Optimistischer Mahner Achim Beierlorzer fordert bei seinen Spielern Werte ein. Bild: AP
Achim Beierlorzer, der Trainer des FSV Mainz 05, über Eskapaden im Profifußball, den Einfluss der Mathematik, das Bonusspiel gegen die Bayern und sein Lebensmotto.
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Herr Beierlorzer, sagt Ihnen der Name Sheldon Edwards etwas?
Ja, irgendwie schon. Aber nicht im Detail, ich könnte jetzt nicht sagen, was ihn auszeichnet.
Er kann offenbar gut Haare schneiden. Edwards mit den Scherenhänden…
Ach ja, richtig. Der war im Winter auch in Marbella.
Richtig. Dort hat er, eigens eingeflogen, einige ihrer Spieler, aber auch Spieler der ebenfalls in Marbella trainierenden Akteure von Borussia Dortmund im Trainingslager gestylt. In der vergangenen Woche sorgte er nun für die „Friseur-Affäre“ bei RB Leipzig, weil die halbe Mannschaft vor dem anschließend verlorenen Spiels bei Eintracht Frankfurt offenbar mehr Sorge um die Haarpracht als die Spielvorbereitung hatte.
Das ist dem Generationswechsel geschuldet. Die Jungs verstehen gar nicht, was daran so schlimm sein soll. Für sie ist das gar keine Frage von richtiger Fokussierung oder Ablenkung. Und sie sehen nicht den Zusammenhang, wenn am Ende die Leistung nicht passt wie nun letztlich im Fall einer Niederlage von RB Leipzig. Ich muss die Spieler aber auch in Schutz nehmen. Yussuf Poulsen, der offenbar auch frisiert wurde, kenne ich aus meiner Leipziger Zeit als absolut bodenständigen, professionellen Jungen. Zu ihm passt das eigentlich gar nicht. Aber auch er wird lernen, dass er künftig vielleicht besser am freien Tag zum Friseur geht.
Sprechen Sie Ihre Spieler gezielt auf so etwas an?
Wir müssen das jetzt sicher nicht dramatisieren, weil Edwards' Besuch bei unserer Mannschaft nicht in der direkten Spielvorbereitung war. Aber natürlich sprechen wir permanent darüber, dass wir uns als Profis fokussieren müssen auf die Aufgabe, die gerade ansteht. Und da ist eine solche Aktion sicher nicht hilfreich. Sie müssen sich das ja mal im Detail vorstellen: Irgendjemand aus dem Team muss den Friseur anrufen, das Ganze organisieren, die Kollegen zusammentrommeln. Da beschäftigt man sich mit Dingen, die nicht die Kernaufgabe sind am Tag vor dem Spiel. Bei uns geht es ja derzeit auch um Kleinigkeiten: Wir sind beispielsweise nicht völlig unterlegen und mitnichten zu schlecht für die Liga. Dennoch haben wir dreimal nicht gepunktet. Also fehlt irgendwas. Ob das jetzt eine Fokussierung bei Standards ist, die wir bei zwei Gegentreffern in Mönchengladbach haben vermissen lassen, oder Konzentration im Abschluss oder der absolute Wille, sich mit aller Kraft gegen etwas zu stemmen.
Haben Sie sich als Späteinsteiger in den Profifußball auf dem Weg über Amateur- und Nachwuchsfußball an solche Eskapaden gewöhnt?
Ich gewöhne mich daran nicht. Ich muss aber akzeptieren, dass Spielern im Zug eines Generationenwechsels andere Dinge wichtig sind als beispielsweise mir. Handy, Internet, soziale Medien. Trotz allem müssen wir gewisse Werte erhalten. Anders lässt sich ein Beruf nicht ausüben, auch der Profisport nicht.
Früher war es üblich, dass Spieler bei Mainz 05 zu „Arens“ gingen, dem Friseurladen des ehemaligen Vizepräsidenten oder aber zur Ehefrau des ehemaligen Spielers Christian Hock, die Haare schneiden konnte. Wünschen Sie sich solche Bodenständigkeit zurück?
Man findet meines Erachtens überall Friseure, die gut genug sind für das, was man braucht. Ich kann nicht nachvollziehen, wie man sich jemanden einfliegen lassen muss.
Wo lassen Sie Ihre Haare schneiden?
Ich habe einen Friseur aus meiner Heimat.
Lassen Sie ihn auch immer nach Mainz kommen?