wenn seine Mitspieler ihn „Flaco“ nennen. Mancher Arbeitskollege weiß gar nicht, warum Herrmann diesen Spitznamen trägt. Herrmann verweist auf die Südamerikaner in der Mannschaft. Einer erbarmt sich und klärt auf, auch wenn er seinen Stammplatz an Herrmann verloren hat. „Schaut ihn euch an. Er sieht so schmächtig aus, deshalb heißt er Flaco“, sagt Igor de Camargo, ein Brasilianer mit belgischem Pass.
Sportlich jedoch ist „der Schmächtige“ gar nicht schwach auf der Brust. Gegen Bayern München gelang ihm schon der zweite Doppelpack seiner noch jungen Karriere. Zum ersten Mal hatte er in der vergangenen Saison zwei Tore in neunzig Minuten erzielt - beim sagenhaften 6:3 in Leverkusen. Schon da ließ der junge Mann aufhorchen, der mit 17 Jahren aus Saarbrücken ins Gladbacher Nachwuchszentrum gewechselt war.
Jenem rheinischen Derby in der BayArena folgten allerdings Rückschläge. Sie trafen Reus selbst und die gesamte Mannschaft, die fast abgestiegen wäre, von Favre aber gerade noch rechtzeitig aufgefangen wurde. Eingetaucht ins pralle Fußball-Leben, weckt der U-21-Nationalspieler Herrmann nicht nur bei den Gladbacher Fans Erwartungen. „Patrick ist noch nicht am Ende seiner Entwicklung“, sagt Borussen-Stürmer Mike Hanke. „Er will immer dazulernen.“